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Karlebachs Vermaechtnis

Karlebachs Vermaechtnis

Titel: Karlebachs Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe von Seltmann
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flüsterte ich und rannte mit ihm zum Telefon.
    »So, jetzt klappt’s, Herr Pietsch«, sagte mein Bruder. »Ich hatte mich im Kabel verwickelt.«
    »Ist dein Bruder zu Hause?«
    »Wir haben doch heute gar keinen Posaunenchor.«
    »Darum geht’s nicht. Ich muss ihn unbedingt sprechen.«
    »Ich glaube, der ist nicht da. Soll ich ihm was ausrichten?«
    »Wo steckt er denn?«
    »In Gefahr! Haben Sie denn die Lokalpost nicht gelesen?« Pietsch schwieg eine Weile. »Wenn er sich meldet, ich muss ihn unbedingt sprechen. Unbedingt! Ist das klar?« Um zehn Uhr war ich auf dem Polizeipräsidium einbestellt. »Haben Sie uns nichts mitzuteilen?«, fragte mich der Beamte. Er hielt die Lokalpost in der Hand. »Nein, »antwortete ich, »was soll ich Ihnen mitteilen?«
    »Wer sind die angeblichen Strohmänner, von denen Sie angeblich verfolgt werden? Wer sind die Drahtzieher im Hintergrund?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Was ist das für eine brisante Geschichte, an der sie recherchieren?«
    »Bin ich hier beim Verhör, oder was?«
    »Nein«, sagte er. Sein Ton wurde freundlicher. »Unsere ersten Untersuchungen haben ergeben, dass Ihr Wagen nicht von allein losgerollt sein kann. Der Hebel der Automatik stand auf Position N, also im Leerlauf. Außerdem wurde das Schloss der Beifahrertür aufgebrochen.« Meine bis dahin den Umständen gegenüber erstaunlich gute Stimmung war augenblicklich verflogen. »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Doch, doch«, murmelte ich. »Also kein übler Silvesterscherz?«
    Der Beamte zögerte. »Es könnte einiges darauf hindeuten, dass es eine geplante Tat war. Wir wissen aber noch nicht, ob Ihr PKW für die Straftat zufällig oder gezielt ausgewählt wurde. Vergleichbare Straftaten hat es in der Silvesternacht nicht gegeben. Und auch nicht in den vergangenen Monaten. Wir bitten Sie also dringend, mit uns zusammenzuarbeiten.«
    Ich schluckte. Ich schien also wirklich in Gefahr zu sein. »Wer wusste, dass Sie zu dieser Party wollten?«
    »Nur Frau Zorbas und ich.«
    »Sonst niemand?« Ich überlegte. »Nein.«
    »Dann werden wir uns mal um diese Frau Zorbas kümmern.« Er reichte mir die Hand. »Sie hören von uns. Und sagen Sie bitte Bescheid, wenn Sie ins Ausland abreisen.« Um zwölf sollten Helmut und ich wegen der Geschichte vom Judenhaus bei Stumpf vorstellig werden. »Dicke Luft«, begrüßte mich Helmut. »Stumpf rennt schon den ganzen Morgen wie ein angestochener Stier durch die Gänge und macht den ganzen Laden verrückt.« Ich berichtete ihm von meinem Besuch bei der Polizei und von Pietschs Anruf.
    »Die feinen Herren scheinen nervös zu werden«, murmelte er durch seine Pfeife. »Mädchen, was ist denn mit dir los?« Ulrike lief heulend über den Gang. Helmut reichte mir seine Pfeife und nahm die Praktikantin in den Arm. »Stumpf hat mich eben zusammengebrüllt«, schluchzte sie. »Er will mich nie mehr sehen. Ich soll gehen!«
    »Das war doch eine echt geile Story von dir«, lobte ich sie. »Stumpf ist anderer Meinung.« Sie heulte wieder los. »Ich habe solange auf das Praktikum gewartet … Ich will nicht gefeuert werden!«
    »Wir regeln das schon«, sagte Helmut väterlich. »Geh nach Hause und komm morgen wieder.«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Der Stumpf ist im Grunde ein guter Mensch. Nur manchmal, wenn Vieles zusammenkommt, flippt er aus. Das kennen wir.« Helmut nickte bestätigend. Die Praktikantin schwirrte ab. Ich gab Helmut die Pfeife zurück.
    »Vorsicht, meine Herren«, empfing uns Stumpfs Sekretärin, »dicke Luft heute. Der Chef erwartet euch schon. Ihr könnt gleich rein.«
    Wir klopften an und betraten Stumpfs Büro.
    »Da bin ich einmal eine Woche nicht da«, brüllte er ohne Begrüßung, »und ihr macht, was ihr wollt!«
    Wir schauten betreten zu Boden.
    »Was habt ihr euch dabei gedacht?« Er knallte die Silvesterausgabe vor uns hin und deutete auf das Foto von der Misswahl. »Pietsch war schon am Silvestermorgen persönlich bei mir und hat sich beschwert! Er hat mir die Hölle heiß gemacht! Will den Presserat einschalten!«
    »Herr Stumpf …«, begann ich.
    »Sie sind ganz ruhig«, fuhr er mir über den Mund. »Und du auch!«, tobte er in Helmuts Richtung. Stumpf warf sich in seinen Chefsessel und fixierte uns feindselig. Sein Kopf war hochrot. Dann sprang er wieder auf. »Und dann diese Anschlagsgeschichte! Was habt ihr euch dabei gedacht? Gar nichts, wie ich euch kenne! So was gehört in die Krawallpresse! Aber nicht in unsere Zeitung! Wir sind ein seriöses Blatt!«

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