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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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Jury wandte sich um und ging zur Tür.
    »Ich rufe jetzt den Polizeichef an, Mr. Jury.«
    Jury drehte sich lächelnd um. »Bestellen Sie ihm schöne Grüße.«

42
    Am nächsten Morgen rief er Johnny Blakeley an.
    Johnny sagte: »Viktor Baumanns Namen hat sie zwar nicht genannt, aber dafür sieben andere rausgerückt. Wir haben sie herbestellt, alles ganz prominente Geschäftsmänner im Finanzdistrikt. Sind mit Baumann dick befreundet, haben es bloß noch nicht zugegeben, die Drecksäcke. Schon erstaunlich – diese Leute reden sich tatsächlich ein, sie würden den Kindern nicht schaden, ja fungierten sogar als deren Wohltäter. Damit sie ihre ›Sexualität‹ begreifen. Bei einem fünfjährigen Kind, verdammt noch mal.«
    »Sie sind sich also ziemlich sicher, dass einer von denen Viktor Baumanns Namen nennen wird?«
    »Worauf Sie sich verlassen können. Überlegen Sie mal – denen kann doch wohl kaum daran gelegen sein, dass es publik wird. Sie wären ruiniert. Ich gehe also folgendermaßen vor: Wer als Erster mit Baumann herausrückt, bekommt Straffreiheit zugesichert und bleibt anonym.«
    »Wieso zum Teufel sollten die Baumann gegenüber denn irgendeine Loyalität verspüren?«
    »Das tun sie doch gar nicht.« Johnny überlegte einen Augenblick. »Außer es ist ihm gelungen, seine Hände in Unschuld zu waschen. Außer die haben wirklich keine Ahnung, wer dahinter steckt.«
    Jury sagte: »Ah. Aber das ist doch gewissermaßen der Kitzel an der ganzen Sache, nicht? Das gemeinschaftliche gesetzeswidrige Treiben. Bei Whiskey und Zigarren im Klub zu sitzen, zusammen mit den anderen aus der Baumann-Bande und darüber zu reden.«
    »Wir haben doch jede Menge Augenzeugen. Niemand will, dass diese Kinder als Zeugen vor Gericht aussagen müssen, aber können Sie sich vorstellen, wie das einschlagen würde? Die Zeugenaussage dieser zehn kleinen Mädchen? Nein, nein. Die würden alle versuchen, einen Rückzieher zu machen. In einem Prozess hätten die doch nicht den Hauch einer Chance. Das ältere Mädchen -«
    Jury hörte Papierrascheln und fügte den Namen ein: »Samantha Burns. Ich werde Samantha einen Anwalt besorgen.«
    »Und was ist mit Ihnen selbst, Richard?«
    »Sie meinen, ob ich einen habe?«
    »Ja.«
    »Noch nicht. In einer Stunde bin ich mit einem verabredet.«
     
    Chief Superintendent Racer stellte Jury dieselbe Frage, allerdings ohne das Mitgefühl, das bei Johnny durchgeklungen hatte.
    »Ich bin mit Pete Apted verabredet«, sagte Jury mit einem übertrieben deutlichen Blick auf seine Armbanduhr. »In einer Viertelstunde.«
    »Aha, jetzt fahren wir also die schweren Geschütze auf, was?«
    »So ist es. Wir werden sie brauchen.«
    Racer musterte Jury mit einem Blick voller Argwohn. Machte der sich nun über ihn lustig oder nicht? »Wieso lächeln Sie? Sie nehmen diese ganze Chose überhaupt nicht ernst, was? Das Ganze ist unglaublich peinlich für den Yard. Aber sollen uns ruhig die Eier ins Gesicht fliegen, nicht wahr?«
    »Für mich ist ein Lächeln so etwas wie ein Schirm an einem regnerischen Tag.«
    Das Lächeln galt übrigens dem Kater Cyril, der gegenwärtig ganz hoch oben auf dem Bücherregal zu Racers rechter Seite hockte. Ebenfalls eines seiner Lieblingsplätzchen. Cyril blickte herunter, und sein Schwanz zuckte. Zuck. Zuck. Ein untrügliches Zeichen, dass dieses Gespräch bald beendet sein würde.
    »Na, da werden Sie diesmal aber was Besseres als einen Schirm brauchen, Freundchen. Gott, wie konnten Sie bloß so dumm sein?«
    Interessant fand Jury den besorgten Unterton in der Stimme seines Vorgesetzten. Der hatte Jury schon so oft zur Rede gestellt, und immer war es auf die gleiche Weise verlaufen, als ließe sich durch dieses rituelle verbale Sperrfeuer die Gefahr auf irgendeine Weise beseitigen. Wie durch einen religiösen Gesang. Racer wollte Jury vielleicht gar nicht so unbedingt loswerden, wie er sich gern einredete. Jury war in zu vieler Hinsicht dienlich, nicht zuletzt wegen seiner Aufklärungsquote. Niemand war besser als er.
    Gleich würde Racer sich von seinem Stuhl erheben, die Hände auf dem Rücken verschränkt auf und ab gehen und so tun, als sei er tief in Gedanken versunken. Auf diesen Moment hatte Cyril schon gewartet. Als Racer hinter seinem Stuhl stand, stürzte Cyril sich vom Bücherregal, vollführte einen anmutigen Bogen in der Luft und landete auf Racers Schulter. Von dort sprang er zu Boden und floh aus dem Zimmer.
    Dem Kater sofort auf den Fersen (ohne ihn aber je zu fassen

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