Karlsson fliegt wieder
eingeschlossen und konnte nicht hinauskommen. Es war ein scheußliches Gefühl. Er sprühte vor Zorn. Aber gleichzeitig hatte er ein bisschen schlechtes Gewissen, denn er hatte sich auch nicht gerade fein betragen. Mama hätte bestimmt gesagt, er habe den Hausbock gereizt und sei frech gewesen.
Mama, ja — er überlegte, ob er nicht doch ein bisschen weinen sollte.
Aber da hörte er ein Brummen und zum Fenster herein kam Karlsson.
Karlsson lädt zum Weckenschmaus ein
W ie wäre es denn mit einer kleinen Zwischenmahlzeit?«, fragte Karlsson. »Kakao und Wecken auf meinem Treppenvorplatz — ich lade ein!«
Lillebror sah ihn nur an. Oh, keiner war so wunderbar wie Karlsson! Lillebror hätte ihn am liebsten umarmt. Das versuchte er auch, aber Karlsson schubste ihn weg.
»Ruhig, ganz ruhig! Du bist jetzt nicht bei deiner Großmutter. Na, kommst du mit?«
»Und ob«, sagte Lillebror. »Aber eigentlich bin ich ja eingeschlossen. Eigentlich sitze ich sozusagen im Gefängnis.«
»Denkt der Hausbock, ja«, sagte Karlsson. »Und das kann sie ruhig noch ein Weilchen denken.«
Seine Augen begannen zu funkeln und er machte ein paar kleine, zufriedene Hüpfer vor Lillebror.
»Weißt du was? Wir spielen, dass du in einem Gefängnisloch sitzt, und es geht dir ganz furchtbar mit einem ekelhaften Hausbock als Gefangenenwärter und dann kommt ein riesig mutiger und starker und schöner und gerade richtig dicker Held und rettet dich.«
»Welcher Held denn?«, fragte Lillebror. Karlsson guckte ihn vorwurfsvoll an.
»Rat doch mal, wenn du kannst!«
»Ach so, du«, sagte Lillebror. »Aber dann könntest du mich jetzt gleich retten, finde ich.«
Dagegen hatte Karlsson nichts einzuwenden.
»Der Held, der ist ja so forsch«, versicherte Karlsson. »Schnell wie ein Habicht, ja wahrhaftig, und mutig und stark und schön und gerade richtig dick und er kommt angewetzt und rettet dich und ist der mutigste Mann der Welt. Hoho, hier kommt er!«
Karlsson packte Lillebror und stieg schnell und mutig in die Lüfte. Bimbo bellte, als er Lillebror zum Fenster hinaus entschwinden sah, aber Lillebror schrie: »Ruhig, ganz ruhig! Ich komme bald zurück.«
Oben auf Karlssons Treppenvorplatz lagen zehn Wecken in einer Reihe nebeneinander und sahen sehr lecker aus.
»Alle ehrlich bezahlt, jeder Einzelne«, sagte Karlsson. »Wir teilen gerecht. Du kriegst sieben und ich krieg sieben.«
»Das geht doch gar nicht«, sagte Lillebror. »Sieben und sieben sind vierzehn und hier sind doch nur zehn Wecken.«
Karlsson raffte eilig sieben Wecken zu einem kleinen Haufen zusammen.
»Das sind auf jeden Fall meine«, sagte er und legte eine kleine dicke Hand über den Weckenhaufen. »Ihr rechnet heutzutage in den Schulen so blödsinnig. Aber darunter brauche ich doch nicht zu leiden. Wir nehmen jeder sieben, habe ich gesagt, und das hier sind meine.«
Lillebror nickte. »Ich kann sowieso nicht mehr als drei essen. Aber den Kakao, wo hast du den?«
»Unten beim Hausbock«, sagte Karlsson. »Und da holen wir ihn jetzt.«
Lillebror sah ihn erschrocken an. Er hatte keine Lust Fräulein Bock wieder zu sehen und vielleicht neue Ohrfeigen zu bekommen. Er konnte sich auch nicht vorstellen, wie sie an die Kakaodose herankommen sollten. Die stand ja nicht im offenen Fenster, so wie vorhin die Wecken, sondern auf einem Wandbrett neben dem Herd, genau vor den Augen von Fräulein Bock.
»Wie kann man das denn nur machen?«, fragte Lillebror. Karlsson gluckste vergnügt.
»Ja, das kannst du dir natürlich nicht vorstellen, dummer kleiner Junge, der du bist! Aber jetzt hat sich zufällig der beste Streichemacher der Welt der Sache angenommen, du kannst also ganz beruhigt sein.«
»Ja, aber wie...«, begann Lillebror.
»Du«, sagte Karlsson, »sag mal, hast du jemals die Klopfbalkons bemerkt, die hier überall im Hause sind?«
Die hatte Lillebror natürlich bemerkt. Mama pflegte ja die Küchenläufer auf dem Klopfbalkon auszuschütteln, der lag für sie so bequem, von ihrer Hintertür aus nur eine halbe Treppe weiter oben.
»Nur zehn Stufen von eurer Hintertür aus«, sagte Karlsson. »Selbst so eine kleine lahme Ente wie du könnte im Nu auf den Klopfbalkon rennen.«
Lillebror verstand nichts. »Weshalb sollte ich auf den Klopfbalkon rennen?«
Karlsson seufzte. »Muss man dir denn alles erklären, du dummer kleiner Junge! Na, sperr jetzt die Ohren auf und hör zu, wie ich es mir gedacht habe.«
»Ja, ich höre«, sagte Lillebror.
»Also«, sagte
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