Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
mehrere Male und hörte jedes Mal: »Du bist tot, Giulio! Du bist tot, Giulio!«
»Werde ich wenigstens besser?«, fragte sie nach dem vierten oder fünften Mal.
»Nicht wirklich«, lautete die vergnügte Antwort. »Dich kann ich wenigstens besiegen, das tut gut nach Meister Foscarinis Lehrstunde.«
Ihr tat es nicht so gut, und sie wollte gerne fragen, warum sie hier war und was das alles mit der letzten Lektion zu tun hatte, aber sie fand keine Gelegenheit, weil ein schmächtiger Mann in ihrer Größe und bestimmt in Meister Foscarinis vorgerücktem Alter auf sie zuschlenderte.
Er zog grüßend die Mütze vom Kopf. »Es gibt da ein oder zwei Tricks, wie ein kleinerer Kämpfer die Reichweite des größeren unterlaufen kann und zum Sieg kommt. Darf ich es Euch zeigen? Fabrizio Paruta, zu Euren Diensten.« Er zwinkerte ihr zu.
Sie hatte das Gefühl, er wolle gemeinsam mit ihr eine Front gegen Amadeo bilden. Das war ihr nicht recht, und sie schaute an ihm vorbei, um ihm zu zeigen, wie wenig Interesse sie an seinen Tricks hatte.
»Tricks werden ihm nicht helfen, er hält heute das erste Mal ein Schwert in der Hand.«
»Dann müssen es die ersten Grundbegriffe sein. Ich stelle mich als Gegner zur Verfügung, während Ihr ihm erklärt, wie er zu stehen und das Schwert zu halten hat.« In zwei Schritt Entfernung nahm Fabrizio Aufstellung.
Wenn sie fechten lernen sollte, hätte sie es lieber mit Amadeo allein getan, aber Fabrizio sah nicht aus, als würde er ein einfaches »Nein danke, wir brauchen Eure Unterstützung nicht« akzeptieren. Amadeo stand neben ihr und zeigte ihr, wie sie sich hinstellen sollte: breitbeinig, festen Stand suchend. Er schloss beide ihrer Hände um den Griff des Schwertes und zeigte ihr, wie sie es halten solle: aufrecht vor dem Körper und bereit, jeden Moment zuzuschlagen, dabei flüsterte er ihr ins Ohr: »Mit diesem schmächtigen Kerl wirst du spielend fertig, kleine Schäferin. Danach habe ich eine Belohnung für dich. Du bekommst sie nur nach einem Sieg.«
Langsam hob Fabrizio seine Waffe, und Amadeo zeigte ihr, wie sie seinen Angriff parieren konnte. Die Holzschwerter krachten aufeinander. Giuliana brauchte ihre ganze Kraft, um den Griff nicht loszulassen. Der ersten Parade folgte eine weitere und dann noch eine und eine dritte. Es war ein Tanz – vor und zurück, rechts und links. Zweimal ließ Amadeo sie die Bewegungen wiederholen, bevor er ihr einen Klaps auf den Hintern gab.
»Du lernst schnell, Giulio. Versuch es jetzt allein.«
Der Tanz wurde schneller. Sie machte alles genau so, wie Amadeo es ihr gezeigt hatte, dennoch rief Fabrizio: »Du bist tot.«
Sie ärgerte sich, und die Kräfte schwanden ihr langsam. »Lieber schwinge ich einen Hammer«, keuchte sie.
»Wieso Hammer?«
»Mein Vater ist Mosaikleger und wird Il Sasso genannt. Ich bin sein Lehrling.«
»Der Hammer ist auch eine Waffe, aber keine so edle wie das Schwert.«
Den Toten war es egal, ob sie durch einen Hammer oder das Schwert starben, dachte sie, und sie wollte sich nicht länger mit Fabrizio herumärgern, sondern Amadeos Überraschung genießen. Sie riss das Holzschwert hoch – wahrscheinlich sah es aus, als hielte sie einen Hammer, aber das war ihr egal – und drang mit einem wütenden Schrei auf Fabrizio ein. Er gab einen überraschten Grunzlaut von sich und griff sich ans Ohr.
»Ihr habt mich getroffen.«
»Habe ich gesiegt?«, wollte sie von Amadeo wissen. »Ist er tot?«
»Ihm fehlt ein Ohr. Das tötet einen Mann nicht, aber du hast gesiegt.«
Am liebsten hätte sie Amadeo umarmt, aber sie hielt sich zurück und dankte stattdessen Fabrizio für die Lektion.
»Jederzeit wieder, Signorino.« Der kleine Mann schob heftig und mit grimmiger Miene sein Schwert in die Scheide.
»Bei einer zweiten Runde wirst du nichts zu lachen haben«, sagte Amadeo und lachte.
Kumpelhaft legte er ihr einen Arm um die Schultern, drückte sanft zu. »Das hast du sehr gut gemacht«, flüsterte er ihr zu.
»Was ist nun meine Belohnung?«, fragte sie genauso leise zurück.
»Du wirst es bald sehen.«
Am Tor schaute sie sich noch einmal um. Bernardo hatte seinen Übungskampf mit Meister Foscarini bereits vor ihnen beendet und die Schule verlassen, dafür schaute ihnen Fabrizio mit brennenden Augen und seltsam interessierter Miene nach. Giuliana fühlte sich, als beobachte sie ein Feind. Schnell schaute sie weg. Was hatte sie dem Mann getan, dass er sie als Feind betrachtete? Der eine Schlag aufs Ohr konnte es doch
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