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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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getraut. Schon Schauspieler waren für seinen Vater tendenziell schwule Hungerleider.
    Er hatte die Aufnahmeprüfung an drei Schauspielschulen versucht und war dreimal durchgefallen. Gern hätte er einen Tatort- Kommissar gespielt. Das waren die eigentlichen Helden seiner Kindheit. Kressin. Trimmel. Schimanski.
    So hatte er den direkten Weg gewählt. Er spielte immer noch den Kommissar. Es war längst nicht so spannend. Es gab keine Scheinwerfer. Und auch die Bezahlung war äußerst bescheiden. Dennoch hatte er jeden Morgen, wenn er in seinen Anzug schlüpfte, das Gefühl, sich zu verkleiden, um eine Rolle zu spielen.
    Gudrun Mays Auftrag war geradezu maßgeschneidert für ihn. Endlich konnte er sein Talent unter Beweis stellen und sollte dabei sogar gefilmt werden. Er würde es sich später mit ihr auf dem Monitor ansehen. Heute spielte er den Anwalt. Den engagierten Pflichtverteidiger.
    Er brachte Tom Götte den Levi’s-Gürtel und die Schuhe gleich mit. In jedem Absatz war ein Peilsender versteckt, ein dritter in der Lederschnalle des Gürtels.
    Der Beamte neben Höss war nur dazu da, sich die Standpauke anzuhören. Er sollte nicken, klein beigeben und so wenig wie möglich sagen, um sich ja nicht zu verraten. Er war so gar kein Schauspieler.
    Höss drehte schon draußen auf und kam schimpfend herein. «Und seien Sie froh, wenn daraus keine Dienstaufsichtsbeschwerde wird! Sie haben mich viel zu spät verständigt. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, mich zu rufen, völlig egal, ob der Junge einen Anwalt will oder nicht!»
    Höss war ein wenig verunsichert, denn Tom schaute ihn nicht mal an. Er malte mit dem Fingernagel kleine Kringel an die Wand, immer die gleiche Bahn. Das Zeichen war bereits in den Putz geritzt. Eine Art Spirale, die sich gegen den Uhrzeigersinn drehte.
    Höss stellte Tom die Schuhe hin und reichte ihm die Hand. «Das war’s, Thomas Götte. Sie haben Glück gehabt. Mein Name ist Edgar Höss, ich bin Pflichtverteidiger der Jugendgerichtshilfe.»
    Tom nahm die Hand nicht.
    Höss glaubte zu ahnen, warum. «Keine Angst», lenkte er ein, «Sie müssen mich nicht bezahlen. Das ist sozusagen ein Service des Staates. Ich hoffe, man hat Sie anständig behandelt, sonst würde ich …» Wütend schaute er seinen Kollegen an, der tatsächlich unter dem zornigen Blick zurückwich. «Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen? Die Formalitäten können wir später erledigen.»
    Viel zu langsam hob Tom Götte den Kopf. Sein Zeigefinger zog weiter seine Kreise an der Wand nach. Tom tastete Höss mit vorsichtigen Blicken ab. Er begann bei den Schuhen. Wie eine Kamera, die alles genau registriert, wanderte sein Blick zu den Knien, zum Reißverschluss, zum Bauch, zu den Händen, zur Brust und schließlich zum Gesicht.
    Höss fühlte sich unwohl in seinem Anzug. Hatte er etwas falsch gemacht? War Tom misstrauisch geworden? Um was für eine Art Jugendlichen handelte es sich hier eigentlich? Er war nicht wirklich eingeweiht. Er wusste viel zu wenig. Hatte er den Jungen unterschätzt? Er bekam einen trockenen Mund und geriet ins Schwimmen. Was, wenn der Bursche jetzt nicht aufstand? Hatte er den Plan durchschaut?
    Vorsichtig rappelte Tom sich auf. Noch nie hatte Höss jemanden so langsam aufstehen sehen. Dabei wirkten die Bewegungen nicht träge oder kraftlos, sondern sehr bewusst. Als müsse der Verstand den Muskeln genau sagen, was sie tun sollten. Ja, als genösse Tom Götte das Aufstehen, wie jemand, der nach langer Bettlägerigkeit zum ersten Mal das Haus verlassen darf.
    Höss zeigte auf die Schuhe und schob sie ein Stückchen näher zu Tom. Der streckte langsam eine Hand aus, dann berührten endlich die Finger das Leder. Er tastete die Schuhe sorgfältig ab, als habe er noch nie in seinem Leben so etwas gesehen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    May, die das alles oben im Überwachungsraum am Monitor beobachtete, fürchtete schon, Tom hätte die Wanzen bemerkt. Er wirkte so wissend. Etwas an diesem Jungen war ihr unheimlich.
    «Danke», sagte Tom. Dann schlüpfte er in die Schuhe.
    Höss atmete auf.
    Ohne die geringste Eile schnallte Tom sich den Gürtel um. Die Schuhriemen ließ er offen auf den Boden hängen.
    «Kann ich Sie irgendwohin bringen?», fragte Höss noch einmal.
    «Ja. Bitte bringen Sie mich nach Hause.»
    May hätte quieken können vor Freude. Sie hob die rechte Faust und schlug ein Loch in die Luft. «Ja! Ja! Es klappt! Es kann ja auch nicht immer alles nur schief gehen.»
    Tom setzte die Füße

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