Karlsson fliegt wieder
schnell wie möglich loswerden.
»Ja, raten Sie mal«, sagte Lillebror.
Da sah er von neuem die kleine dicke Hand vorbeihuschen und einen Wecken von der Platte nehmen. Und Lillebror kicherte von neuem. Er versuchte es zu lassen, aber es ging nicht. Es kam so viel Gekicher in ihm hoch, dass es nur so aus ihm heraussprudelte. Fräulein Bock sah ihn empört an. Sie fand wohl, er sei tatsächlich der lästigste Junge der Welt. Wo sie doch gerade eine schöne Kaffeepause machen wollte!
»Raten Sie, was ich mache, wenn ich so groß bin wie Sie, Fräulein Bock«, sagte er und dann kicherte er wieder. Denn jetzt sah er, wie zwei kleine Hände den Rest der Zimtwecken von der Platte grapschten.
»Ich habe keine Zeit hier herumzustehen und mir deine Dummheiten anzuhören«, sagte Fräulein Bock, »und es ist mir einerlei, was du machen willst, wenn du groß bist. Aber solange du klein bist, sollst du artig und gehorsam sein und deine Schulaufgaben machen und aus der Küche verschwinden.«
»Ja, natürlich«, sagte Lillebror und kicherte so sehr, dass er sich gegen die Tür lehnen musste. »Aber wenn ich so groß bin wie Sie, Fräulein Bock, dann mache ich eine Abmagerungskur, das ist mal sicher.«
Fräulein Bock sah aus, als wollte sie sich auf ihn stürzen, aber in dem Augenblick war vom Fenster ein Brüllen zu hören wie von einer Kuh. Fräulein Bock drehte sich schnell um und nun sah sie, dass die Zimtwecken nicht mehr da waren.
Fräulein Bock stieß einen Schrei aus. »Du guter Moses, wo sind meine Wecken?«
Sie stürzte ans Fenster. Vielleicht meinte sie, sie würde einen Dieb mit dem ganzen Arm voller Wecken davonrennen sehen. Aber Familie Svantesson wohnte ja im vierten Stock und so langbeinige Diebe gibt es nicht, das musste sie schließlich wissen.
Fräulein Bock sank völlig entsetzt auf einen Stuhl.
»Ob es Tauben gewesen sind?«, murmelte sie.
»Es klang eher wie eine Kuh«, sagte Lillebror. »Vielleicht fliegt heute draußen eine Kuh herum, eine, die gern Wecken frisst.«
»Red kein dummes Zeug«, sagte Fräulein Bock.
Da hörte Lillebror von neuem, wie Karlsson draußen vor dem Fenster vorbeibrummte, und damit Fräulein Bock es nicht merkte, begann er zu singen, so laut er konnte:
»Eine Kuh schwebt vom Himmel,
fliegt am Fenster vorbei,
sieht die Wecken dort stehen,
und sie klaut ein’, zwei, drei.«
Lillebror machte hin und wieder mit Mama zusammen Verse, und diesen hier von der Kuh fand er selber gut. Fräulein Bock fand das nicht.
»Schweig mit deinen Dummheiten!«, schrie sie.
In diesem Augenblick hörte man drüben vom Fenster einen leisen Knall, sodass sie beide vor Schreck zusammenzuckten. Und dann sahen sie, was da geknallt hatte. Auf dem leeren Kuchenteller lag ein Fünförestück.
Lillebror fing wieder an zu kichern.
»Was für eine tolle Kuh«, sagte er. »Die bezahlt ihre Wecken.« Fräulein Bock wurde rot vor Zorn.
»Was sind das hier für dumme Scherze«, schrie sie und stürzte ans Fenster. »Es muss jemand von der Wohnung über uns sein, der sich einen Spaß daraus macht, Wecken zu stehlen und Fünförestücke herunterzuwerfen.«
»Über uns ist keine Wohnung mehr«, sagte Lillebror. »Wir wohnen ganz oben, dann kommt nur das Dach.«
Fräulein Bock geriet völlig außer sich.
»Ich begreife das nicht«, rief sie. »Ich begreife nichts.«
»Nee, das habe ich allerdings gemerkt«, sagte Lillebror. »Aber machen Sie sich nichts daraus, alle können nicht gescheit sein.«
Da klatschte eine Ohrfeige auf Lillebrors Wange.
»Dir werd ich’s zeigen, unverschämt zu sein«, schrie Fräulein Bock.
»Nee, tun Sie das bloß nicht«, sagte Lillebror, »sonst erkennt Mama mich nicht wieder, wenn sie heimkommt.«
Lillebror hatte ganz feuchte Augen bekommen. Er war nahe daran zu weinen. Noch nie in seinem Leben hatte er eine Ohrfeige gekriegt und es gefiel ihm gar nicht. Er musterte Fräulein Bock mit zornigem Blick. Da packte sie ihn am Arm und schob ihn in sein Zimmer hinüber.
»Jetzt setzt du dich hier hin und schämst dich«, sagte sie. »Ich schließe die Tür ab und ziehe den Schlüssel raus, dann kommst du vielleicht eine Weile nicht in die Küche gerannt.«
Dann guckte sie auf ihre Armbanduhr.
»Eine Stunde genügt wohl, damit du wieder artig wirst. Ich komme um drei Uhr und schließe wieder auf. Bis dahin kannst du darüber nachdenken, wie man sich entschuldigt.«
Und dann ging Fräulein Bock. Lillebror hörte, wie sie den Schlüssel umdrehte. Jetzt war er
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