Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Augen.
Unter der genannten Adresse fand sie kein Haus ähnlicher Prägung wie Benedettas, sondern eine Fechtschule. Sie zögerte, fragte sich, ob sie die Adresse falsch verstanden hatte, Amadeo sich einen Scherz mit ihr erlaubt hatte, aber dann erblickte sie durch das geöffnete Tor im Innenhof einen jungen Mann, den sie am ersten Abend in Amadeos Begleitung gesehen hatte. Sein Blick glitt allerdings gleichgültig über sie hinweg, und gerade als sie ihm zunicken wollte, erinnerte sie sich daran, dass er sie als Frau und nicht als Giulio gesehen hatte. Wenn er hier war, konnte sie nicht ganz falsch sein, dachte sie und betrat mutig den Hof.
Sofort entdeckte sie Amadeo. Er trug mit einem älteren Mann einen Übungskampf aus; mit wildem Klacken schlugen ihre Holzschwerter wieder und wieder aufeinander, begleitet vom Keuchen der Kämpfer. Entweder hatte Amadeo sie nicht bemerkt oder der Kampf nahm ihn zu sehr gefangen, jedenfalls gab er nicht zu erkennen, dass er von ihr Notiz genommen hatte. Sie stellte sich neben seinen Freund und beobachtete den Kampf.
»Habe ich Euch schon mal gesehen?«, fragte der.
»Ich bin mit Amadeo Bragadin verabredet.«
»Ich bin mit ihm befreundet. Es soll dann wohl so sein, dass wir uns kennenlernen. Bernardo Filiaso.« Er streckte ihr die Rechte hin.
Sie schüttelte sie. »Giulio Tasso.«
»Tasso. Tasso. Nie gehört. Woher stammst du?«
»Aus Verona. Der Mosaikmeister Il Sasso ist mein Vater.«
Anscheinend hatte sie nicht das Richtige gesagt, denn Bernardo Filiasos Miene wurde merklich abweisender. »Ein Handwerker also.«
Sie wurde einer spitzen Antwort enthoben, denn Amadeo und sein Partner hatten ihren Kampf beendet.
»Ihr seid zu gut für mich, Meister Foscarini«, sagte Amadeo lachend und kam zu ihr und Bernardo herübergeschlendert. Schweiß glänzte auf seiner Stirn, ein Tropfen hing ihm sogar an der Nase. Mit dem Ärmel wischte er ihn fort. »Ich sehe, ihr habt euch schon bekannt gemacht.«
Amadeo schöpfte aus einem Fass eine Kelle Wasser, löschte zuerst seinen Durst und wusch sich dann Hände und Gesicht. Er schüttelte sich, dass die Tropfen flogen wie bei einem Hund.
»Seit wann gibst du dich mit Handwerkersöhnen ab?«, maulte Bernardo.
»Seit wann bist du so hochnäsig? Die Filiasi zählen auch nicht zu den alten Familien Venedigs, und ich gebe mich trotzdem mit dir ab.« Da hatte Amadeo offenbar einen empfindlichen Nerv getroffen, denn Bernardos Miene verdüsterte sich noch mehr. Amadeo schlug dem Freund auf die Schulter. »Lass gut sein. Sein Vater legt bei uns im Palazzo das Mosaik, da habe ich den Jungen kennengelernt. Er ist neu in der Stadt, und ich zeige ihm ein bisschen unser Leben in Venedig.«
»Es ist aber nicht sein Leben.«
»Das stört mich nicht und ihn auch nicht.« Er zwinkerte Giuliana zu.« Hast du schon mal mit einem Schwert gekämpft, Junge?«
»Ich kann einen Hammer schwingen, ein Schwert habe ich noch nie in der Hand gehabt.«
»Fang.« Er warf ihr ein hölzernes Übungsschwert zu.
Giuliana war überrascht, aber sie fing es auf. Es war schwerer, als sie gedacht hatte, zum Glück nicht scharf. Sie fasste es am Griff und schwang es probeweise von rechts nach links. Bernardo grinste dazu.
»Ich greife dich an, Giulio. Was machst du?« Amadeo hatte sich ein zweites Übungsschwert geholt.
Bevor sie etwas sagen konnte, drang er mit erhobenem Holzschwert auf sie ein, Giuliana konnte gerade noch ihres hochreißen. Den ersten Hieb parierte sie, der zweite schlug ihr die Waffe aus der Hand, und Amadeo setzte ihr die Holzspitze auf die Brust.
»Du bist tot.«
Sie ließ die Schultern hängen und rieb sich das rechte Handgelenk; der Hieb, der ihr das Schwert aus der Hand geprellt hatte, war kräftig gewesen und hatte ihr das Gelenk verdreht. Amadeo hob das Schwert auf und gab es ihr, dabei sagte er leise zu ihr: »Willst du es noch einmal versuchen, Giuliana, oder habe ich dir weh getan? Ein Mann sollte mit dem Schwert umgehen können und nicht nach dem ersten Schlagabtausch klein beigeben.«
In seinen Augen tanzte der Spott, und das brachte Giuliana dazu, die Herausforderung anzunehmen. Sie griff nach der Übungswaffe und stellte sich breitbeinig hin. Nach zwei, drei Schlägen pikste Amadeos Schwertspitze wieder gegen ihre Brust.
»Du bist tot, Giulio.«
Bernardo war inzwischen von Meister Foscarini zu einem Übungskampf geholt worden, deshalb blieben ihr spöttische Bemerkungen aus dieser Richtung erspart. Sie unterlag Amadeo noch
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