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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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hatte fast etwas Magisches an sich. Oder vielleicht war es auch überhaupt nicht magisch. Jury wusste (neben zahlreichen anderen), dass ihr beim Anblick von Blut immer schlecht wurde. Einmal abgesehen vom Medizinstudium – bei der ersten Begegnung mit einer zerschnippelten Leiche wurde ja fast jedem leicht flau im Magen. Bloß dass die anderen darüber hinwegkamen. Nicht so Phyllis. Am Anfang, hatte sie einmal gemeint, hätte sie nach dem ersten Schnitt gleich auf die Toilette rennen und sich übergeben müssen. Danach konnte sie dann die Autopsie aber vollends durchführen. Bald schaffte sie die Autopsie bis zur Hälfte, bevor sie sich übergeben musste, dann fast die ganze, bevor Übelkeit sie überkam. Und inzwischen passierte es erst, wenn alles vorbei war. »Das ist eine unglaubliche Verbesserung. Eines Tages geht es vielleicht sogar ganz ohne.«
    Jury hatte gelacht. »So wie Sie es sagen, klingt es, wie wenn man mit dem Rauchen aufhört.«
    Sie überlegte. »Nein, das Rauchen aufgeben ist viel schwerer.«
    Das Ganze war ein Riesenwitz, fand auch Phyllis. Eine Gerichtsmedizinerin, die den Anblick von Blut nicht ertragen konnte!
    »Wieso sind Sie dann in diesem Gewerbe? Das ist ja, wie wenn Hannibal Angst vor Mauern gehabt hätte oder Admiral Nelson wasserscheu gewesen wäre. Es ist doch so anstrengend für Sie, Phyllis.«
    »Eigentlich nicht. Es ist bloß einen Moment etwas unangenehm. Und zugegeben, auch ein bisschen peinlich.«
    »Sie nehmen das alles so gelassen.«
    »Sie aber doch auch, wenn Sie eine Leiche auf der Straße liegen sehen, wie die kleine Alice Smith, mit dem Gesicht nach unten in ihrem eigenen Blut. Da bleibt Ihnen doch auch nichts anderes übrig, als sich nach außen hin gelassen zu geben.«
    Nun hob sie den Blick vom Seziertisch. Selbst hinter der Schutzbrille aus Kunststoff, die sie ebenso wie ihr Assistent trug, konnte er erkennen, dass ihre Augen grün waren.
    »Richard!«
    »Hallo, Phyllis.« Er nickte grüßend zum Tisch hinüber. »Ist das einer von Ihren Kunden, die Sie die ganze Nacht auf Trab halten?«
    »Nein, jetzt nicht mehr. Ich nehme an, Sie haben was ganz Bestimmtes im Sinn.«
    Er lächelte. »Richtig. Abendessen. Ich weiß ja, dass Sie vor einer Autopsie nichts essen.«
    Sie streifte die Handschuhe ab, entledigte sich in einer fließenden Bewegung des Mundschutzes und meinte an ihren Assistenten gewandt: »Sie können dann hier vollends fertig machen.«
    Das war es, was ihn so schmunzeln ließ, wenn er an Phyllis dachte. Sie vermittelte einem immer den Eindruck, als hätte sie auf einen gewartet. Und zwar ausschließlich.
    Sie kam auf ihn zu und blieb dann stehen, die Hand auf der Brust. Sie sah kurz zu Boden, hob dann den Kopf und sagte: »Warten Sie hier. Ich bin gleich wieder da.« Und sie eilte davon.
    Zur Toilette natürlich.
     
    Als Vorspeise bestellten sie Salat und als Hauptgericht Ente.
    Während Jury die Weinkarte inspizierte (mit der er sich so gut wie gar nicht auskannte), kam der Sommelier mit einer Flasche Burgunder an, die mit ihrem wachsversiegelten Korken aussah, als sei sie tausend Jahre alt, und die wahrscheinlich ein Pfund pro Jahr kostete.
    »Danke, aber den haben wir gar nicht -«
    Der Sommelier unterbrach ihn lächelnd. »Nein, Sir. Der kommt von Mr. Rice mit den besten Empfehlungen.«
    »Oh«, sagte Jury.
    »Meine Güte«, meinte Phyllis. »Das ist aber nett von ihm.«
    »Mr. Rice bat mich, Ihrer Bestellung nach einen passenden Wein auszuwählen«, fuhr der Sommelier fort. »Und da Sie sich für die Ente entschieden haben, dachte ich, der wird Ihnen munden.« Er setzte einen unkomplizierten Korkenzieher an, drehte und zog den Korken heraus. Dann schenkte er Jury ein wenig ins Glas.
    Jury nahm einen Schluck. »Herrlich.«
    »Danke, Sir.« Er schenkte ein und ging.
    »Mr. Rice«, sagte Phyllis, »muss Sie ja wirklich mögen.« Sie runzelte leicht die Stirn. »Der Name kommt mir bekannt vor. Kenne ich ihn?«
    Jury nickte. »Sie sind ihm schon mal begegnet. Nell Ryder. Cambridgeshire.«
    »Natürlich.«
    »Vernon Rice war ihr Stiefonkel.« Er schaute in sein Weinglas. »Er liebte sie. Er liebte sie wirklich sehr.« Wie kam es, dass er in letzter Zeit alles wiederholte? Als reichte es nicht aus, das, was er sagen wollte, nur einmal zu sagen. Er kam sich ziemlich dumm dabei vor. »Ich habe ihn angerufen, um heute Abend überhaupt einen Tisch zu bekommen. Normalerweise ist das Aubergine Wochen im Voraus ausgebucht.«
    Der Kellner war mit ihren Salaten

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