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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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nicht, er hätte mir nicht Leid getan. Deshalb brachte ich sie letztlich auch hierher.«
    »Aber wie konnte das kleine Mädchen dieses Spiel denn durchhalten?« Macalvie stand vor einem Rätsel.
    Jury sagte: »Es ging einfach darum, alle Teller in der Luft zu behalten.«
    Macalvie musterte ihn ratlos. »Was zum Teufel soll das heißen?«
    Jury lächelte. »Sie wollte sehen, wie weit sie gehen konnte. Es war ein Spaß – das Schicksal herauszufordern. Ab und zu ließ Lulu eine kleine Andeutung fallen – stimmt’s, Miss Owen?« Rebecca nickte und lächelte unmerklich. »Etwa, als sie uns erzählte, es gäbe da einen Ort, der nach ihr benannt sei. Den gibt es tatsächlich: Floras Green. Sie wollte sehen, ob wir wohl so schlau wären, dass uns das auffiel?«
    »Das hat mich ganz panisch gemacht. Ich hatte schon Angst, sie würde sich verraten.«
    »Und wir Polizisten, wir Detektive sind nicht drauf gekommen. Lulu wollte durchhalten, bis die letzte Karte ausgespielt war. Buchstäblich. Sie würde eine großartige Falschspielerin abgeben.«
    Cody lächelte. »Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Und ich habe nicht einmal gemerkt...«
    »Lassen wir das.« Macalvie funkelte beide wütend an.
    »Aber diese Lena Banks, Miss Owen«, ließ sich Wiggins vernehmen. »Was war denn damit? Wie fand die... wie fanden die beiden denn heraus, dass Lulu gar nicht Lulu war?«
    Rebecca wandte sich ab. »An den weißen Kreuzen.«
    Jury runzelte die Stirn. »Sie meinen die, die Flora auf die Bäume vorm Haus gemalt hat?«
    Sie nickte. »Eine Zeit lang hatten sie einen Privatdetektiv auf mich angesetzt. Viktor kannte mich doch, wie Sie wissen. Er wusste, wie loyal ich gegenüber Mary war. Als Lulu und ich dann nach Angel Gate zogen, stand das Cottage in Little Comfort leer. Er konnte zwar nicht hinein, aber er konnte sich draußen umsehen, was er auch tat. In einem kleinen Waldstück ganz in der Nähe entdeckte er Bäume mit weißen Kreuzen. Nicht einmal ich wusste etwas davon.«
    »Ihr Privatdetektiv«, sagte Jury, »war vermutlich der reisende Baumdoktor, der eines Tages an die Haustür kam und Declan Scott fragte, ob er die Bäume gefällt haben wollte, die mit weißen Kreuzen markiert waren. Und Declan lachte und erklärte ihm, nein, die weißen Kreuze hätte seine Tochter aufgemalt.«
    »Ich werd verrückt«, sagte Macalvie. Es entstand eine Pause. Dann fragte er: »Wieso haben Sie die Frau eigentlich hier erschossen? Damit lenkten Sie den Mordverdacht doch auf Declan Scott.«
    Rebecca schüttelte abwehrend den Kopf. »Das wusste ich ja nicht. Ich hatte keine Ahnung, dass sie die Fox war. Ich hatte gehofft, Sie würden Viktor Baumann damit in Verbindung bringen.«
    »Woher wussten Sie, dass es eine Verbindung gab?«, sagte Cody. »Sie kannten die Frau doch gar nicht. Keiner hier kannte sie.«
    »Lena Banks sagte mir, wer sie ist. Es sprach ja nichts dagegen, dass ich es erfuhr. Ich musste mich so oder so fügen. Nach außen hin tat ich auch so, als hätte ich mich gefügt. Ich hätte Ihnen gleich sagen können, dass Viktor kein Mensch ist, der sich etwas mit Gewalt nimmt. Er würde Flora nicht kidnappen. Er würde nie vorfahren und sie in sein Auto zerren. Auf keinen Fall. Der Mann ist doch ein Psychopath, merkt man das denn nicht? Der muss die Illusion aufrecht erhalten, dass die Leute freiwillig mit ihm gehen.« Sie hielt inne und holte tief Luft. »Die Waffe gehörte Mary. Ich bezweifle, dass Declan überhaupt wusste, dass sie eine besaß. Sie können sich ja denken, dass sie das Gefühl hatte, sie bräuchte eine.«
    Macalvie nickte. Offensichtlich hasste er das, was er hier tun musste, und tat es nur widerwillig. »Wir müssen Sie jetzt wohl mitnehmen, Miss Owen.«
    Zögernd zog Cody die Handschellen aus seinem Gürtel. Auf Macalvies Kopfschütteln hin steckte er sie wieder weg. Die drei durchquerten das Speisezimmer, Jury folgte als vierter in gewissem Abstand.
    Sie saßen an einem Tisch vor dem Kaminfeuer und spielten Karten – Declan, Patricia Quint und Lulu. Jury konnte sie sich nur so denken. Sie war nun einmal Lulu. Pat Quint lachte und versetzte Lulu mit ihren Karten einen kleinen Klaps. Die drei wirkten so unbefangen und sorglos, und Jury wusste, dass Lulu es ihnen noch nicht gesagt hatte. Ja, sie würde das Spiel so lange wie möglich aufrecht erhalten, würde nicht nachgeben, würde die Karten, die sie auf der Hand hatte, nicht zeigen, würde die anderen nicht auffordern, die Karten ihrerseits auf den Tisch zu legen.

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