Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
hatte sie ängstlich gefragt.
»Wir können nicht noch mehr Flächen zusammenlegen. Dann sieht es nicht mehr aus wie ein Mosaik von Il Sasso , sondern wie das eines Stümpers. Es wird so gemacht oder er sucht sich jemand anderen.«
Vater und Tochter schauten sich an – einig und stolz. Giulianas Arbeit war damit nicht beendet, sie musste ausrechnen, wie viel von jeder Farbe benötigt wurde, natürlich mit einem Sicherheitsaufschlag. Das und die Adressen der Glasbläsereien hatte sie auf die beiden Listen geschrieben, eine für Signore Bragadin, die andere für die Bücher ihres Vaters. Sie faltete das Blatt für Bragadin zusammen, machte an einer Kerze Siegelwachs heiß und ließ einige Tropfen auf den Brief fallen. In das heiße Wachs drückte sie Il Sassos Siegel: ein Turm, umgeben von einem Ring. Der Turm konnte auch ein Berg sein, aber überall in Italien war dieses Zeichen als das ihres Vaters bekannt.
Sie vertauschte das Kleid mit ihrer Giulio-Kleidung, zuletzt versteckte sie ihre schulterlangen Haare unter einer Kappe und machte sich auf den Weg zum Palazzo Bragadin. Diesmal ging sie allein, und anders als beim letzten Mal öffnete ihr eine Magd die Tür, nachdem sie zuvor aus einem Fenster gespäht hatte, um zu schauen, wer der Besucher war. Die junge Frau hatte schmutzige Hände und Wasserflecke auf der Schürze und dem Mieder, als hätte sie gerade im Haus die Böden geschrubbt. Von der Richtigkeit ihrer Annahme konnte Giuliana sich gleich darauf überzeugen, als sie auf der Treppe einen Eimer und eine Bürste sah, außerdem lehnten zusammengerollte Teppiche an der Wand.
Die junge Frau – mit einem anderen Kleid und mit gewaschenem Haar wäre sie hübsch, entschied Giuliana – brachte sie wieder in denselben Raum im Erdgeschoss. »Ich sage dem Signore Bescheid.«
Diesmal brannten in dem Raum keine Kerzen, sie war ja auch nicht erwartet worden, sonst hatte sich nichts verändert. Der Entwurf lehnte nicht mehr an der Wand; sie konnte nur hoffen, Bragadin habe ihn dem einfallslosen Künstler zurückgeschickt. Sie legte die versiegelte Liste auf den Tisch und wartete mit auf dem Rücken verschränkten Händen.
»Giulio Tasso, Lehrling des großen Il Sasso , ich grüße dich, Bursche.«
Bei dieser Stimme fuhr sie herum. Sie wusste nicht, wen sie erwartet hatte, den Haushofmeister, Bragadin selbst, jedenfalls nicht Amadeo Bragadin. In dem weiten, am Hals offenen Hemd und der schwarzen Hose sah er besser aus, als für einen Mann gut war. Sein verstrubbeltes schwarzes Haar tat noch sein Übriges dazu.
»Signore Bragadin.« Sie verneigte sich. Im letzten Moment hatte sie daran gedacht, ihre Stimme zu verstellen, dennoch zitterte sie. »Im Auftrag meines Meisters bringe ich die Informationen, die er Eurem Vater zugesagt hat.« Sie deutete auf den Brief.
»Die Liste mit den Materialien und bei welchen Lieferanten sie zu beziehen sind«, sagte er zu ihrer Überraschung. Beim letzten Mal schien er ihr an den Einzelheiten der Mosaikerstellung nicht sehr interessiert gewesen zu sein.
Er ging zum Tisch, und dabei bemerkte sie, dass er das linke Bein nachzog, als wäre er dort verletzt. Sofort überflutete sie eine Welle der Fürsorglichkeit für ihn, am liebsten hätte sie einen Schemel unter dem Tisch hervorgezogen, damit er sich setzen konnte, und einen zweiten, um das verletzte Bein hochzulegen. Das passte vielleicht zu Giuliana, ganz sicher nicht zu Giulio.
Er nahm die Liste und erbrach das Siegel. Sein Blick huschte über ihre schön geschwungenen Buchstaben, und er schnalzte mit der Zunge.
»Hast du das geschrieben?«
»Im Auftrag meines Vaters. Wir haben es beide zusammen ausgearbeitet.«
»Wie lange wird es dauern, alles zu besorgen?«
»Zwei oder drei Dutzend Tage. Bevor wir mit dem Verlegen des Mosaiks beginnen, müssen wir einige Vorbereitungsarbeiten machen, die Wand muss ganz glatt sein, sonst halten die Smalti nicht. Ich muss noch die Skizze des Mosaiks vervollständigen, dazu muss ich die Bilder Eurer Ahnen sehen und ihre Namen erfahren.«
»Du kannst jederzeit zum Zeichnen kommen. Ich will alles ordentlich gemacht haben. Was wird das Ganze kosten?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ein Mosaik von Il Sasso hat seinen Preis.«
»Das glaube ich wohl. Weißt du, wie wir es machen werden?«
Sie schaute ihn fragend an.
»Mein Vater darf das hier«, er schwenkte das Papier, »nur sehen, wenn er besonders guter Laune ist. Zum Beispiel nach einem erfolgreichen Geschäft, sonst sagt er deinem
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