Karlo geht von Bord - Kriminalroman
bin’s, Gerri. Äh, ja, wie geht’s denn so? Hör mal, hier hab ich jemanden, der mit dir sprechen will.“
Gerri reichte das Telefon an Karlo. Der wirkte völlig konsterniert. Damit hatte er nicht gerechnet.
„Karl, Mensch, wo steckst du denn? Was ist passiert? Wie geht’s dir?“
Karlo wurde abrupt unterbrochen.
„Hast du denn nicht meine Nachricht abgehört?“, kam die scharfe Antwort. „Aber ich bin ja selbst schuld“, fuhr der Polizist dann grollend fort. „Hätte es mir ja denken können, dass die Sache nur schiefgehen kann. So eine Schnapsidee. Aber eins weiß ich: Der Kerl, der mir die Beule verpasst hat, muss sich warm anziehen.“
Karlo hatte während Einsers Rede die Luft angehalten. Einser schien stinksauer zu sein. Auf dem letzten Satz allerdings, dachte Karlo, ließ sich aufbauen.
„Das glaube ich auch, Karl. Ich bin dabei. Aber – warum bist du nicht im Krankenhaus? Der Notarztwagen – ich meine …“
„Ich lasse mich doch nicht wegen einer Beule von ein paar Kurpfuschern auf Eis legen, während der Misthund da draußen weiter sein Unwesen treiben kann. Wo steckst
du
denn eigentlich? Vielleicht sollten wir uns endlich Bericht erstatten?“
„Aber nicht am Telefon, Karl. Ich bin bei Gerri, in Rumpenheim. Ich dachte, ich sollte vielleicht momentan besser nicht nach Hause gehen.“
„Du und nach Hause“, gluckste Einser, „na, du bist gut. Bis gleich. Ich bin schon fast auf dem Weg.“
Nach Hause. Karlo wusste genau, worauf Karl anspielte. Ein richtiges Zuhause hatte er ja immer noch nicht. Jeannette fiel ihm ein. Mit der musste er auch unbedingt reden. Sie machte sich bestimmt Sorgen und genau das würde zu schlechter Laune führen. Und diese schlechte Laune würde sich dann wieder einmal gewitterartig über ihm entladen.
Gerri riss Karlo aus seinen trüben Gedanken.
„Irgendwie gehen mir diese Zahlen nicht mehr aus dem Kopf. Was kann das nur bedeuten? Eine Telefonnummer ist es auf jeden Fall nicht. Das hab ich probiert.“
„Also, ich hab wirklich keine Ahnung. Vielleicht hat Karl eine Idee.“
–
„Was gibt es denn da zu grinsen, ihr Blödmänner?“
Karl Einser war ziemlich ungehalten. Ein riesiger Turban krönte den ausdrucksvollen Schädel. Sein kleiner Pferdeschwanz lugte wie ein Schweineschwänzchen unter dem Verbandsmaterial hervor. Einsers Vollbart zitterte vor Wut ob der Heiterkeit seiner Freunde, doch das eindrucksvolle, zuweilen grimmige Äußere, das ihm sonst eine gewisse Autorität verlieh und seiner Person nicht so wohlgesonnenen Zeitgenossen signalisierte:
„Bis hierher und nicht weiter“
, hatte durch den ärztlich verordneten Kopfschmuck einiges an seiner bedrohlichen Wirkung eingebüßt.
Karlo versuchte abzuwiegeln.
„Schon gut, Karl. Ist nicht böse gemeint. Aber dein Turban da – einsame Spitze. Sag mal: Warst du etwa im Stadtkrankenhaus?“
„Lass das bloß nicht meine Mutter hören“, gab Gerri grinsend zu bedenken. Kristin Kuhl war Krankenschwester und arbeitete in diesem Hospital.
„Ist doch jetzt egal, lass hören, was passiert ist“, forderte Karlo nun ungeduldig. Karl Einser beugte sich nach vorne und begann zu berichten.
„Ihr habt recht. Es geht hier weder um meinen Turban noch um meine Beule. Es geht natürlich mehr um das, was sonst noch passiert ist. Also: Ich war oben auf dem Freideck und wartete auf meinen Einsatz. Zufällig habe ich nach unten geschaut und da habe ich jemand Richtung Achterdeck laufen sehen.
Ich konnte die Person aber nur von hinten sehen. Und es war auch schon fast dunkel. Aber, na ja, wer immer das auch war, er war nicht allein. Ich hatte den Eindruck, als würde er verfolgt. Jemand lief verstohlen hinter ihm her. Eigentlich habe ich nur immer wieder einen kleinen Schatten oder einen unterbrochenen Lichtreflex gesehen. Und das kam mir verdächtig vor. Ich bin leise die Treppe runter und währenddessen schien es ein kurzes Gerangel zu geben. Als ich dann auf dem unteren Deck ankam, habe ich gesehen, dass die eine Person am Boden lag und die andere versucht hat, sie wegzuziehen.“
Gerri und Karlo hatten atemlos gelauscht. Karlo schaute Einser hoffnungsvoll an.
„Hast du gesehen, wer die zweite Person war? Könntest du sie identifizieren?“, drängte er angespannt.
„Na ja, es war recht dunkel, ich konnte nicht viel sehen. Zuerst bin ich fast erschrocken. Aber dann dachte ich, dass das ja nicht sein kann.“
Karlo war ungeduldig.
„Was meinst du? Na mach hin, sag schon!“
Einser druckste
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