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Karlebachs Vermaechtnis

Karlebachs Vermaechtnis

Titel: Karlebachs Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe von Seltmann
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»Jeder, der Geld hat, baut sich in unserem Dorf sein Haus. Frick, Pietsch, Stumpf, Oberkirchenrat Knecht … Du bist das erste Mal hier?«
    »Ja wirklich.« Sie zündete sich wieder eine Zigarette an. »Du qualmst heute wie ein ägyptischer Kameltreiber.« Sie hakte sich unter und meinte, dass sie irgendwie nicht so gut drauf sei.
    Die Bank im Italienischen Eck lag in der Nachmittagssonne. Die warmen Strahlen ließen den Schnee rasch schmelzen. Im Wipfel der kahlen Eiche saß der schwarze Vogel, der mir seit Opa Bernhards Tod zu einem vertrauten Freund geworden war. Er hielt seinen Kopf schief und schaute spöttisch auf uns herab. Mit Opa Bernhard und Onkel Alfred hatte ich mich hier einmal unterhalten, ob Menschen und Tiere miteinander reden und sich verstehen können. Opa Bernhard meinte, Tiere verstünden nur die Sprache der Kinder. Als Erwachsene hätten die Menschen die Fähigkeit verloren, mit Tieren zu sprechen, weil sie zu vernünftig geworden seien. Onkel Alfred war anderer Meinung. Er ahmte eine Vogelstimme nach, und wenig später landete ein Spatz auf seiner Schulter. Die beiden redeten in der Spatzensprache miteinander, aber Onkel Alfred wollte uns nicht verraten, worüber sie geplaudert hatten. Der Spatz habe ihn gebeten, das Gespräch vertraulich zu behandeln, erklärte er. Ich glaubte Onkel Alfred.
    Simona rauchte fast ununterbrochen und schaute ständig auf die Uhr. Sie begann mir auf die Nerven zu gehen. »Erwartest du noch jemanden?«
    »Ich? Nein, wieso?«
    Ich hörte eine Autotür klappen. Wenig später stieg Flurschütz Röther aus dem Gebüsch. »Heil miteinander«, grüßte er.
    »Lass uns in Frieden«, brummte ich. »Sieh an, wen haben wir denn liier?« Er rückte so dicht an mich heran, dass mir von seiner Schnapsfahne übel wurde. »Hau ab, du stinkst!«
    »Sagt man so etwas zu einem Flurschütz? Sagt man zu einer Respektsperson: Hau ab, du stinkst? Was soll die Dame von mir denken?« Er schob mich zur Seite und wollte sich auf Simonas Schoß setzen. Simona schnellte angeekelt hoch. »Lass die Frau in Ruhe, Röther!«
    »Du willst mir befehlen? Du?« Er baute sich drohend vor mir auf und nahm das Gewehr von seiner Schulter. Dann schaute er sich um und trat Axel, der friedlich in der Sonne döste, in die Seite. »Lass den Hund in Frieden!« Axel jaulte auf und sprang knurrend davon. »Sieh an. Ein streunender Köter!« Simona hielt sich ihre Hände vors Gesicht. »Ein streunender Köter, der sich in meinem Revier herumtreibt. Das haben wir doch gar nicht gerne, oder?« Röther beugte sich wieder zu mir. »Ein streunender Köter, der die armen Rehlein aufscheucht? Der die friedlichen Tierlein des Waldes belästigt? Der in meinem Revier wildert? Das haben wir doch gar nicht gerne, oder?« Dann legte er sein Gewehr an und zielte auf Axel. »Axel lauf«, brüllte ich. Röther verfehlte sein Ziel und lud nach.
     
    16
     
    »Ah geh, bist deppert?« Der amerikanische Wiener riss mich aus meinen Gedanken. Da erschien Schlomo Karlebach. Obwohl ich ihm noch nie begegnet war, sagte mir eine innere Stimme, dass es niemand anders als Schlomo Karlebach war.
    Lea, die Kellnerin, begrüßte ihn mit einem fröhlichen Schalom und geleitete ihn an einen Tisch. Sie scherzten ein wenig, Karlebach winkte ein paar Leuten zu, küsste einer Dame die Hand und setzte sich. Lea wischte den Tisch sauber und räumte das Reserviert-Schildchen weg, Karlebach faltete umständlich eine deutsche Wochenzeitung auseinander und begann zu lesen.
    Ich konnte ihn von meinem Platz aus gut beobachten. Kein Zweifel, er musste es sein. Als ich an meinem ersten Tag in Jerusalem an der Jaffa-Street meinen Stadtplan ausbreitete und nach dem Weg suchte, hatte mich ein älterer Herr auf Deutsch angesprochen und mir seine Hilfe angeboten. Wir kamen ins Plaudern und ich fragte ihn, ob er vielleicht einen gewissen Schlomo Karlebach kenne. Der alte Herr bejahte. Karlebach sei ihm bekannt. Wo er denn wohne, fragte ich.
    Der alte Herr antwortete, dass er es nicht wisse, aber ich solle doch im Telefonbuch nachschlagen. »Aber Sie können ja kein hebräisch«, sagte er abwinkend. »Doch«, antwortete ich, »ich habe schon nachgeschaut. Aber er steht nicht drin.«
    Dann könne er mir leider auch nicht weiterhelfen, bedauerte der alte Herr. Im Viertel der alten Jeckes wohne Karlebach jedenfalls nicht.
    Wir unterhielten uns noch eine Weile über deutsch-israelische Beziehungen, dann hielt sein Bus. Ich vertiefte mich wieder in meinen

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