Karma-Attacke (German Edition)
asthmatisch an.
Van Ecken wagte die Frage: «Sie waren also damals schon verstrickt?»
Damit brachte er wieder Bewegung in Ackers’ Gesicht. Ackers schloss den Mund, schaute van Ecken bedeutungsschwanger an und nickte dann. «Ja, genau. Ich war verliebt in Tois Frau. Lin.»
Dann schüttelte Ackers den Kopf. Die Erinnerungen kamen zurück.
«Nein», sagte er. «Nicht wirklich verliebt. Ich habe sie benutzt. Sie wollte Toi verlassen. Er holte sich lieber eine Tschika nach der anderen aus dem Dorf. Lin war in ihrer Würde verletzt. Sie spürte, dass sie für ihn überflüssig wurde. Wie alle Hillruc-Frauen. Ich habe ihr dann die große Liebe vorgespielt. Ich habe so getan, als würden die Tschikas mir nichts bedeuten.»
Wieder schwieg Ackers für eine Weile. Er sah völlig abwesend aus. Wust glaubte, dass er ihm jetzt problemlos Handschellen anlegen könnte. Ackers war in einem Zustand, in dem sich zwar sein Körper in diesem Raum befand, aber geistig war er vollkommen abwesend. Trotzdem wagte Wust nicht, sich zu bewegen.
Van Ecken ging es nicht anders. Aber er versuchte wieder, Ackers mit seiner Stimme zurückzuholen. «Sie haben ihr also schöne Augen gemacht?»
Ein Lächeln huschte über Ackers’ Gesicht. «Ja. So kann man es sagen. Ich habe ihr versprochen, dass sie meine Fürstin werden kann. Wenn sie mir hilft, meinen Gegner auszuschalten.»
«Das hat sie natürlich auch brav getan, wie Frauen so sind.»
Der Satz erreichte Ackers nicht. «Es ist aber schief gegangen. Toi ist klug. Er traut niemandem. Er hat die Becher vertauscht, sodass ich das Gift trank.»
Ackers schüttelte sich, als würde er sich noch jetzt vor der Wirkung des Gifts ekeln. «Und dann hat er mich erstochen.»
Jetzt schafften van Ecken und Wust es, einen Blick zu wechseln. Sie brauchten das, um sich gegenseitig zu vergewissern, was Realität war. Schon der kurze Blickkontakt reichte aus. Sie waren sich einig darüber, dass Ackers wahnsinnig war.
«Vivien», sagte Ackers jetzt, «ist Lin. Verstehen Sie? Ich bin Xu. Toi will sich rächen.»
Van Ecken rührte mit der Hand in der Luft herum. Er konnte nicht länger bewegungslos sitzen. Er musste sich spüren, um etwas gegen den ziehenden Sumpf zu tun, in dem er zu versinken drohte. Angesichts der Anakonda wollte er nicht bewegungslos bleiben. Er fürchtete, wenn er nur lange genug mit Ackers allein in einem Raum wäre, könnte Ackers ihn dazu bringen, all diesen Quatsch zu glauben.
«Ich fasse das mal zusammen, ja?», sagte er spröde. «Sie und Vivien Schneider sind eigentlich gar nicht von hier. Sie kommen von einem anderen Planeten.»
«Thara.»
«Genau. Thara. Sie sind eigentlich auch keine Menschen, oder?»
«Hillrucs sind wir.»
«Hillrucs. Hm.» Van Ecken notierte das Wort. Er versuchte es mit einem kleinen Scherz: «Sie sind aber blaublütig, oder? Ich meine, als Fürsten …»
«Lachen Sie nicht darüber. Für uns Hillrucs sind Typen wie Sie höchstens Futter. Oder Arbeitssklaven.»
«Arbeitssklaven. Soso.» Van Ecken tippte mit seinem Kugelschreiber auf den Schreibtisch.
«Ja. Arbeitssklaven. Bestenfalls. Sonst nur Futter.»
«Sie essen also Menschen, ja?»
«Nur die Innereien.»
Jetzt konnte Wust das Wasser tatsächlich nicht mehr halten. So, wie Ackers «Innereien» gesagt hatte, konnte nur jemand sprechen, der menschliche Innereien gegessen hatte. Er sprang von der Wand weg. Breitbeinig stellte er sich leicht gebückt vor Ackers und richtete mit beiden Händen den Lauf seiner Waffe auf Ackers’ Kopf.
Ackers blieb ganz ruhig sitzen. Er schaute Wust an und sagte dann zu van Ecken: «Sie halten mich für wahnsinnig, nicht wahr? Aber schauen Sie sich den hier mal an. Wer von uns ist hier der Wahnsinnige?»
«Hände hoch!», schrie Wust. «Nimm sofort die Hände hoch! Wenn du deine Waffe anpackst, dann …»
Ackers bewegte sich immer noch nicht.
«Stecken Sie die Waffe weg!», herrschte van Ecken Wust an.
«Menschenskind, sind denn hier alle völlig verrückt geworden?»
Durch den Ausbruch von Wust hatte van Ecken das Gefühl, die Sache erst wieder richtig im Griff zu haben. Er war immer noch der Krisenmanager. Wenn die Welt um ihn herum sich in Chaos auflöste, behielt er die Nerven. Er konnte den Dingen eine feste Struktur geben. Je chaotischer es um ihn herum wurde, umso sicherer wurde der Boden, auf dem er sich bewegte. Bisher hatte er das nicht gewusst. Jetzt wurde ihm klar, dass dies sein eigentliches Erfolgsrezept war. Die Nervosität der anderen
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