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Karneval der Alligatoren

Karneval der Alligatoren

Titel: Karneval der Alligatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Dunkelheit gewöhnt hatte, sah er von rechts durch den
Perlenvorhang hinter einem Kartenschrank schwachen Lichtschein dringen. Auf
nackten Füßen ging er über den weichen Teppich, trat hinter den Schrank und
schob die Perlenstränge vorsichtig auseinander.
    Der lange Raum dahinter war
Strangmans ›Salon‹, mit Eichentäfelung an den Wänden und ledernen Couches an
den Längswänden, vor den Bullaugen am anderen Ende stand auf einem Bronzepodest
ein großer, antiker Globus. Von den drei Kronleuchtern brannte nur der über dem
hohen byzantinischen Stuhl mit bunter Glaseinlegearbeit, sein Licht bestrahlte
die Juwelen, die aus den Waffenkisten auf den im Halbkreis aufgestellten
niedrigen Tischen quollen.
    Den Kopf nach hinten gelehnt, eine
Hand am schlanken Stiel eines goldgeränderten Glases auf dem Mahagonitisch neben
ihr, saß Beatrice Dahl in diesem Stuhl. Ihr blaues Brokatkleid war ausgebreitet
wie ein Pfauenschwanz, in seinen Falten glitzerten Perlen und Saphire, die ihr
aus der linken Hand gefallen waren. Kerans zögerte einzutreten; er beobachtete
erst eine Weile die gegenüberliegende Tür, die in Strangmans Kabine führte, und
teilte dann den Vorhang so leise, daß die Perlen nur zart aneinander schlugen.
    Beatrice achtete gar nicht darauf,
das Geräusch klirrender Glasstücke war ihr offenbar allzu vertraut. Die Kisten
vor ihr gingen über vor Juwelen – diamantener Knöchelschmuck, goldene Reifen,
Tiaras, Ketten, Ohrgehänge, alles quoll aus den Kisten in die
daruntergestellten Schalen.
    Einen Augenblick lang dachte Kerans,
Beatrice sei unter Drogeneinfluß – so teilnahmslos sah sie aus, ihr Gesicht nur
noch eine Maske, ihre Augen in die Ferne gerichtet. Dann bewegte sie die Hand,
hob das Glas und nippte daran.
    »Beatrice!«
    Vor Schreck hielt sie das Glas
schräg, der Wein floß ihr in den Schoß. Sie blickte überrascht auf. Kerans
schob den Vorhang beiseite und lief zu ihr; als sie aufstehen wollte, hielt er
sie beim Ellbogen fest.
    »Beweg dich nicht!« Er drückte die
Klinke der Tür hinter ihr hinunter – versperrt. »Strangman und seine Leute
plündern die Stadt, ich glaube, außer dem Admiral ist niemand da.«
    Beatrice drückte ihr Gesicht an seine
Schulter und fuhr mit ihren kühlen Fingern über seine dunklen Wundmale.
»Robert, bitte paß auf! Was war mit dir? Strangman ließ mich nicht zusehen.«
Ihre Erleichterung und Freude über sein Kommen verwandelte sich in Angst. Sie
sah sich furchtsam um. »Laß mich bitte hier und schau, daß du wegkommst.
Strangman tut mir bestimmt nichts.«
    Kerans schüttelte den Kopf und half
ihr dann von dem Stuhl herunter. Ihr elegantes Aussehen, ihre Schönheit, ihr
Parfüm berauschten ihn, nach den gräßlichen Erlebnissen der letzten Tage, nach
all dem Schmutz stieg ihm das alles mehr denn je zu Kopf.
    »Strangman ist zu allem fähig, er ist
verrückt; mit mir hat man auch ein verrücktes Spiel getrieben und mich dabei beinahe
umgebracht.«
    Beatrice nahm ihre Schleppe auf und
schüttelte die Juwelen aus den Falten. In all diesem Überfluß von Schmuck trug
sie nur eine ihrer eigenen Goldketten um den Hals. »Robert, selbst wenn wir
hinauskommen ...«
    »Still.« Kerans blieb kurz vor dem
Vorgang stehen und beobachtete, wie die Schnüre sich leicht bewegten und dann
wieder ruhig hingen. Er versuchte sich zu erinnern, ob im Vorraum ein Bullauge
offengestanden hatte. »Ich habe ein kleines Floß gebaut, damit müßten wir
ziemlich weit kommen. Später ruhen wir aus und bauen ein besseres.«
    Er ging auf den Vorgang zu, der sich
plötzlich einen Spalt weit öffnete – schlangengleich blitzte eine Schneide
hindurch; Kerans duckte sich und spürte etwas Scharfes seine Schulter streifen.
Die Waffe – gut einen Meter lang – blieb zitternd in der Holzwand hinter ihm
stecken. Beatrice, stumm und bleich vor Schrecken, war zurückgetaumelt und über
einen der Tische gestolpert. Die Juwelenkiste darauf fiel zu Boden.
    Ehe Kerans zu ihr konnte, riß ein
riesiger Arm den Vorhang ganz zurück; Cäsar stand unter dem Türrahmen, mit
gesenktem Kopf, wie ein Ochse unterm Joch. Sein einziges Auge war
bösartig-starr auf Kerans gerichtet, Schweiß rann über seine nackte, muskulöse
Brust, bildete dunkle Flecken auf seiner kurzen grünen Hose. In der Rechten
hielt er eine glänzende Stahlklinge und wollte damit von unten in Kerans Bauch
stechen.
    Kerans wich ihm aus, er bemühte sich,
seinen Colt ruhig zu halten. Das Zyklopenauge des Buckligen verfolgte all

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