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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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verwundert an. »Nein, hab ich nicht. Sie war nett.«
    »Zu Hause bei deiner Tante in Little Comfort hast du doch immer mit ihr gespielt, nicht?«
    »Ihre Mum hat sie hergebracht.« Sie hörte auf, die Erde herumzuschieben, kam herüber und stützte sich auf die Armlehne der Bank auf. »Manchmal haben wir Karten gespielt.«
    Jury blieb eine Weile reglos sitzen, die Arme über der Brust verschränkt. »Alles in allem und obwohl es am Anfang bestimmt schrecklich schwierig war, hat es doch bestimmt viel Spaß gemacht.«
    Sie hörte auf, an der Banklehne herumzuschwingen und sah ihn verblüfft an. »Was hat Spaß gemacht?« Ihr Ton war neutral, nicht verwundert und nicht sehr überzeugend.
    Jury breitete die Arme aus. »Das alles hier: du und Roy und deine Tante. Und Angel Gate. Der Garten, der Himmel.« Der war strahlend blau. Es war herrlich hier, mit dem Licht, das durch die Bäume strömte und sich über die Blumenbeete ergoss.
    »Ach, ist mir doch egal«, sagte sie.
    Hatte sie es in dem Moment begriffen und war bereit, wie Joey, die Sache bis zum bitteren Ende durchzustehen? Jury lächelte. Hatte sie kapiert oder nicht? Er fühlte sich an der Nase herumgeführt. Dabei musste er schmunzeln: dass er sich von einem siebenjährigen Mädchen Märchen auftischen ließ, dass er sich lahm legen, schräg angehen und beschwindeln ließ. »Hast du beim Kartenspiel denn normalerweise immer gewonnen?«
    »Immer. Ich hab immer gewonnen.« Nun hatte sie die Armstütze der Bank gepackt und lehnte sich zurück.
    »Weißt du, was du mal werden solltest?«
    »Nö. Was denn?«
    »Eine, die in Vegas beim Blackjack die Karten austeilt.«
    »Ha, witzig. Was ist das?«
    »Hm, sobald du herauskriegst, was es ist, musst du es unbedingt werden, denn du wärst bestimmt eine Wucht. Alle würden auf dich schauen. Las Vegas ist ein einziger großer Spielpalast. Du bist jetzt sieben. Bis du siebzehn bist, liegt dir die ganze Stadt zu Füßen.«
    Sie blickte auf ihre Füße hinunter, als überlegte sie, ob sie dort gern eine ganze Stadt liegen haben wollte. Sie schürzte die Lippen. »Was für Spiele?«
    »Solche, bei denen man schnell denken und eine undurchdringliche Miene aufsetzen muss. Solche, bei denen man absolut nichts rauslässt.« Er beugte sich näher. »Und wo man sich, wenn man schlau ist, seine Wetten sichert.«
    Der Bank den Rücken zugekehrt, turnte Lulu herum und beugte sich mit dem Gesicht nach unten über die Lehne. »Ich weiß nicht, von was Sie reden. Was ist Lost Vegas?«
    »Las Vegas ist eine Stadt, in der jeder ein Spieler ist. Du weißt schon, wo man Wetten setzt und viel Geld gewinnt. Oder verliert. Da kannst du mit einer Wette Tausende von Pfund gewinnen. Oder verlieren.«
    »Kann man auch fünfzig Pence wetten?«
    »Jede beliebige Summe. Aber du könntest ja vielleicht den Blackjacktisch betreiben. Du würdest vermutlich deinen Namen ändern wollen, denn Lulu klingt nicht besonders typisch nach Vegas. Du magst doch französische Namen. Deinen Hund hast du ›Roi‹ getauft. Du könntest dich doch Geneviève nennen oder Fleur.«
    »Nein. Den fand ich immer scheußlich -« Sie fuhr plötzlich erschrocken zurück. Die Hände auf die Wangen gepresst, starrte sie ihn fassungslos an.
    »Du fandest Fleur immer scheußlich? Wie denn das?«
    »Jetzt haben Sie mich reingelegt!«
    Jury sah zum Himmel. »Na, ich weiß nicht. In die Falle gelockt, vielleicht.«
    »Komm, Roy! Wir gehen!«
    Jury kam Roy zuvor. »Ach! Wo gehst du denn hin?«
    »In die Küche. Zum Tee!«
    »Darf ich euch Gesellschaft leisten?«
    »Nein!« Sie marschierte davon.
    Roy schaute Jury unschlüssig an, dann lief er ihr hinterher.
    Und Jury folgte.

48
    Wäre ihre Tante in der Küche gewesen, hätte die Kleine es ihr sicher erzählt – sie vorgewarnt -, doch Rebecca Owen war nirgends zu sehen. Declan Scott und Melrose jedoch standen beide am Spülbecken und tranken ihren Tee aus großen Henkelbechern.
    »Mr. Jury«, sagte Declan Scott. »Ich hatte gerade Commander Macalvie am Apparat. Er sagte, er sei noch in Launceston und käme gleich herüber.«
    Melrose hob grüßend seinen Becher, sagte jedoch nichts.
    Lulu war damit beschäftigt, aus zwei verschiedenen Packungen Hundefutter in Roys kleine Näpfe zu schütten. Dazu gab sie ein wenig Rührei, das sie offenbar vom Frühstück noch aufgehoben hatte.
    Melrose sagte: »So wie du den Hund fütterst, wird er noch dick und fett.«
    »Der braucht viel zu fressen. Der hatte nämlich ein schreckliches Leben«,

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