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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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versagt zu haben. Zu mir sagten Sie, Sie machten sich damals Sorgen um die Kleine. Floras Eltern hätten besser auf sie aufpassen sollen.«
    Cody nickte. »Oft war sie allein draußen, lief in dem kleinen Wäldchen herum, sie mochte den kleinen Fußweg dort. Ich habe sie ein paar Mal dort gesehen. Ich weiß, es ist ein Privatgrundstück, aber da konnte jeder hinein. Mir war einfach nicht wohl, wenn sie draußen war. Mary« – er stockte, vermutlich empfand er für Mary mehr, als ihm recht war – »ich kann natürlich nicht behaupten, ich sei ein richtiger Freund gewesen, eher ein guter Bekannter. Nach dem Einbruch kam ich ab und zu mal vorbei. Sie wissen schon, nur um zu sehen, wie es ihnen so ging.« Eingetaucht in seine Geschichte, als hätte er nur darauf gewartet, sie jemandem erzählen zu können, jemandem, der sie kapierte, der ihn verstehen würde, beugte sich Cody nun nach vorne, die Arme auf dem Schreibtisch, die Hände ineinander verschränkt. »Glauben Sie mir«, fuhr er fort, »hinterher habe ich mir den Kopf zerbrochen, um mich zu erinnern, was genau ich gesehen hatte. Einen Fremden hatte ich nicht gesehen. Ich suchte die Stelle ab, genau die Stelle, am selben Tag noch, als die anderen Polizisten dazukamen. Sie haben Recht, ich hatte sie einen Moment lang aus den Augen verloren. Ich hatte ein Fernglas dabei – furchtbar, das klingt jetzt, als wäre ich ein Voyeur, aber so war das, so habe ich sie beobachtet.
    Declan Scott passte nämlich nicht richtig auf sie auf. Der immer mit seinem Laissez-faire, verstehen Sie, immer locker vom Hocker.«
    Jury brach in Gelächter aus. »So würde ich Declan Scott ja am allerwenigsten beschreiben. Locker vom Hocker? Der Mann ist doch so ernsthaft. Sie beschreiben, wie Sie selbst waren, Cody. Sie waren noch ein Kind. Was damals passiert ist, war nicht Ihre Schuld. Ihre Mum nahm Ihre Schwester bestimmt manchmal zum Einkaufen mit. Können Sie sich vorstellen, dass sie sie dabei ständig im Auge behielt? Natürlich nicht.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Dann sagte Cody: »Sagen Sie es jetzt dem Chef?« Unter gesenkten Lidern hervor sah er Jury düster an.
    »Nein, das tue ich nicht. Das überlasse ich ganz Ihnen.«
    »Der nimmt mir meine Dienstmarke ab.«
    Jury schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, er wird es verstehen. Commander Macalvie hat guten Grund dazu, glauben Sie mir.«
    »Er wird denken, ich hab sie nicht alle.«
    »Weil es Ihnen wichtig ist, dass man auf kleine Kinder aufpasst? Sind Sie deswegen ein Spinner? Nein.« Jury stand auf und versetzte Roy einen aufmunternden Tritt. »Cody, Sie sind ja ein richtiger Holden Caulfield. Ein Fänger im Roggen.«
    Jury ging davon, Roy dicht bei Fuß.
    Mir kann keiner.

36
    Melrose ging gerade den Kiesweg entlang, als er Jury aus dem Garten kommen sah. Er wartete an der Tür des Cottage auf ihn, und als Jury ihm gegenüberstand, sagte er: »Fahren Sie wirklich nach London zurück oder war das alles bloß leeres Gewäsch?«
    »Doch, doch, ich fahre -«
    Melrose machte die Tür auf.
    »- extra zurück, um Ihnen Ihre Black Diamond Gartenschere zu besorgen.«
    »Ach, wie amüsant, schönen Dank auch.« Melrose schleuderte seine Mütze auf den Stuhl, und Jury trat ein. »Sie waren da draußen ja eine enorme Hilfe.«
    »Ich fand die Art, wie Sie die alle haben auflaufen lassen, einfach großartig.«
    Melrose stand in der winzigen Küche und schüttelte den Teekessel. Dann hielt er ihn unter den kalten Wasserhahn. »Na ja, an meiner schnellen Auffassungsgabe lag es jedenfalls nicht. Eher an Diane Demorneys genauen Anweisungen. Weiche nie, nie, nie von etwas ab, das du als Tatsache behauptet hast. Diane ist schlimmer als General MacArthur. ›Und ich werde wiederkommen‹, ist für sie bloß Quatsch, ›Und ich werde nie weggehen‹, passt viel eher.«
    Jury lachte. »Ihr Teewasser kocht.«
    Während er den Tee abmaß und Wasser darüber goss, gab Melrose ihm eine kurze Zusammenfassung seines Gesprächs mit Rebecca Owen in der Küche. »Es ist offensichtlich, dass sie Mary und Flora liebte und Baumann hasste. Der hört sich an wie ein schrecklicher Chauvinist und scheint obendrein noch paranoid zu sein.«
    »Eifersüchtig war er, was? Das gehört bei Paranoia dazu.«
    »Sie interessierte sich besonders für Ihre Meinung. Danach hat sie mich mehrmals gefragt.«
    Jury lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. »Überrascht Sie das etwa? Sie fragt sich bestimmt, was an diesem Mord so fesselnd ist, dass Scotland Yard sich

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