Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
wollte sie rufen, brachte aber nicht mehr als ein Krächzen zustande.
Nichts rührte sich. Giuliana tastete umher. Unter ihr eine Decke, stellte sie fest, und alles bewegte sich. Lag sie auf einem Wagen? Warum hörte sie dann keine Räder rollen, keine Hufschläge? Es roch auch nicht nach Pferd. Sie rieb sich die Augen, öffnete sie mit aller Macht und sah – immer noch nichts.
Im ersten Moment wollte Giuliana vor Entsetzen schreien, besann sich dann aber anders und fuhr mit ihrer Hand dicht vor ihren Augen entlang. Wenn sie sich sehr anstrengte, sah sie schwache Schemen ihrer Finger – sie war also gar nicht blind, um sie herum war es stockdunkel.
»Wo bin ich?«, fragte sie laut. Es klang immer noch krächzend. Nach einem Räuspern wiederholte sie die Frage, diesmal gelang es ihr besser. Eine Antwort erhielt sie natürlich nicht. Dafür rückte ihr schmerzender Kopf wieder in den Vordergrund ihres Bewusstseins. An ihrem Hinterkopf ertastete sie eine Beule – dort hatte der Schlag sie getroffen.
Die schaukelnden Bewegungen wurden heftiger, und ehe sie sich irgendwo festklammern konnte, rollte sie von der Decke herunter und fiel mehrere Handspannen tief. Sie kam hart auf. Auf einmal wurde ihr auch klar, wo sie sich befand. Nicht in einem Wagen, sondern auf einem Schiff.
Giuliana sprang auf und stieß sich den Kopf an der Decke. Der Teufel sollte dieses Schiff holen. Sie tastete umher und richtete sich vorsichtig wieder auf. Ihre Augen hatten sich an die Finsternis gewöhnt; sie sah ihre Hände, ahnte ihre Füße, die Pritsche, auf der sie gelegen hatte. Keine Ritze in den Wänden ließ einen Streifen Licht durch.
»Ich will raus! Lasst mich raus! Hilfe!«, schrie sie und tastete an den hölzernen Wänden entlang, bis sie die Tür fand.
Ein Riegel. Er ließ sich zurückziehen, aber die Tür öffnete sich nicht. Es musste auch auf der anderen Seite einen Riegel geben, und der war vorgelegt. Sie trommelte gegen das steinharte Holz.
»Lasst mich raus!«
Ihre Hände schmerzten, aber immer weiter schlug sie gegen das Holz. Auf einmal fuhr ihre Hand ins Leere, sie wurde geblendet und schloss die Augen.
»Schrei nicht«, nuschelte sie jemand an. Sie verstand den Mann kaum.
Ihre Rechte wurde festgehalten, sie schlug mit der Linken auf den Nuschler ein. Er schrie auf vor Schmerz. Die Laterne vor ihrem Gesicht war auf einmal verschwunden; sie war zu Boden gefallen und beleuchtete eine schmale und steile Treppe.
Giuliana stieß den Mann zur Seite und stolperte an ihm vorbei die Treppe hoch. Oben erhielt sie dann die letzte Bestätigung dafür, auf einem Schiff zu sein. Einige schwankende Laternen beleuchteten zwei Masten, Segel, ein hölzernes Deck und Aufbauten an Bug und Heck. Und sie entfernten sich von der Küste, denn ein Meer von Lichtern, das sie für die Venedigs hielt, wurde stetig kleiner. Sie war entführt worden.
Hinter ihr stürzte ihr Peiniger an Deck und schrie etwas. Von überallher tauchten plötzlich Männer auf, umzingelten sie. Giuliana schaute sich wild um. Nirgendwo war eine Lücke im Kreis der Männer, und auf dem Schiff war sie sowieso gefangen.
»Bringt mich zurück, ich habe mit euch nichts zu schaffen«, verlangte sie und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen.
»Wir sind jemandem verpflichtet, der mit dir was zu schaffen hat.« Aus dem Kreis der Männer trat einer vor.
Der Kapitän wahrscheinlich. Er war ein wilder Geselle, schwarzes Haar stand ihm wild vom Kopf ab, war teilweise zu Zöpfen geflochten, und sein gleichfarbiger Bart verlieh ihm ein wahrhaft schreckliches Aussehen. Er trug fremdartige Kleidung und ein breites gebogenes Schwert an der Seite.
»Ihr habt mich entführt.«
»Schlau, der Kleine.« Der Kapitän sprach mit hartem Akzent und schaute sich beifallheischend nach seinen Männern um.
Die stießen Pfiffe und Rufe aus und rollten mit den Augen. Einer boxte Giuliana in den Rücken, und sie stolperte ein, zwei Schritte nach vorn, bis sie zwischen den Masten stand, wo sie jeder gut sehen konnte.
»Ihr seid Piraten«, stieß sie wütend hervor. »Was wollt ihr von mir?«
»Piraten.« Der Kapitän schüttelte den Kopf, als bedauerte er dieses Wort. »Wir sind freie Händler, und von dir wünschen wir uns nicht mehr als deine Gesellschaft. Aber du gehörst offenbar zu den Verbissenen und weißt das Vergnügen einer Seereise nicht zu schätzen.«
»Wohin bringt ihr mich?« Es gefiel ihr nicht, wie der Kapitän redete. Sie stellte sich breitbeinig hin,
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