Karlo geht von Bord - Kriminalroman
noch völlig verständnislos. „Allerdings würde ich doch zu gerne wissen, was hier gespielt wird.“
Jeannette ging nicht darauf ein. Mehr zu sich selbst murmelte sie: „Ich kann nur hoffen, dass nicht ausgerechnet der Gehring … oh nein!“
Sie hob den Kopf, als sich im Salon Unruhe ausbreitete. Drei Männer betraten den Raum. Augenblicklich erkannte sie Hauptkommissar Georg Gehring. Auch Gehrings Kollege Kommissar Harald Reichard war kein Unbekannter für Karlos Freundin. An und für sich hatte sie nichts gegen die beiden Polizisten, vor allem nicht gegen den netten Gehring. Doch Gehring kannte Karlo durch einige komplizierte gemeinsame Erlebnisse aus der Vergangenheit und dadurch kannte er natürlich auch sie. Vor Gehring würde sie die Anwesenheit Karlos deshalb nicht verschweigen können, auch wenn sie bezüglich der Vorkommnisse an diesem Abend ebenfalls im Dunkeln tappte.
Die Männer hatten das Buffet erreicht und blieben davor stehen. Marius Brand, der Schiffsführer, hatte hinter den beiden Kripobeamten den Salon betreten. Er ging um die Polizisten herum und stellte sich einen großen Schritt vor sie. Dann hob er die Hände.
„Sehr verehrte Gäste, ich bitte Sie um einen Moment Ruhe. Bitte schenken Sie uns kurz Ihr Gehör.“ Das aufgeregte Gemurmel im Publikum ebbte nur zögerlich ab. Erst im zweiten Anlauf gelang es Brand, sich die volle Aufmerksamkeit der Anwesenden zu verschaffen.
„Verehrte Gäste, es tut mir sehr leid. Bedauerlicherweise hat es einen Zwischenfall an Bord gegeben. Deshalb ist die Polizei hier.“ Das Gemurmel schwoll wieder an. „Bitte, meine Damen und Herren. Beruhigen Sie sich. Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen, die Lage ist unter Kontrolle.“
Er drehte sich um und wies mit der ausgestreckten Hand auf Gehring. „Das ist Hauptkommissar Gehring von der Frankfurter Kriminalpolizei. Er wird Ihnen alles erklären.“
Der Hauptkommissar machte keine großen Umschweife und wandte sich mit fester Stimme an die Gäste.
„Meine Damen, meine Herren, bitte hören Sie mir für einen Augenblick aufmerksam zu. Ich entschuldige mich schon jetzt für die Ungelegenheiten, die wir Ihnen bereiten müssen. Sie wollten einen schönen Abend verbringen und ich verstehe, wenn Sie verärgert sind. Es hat aber an Bord einen Toten gegeben und meine Aufgabe ist es, herauszufinden was passiert ist. Wir werden Sie jetzt nach und nach befragen und Ihre Personalien aufnehmen. Die Vorstellung ist damit leider für heute Abend beendet.“
Das Gemurmel schwoll wieder an. Einzelne Stimmen wurden laut. „Das ist eine Unverschämtheit. Wir haben bezahlt. Wer gibt uns jetzt unser Geld wieder?“
„Ja, genau“, tönte es aus einer anderen Ecke. „Wir wollen unser Geld wieder!“
Der Geräuschpegel stieg erheblich. Gehring versuchte, die Wogen zu glätten.
„Meine Damen und Herren, es wird bestimmt eine Lösung dafür geben. Zuerst müssen wir uns aber einen Überblick verschaffen. Und bitte bedenken Sie: Je reibungsloser Sie mit uns zusammenarbeiten, desto schneller sind Sie zu Hause. Wir bitten Sie, genau nachzudenken, ob Ihnen etwas aufgefallen ist. Auch Kleinigkeiten können wichtig sein. Und jetzt möchte ich Sie bitten, genau die Plätze wieder einzunehmen, die Sie den ganzen Abend über hatten. Und noch einmal: Bitte unterstützen Sie meine Leute und mich nach Kräften.“
Gehring stand vor dem Buffet und beobachtete, wie die Passagiere zum Teil murrend ihre Plätze aufsuchten. Da sah er die blonde Frau, die ihn erschrocken musterte. Er runzelte ungläubig die Stirn. Das war doch Jeannette Müller, Karlo Kölners Freundin. Diese Erkenntnis befiel ihn wie ein leichtes Fieber. Fahrigen Blickes suchte er den Raum ab. Doch Kölner war nicht zu sehen. Ach was, dachte er dann, der Zufall wäre einfach zu groß. Doch eine gewisse Unsicherheit blieb.
Gehring gab sich einen Ruck. Er würde das sofort klären. Eilig steuerte er auf Jeannette zu, als fürchte er, sie könne sich in Luft auflösen.
„Frau Müller“, stieß er ein wenig atemlos aus, als er sie erreicht hatte. „Sie hier? Na, so ein Zufall. Da hat Ihnen wohl jemand einen schönen Abend verdorben.“
Bevor er fortfuhr, kratzte er sich verlegen am Kopf, ganz so als schäme er sich für die Frage, die er nun stellte: „Herr Kölner?“ Er schaute sich suchend um. „Ist er nicht auch hier? Sie werden doch nicht alleine …“
Jeannette hatte fieberhaft überlegt und ihre Meinung kurzerhand geändert. Sie wollte
Weitere Kostenlose Bücher