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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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darauf geachtet. Heute wäre ich froh, ich hätte es getan.«
    Weil sich in der Stimme seines Frauchens Tränen ankündigten, richtete der Hund seinen Blick auf sie und dann abrupt wieder auf Macalvie und Jury. Dabei sah er aus, als hätte er vor, es den Verursachern ihres Ungemachs heimzuzahlen.
    »Diese Familie«, fuhr sie fort, »hat wirklich mehr als genug Tragisches durchgemacht, das muss man wirklich sagen. Und dann das.«
    »Sie denken an Flora?«, sagte Macalvie.
    »Die arme Kleine! Und dass sie nie erfahren werden, warum. Das ist doch schrecklich!«
    Sie saßen wieder im Winds of Change, diesmal tranken beide Kaffee. Cody war wieder im Billardzimmer. Es gab immer noch nichts zu essen, da noch nicht Abendessenszeit war. Jury hatte sich über ein Schälchen Salzstangen hergemacht und sprach über die Schießerei in der Hester Street und Johnny Blakeleys laufende Ermittlungen.
    »In den Rücken geschossen. Ein kleines Kind. Mein Gott!«
    »Wo dieser Baumann die Hand im Spiel hat, scheint es sich immer um kleine Kinder zu drehen.«
    »Blakeley ist ein guter Polizist. Der lässt nicht locker.«
    Jury lachte. »Genau das hat er über Sie auch gesagt.«
    Jetzt mampfte Macalvie die Salzstangen.
    »Lassen Sie mir auch noch welche übrig, Mann. Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen.«
    »Scotts Haushälterin soll Ihnen was zaubern. Sie ist eine Wahnsinnsköchin.«
    »Ja, okay.« Jury trank seinen Kaffee vollends aus.
    »Scott ist ein trauriger Mensch, aber ein großartiger Gastgeber.«
    »Was wir vorhaben, hat wohl kaum mit Gastlichkeit zu tun.«
    »Gehen Sie und reden Sie mit ihm.« Macalvie sah Jury an. »Ich meine, sobald Sie mit dieser Salzstange fertig sind.«

8
    Zehn Minuten später waren Jury und Cody Platt wieder auf der A30. Als sie am Little Chef vorbeifuhren, war Jury genauso zumute wie Wiggins wohl jedes Mal, wenn die Aussicht auf eine schöne Tasse Tee und Bohnen auf Toast lockte. Bloß dass es bei Wiggins eher Seelenhunger als tatsächlich Kohldampf war. Jury machte kurzen Prozess und wies Cody Platt an, beim nächsten Little Chef anzuhalten oder gleich bei einem dieser Imbisswagen, die am Straßenrand standen.
    Nach weiteren zwanzig Meilen bog Cody auf den Parkplatz eines Little Chef ein.
    Drinnen, vor sich einen vollgehäuften Teller mit so ziemlich allem, was auf der Speisekarte war, wollte Jury von Cody wissen, wie es mit den Ermittlungen um das Verschwinden von Flora Scott stand.
    Cody trank Tee und biss gelegentlich von seinem Toast ab. »Manchmal dachte ich, so musste es gewesen sein.«
    »Wie denn?«
    »Dass sie sich einfach in Luft aufgelöst hatte. Wie bei einem Zaubertrick.« Cody hatte seine dunkle Brille auf die Stirn hochgeschoben. Zum ersten Mal sah Jury tatsächlich seine Augen. Sie waren von einem etwas beunruhigenden Steingrau, als hätte das Licht die Farbe aus ihnen herausgewaschen. Dabei waren sie weder kalt noch hart. Es war, als spürten die Augen diesen Verlust an Farbe, so wie man den Verlust eines Menschen spürt, und es machte sie traurig.
    Die Kellnerin – Joanie, stand auf dem Namensschildchen an ihrem Kragen – brachte wieder Tee und Kaffee. Sie lächelte, als wären die beiden das Tollste, was ihr während ihrer Schicht bisher widerfahren war. Jury erwiderte ihr Lächeln. Als sie sich von ihrem Tisch entfernte, rempelte sie glatt gegen einen anderen.
    Cody fuhr fort. »Die Scotts müssen einmal ziemlich viel Einfluss in der Gegend gehabt haben. Floras Großmutter wiederum, Alice Miers, lebt in London. Sie war damals sofort zur Stelle, ein Fels in der Brandung, verstehen Sie, so ein Mensch, wie es ihn in jeder Familie geben sollte. Ich glaube, Mary wäre völlig zerbrochen, wenn ihre Mutter nicht bei ihr gewesen wäre. Na, jedenfalls habe ich noch nie so viele Polizisten an einem Tatort gesehen. Wir waren bestimmt fünfundsiebzig oder gar eine Hundertschaft und durchsuchten jeden Zentimeter des Parks von Heligan und diese Grotte. Gefunden haben wir rein gar nichts, kein Haarband, keinen bei einem Kampf verloren gegangenen Schuh – im Film bleibt doch immer ein kleiner Schuh zurück, nicht? Oder ein blaues Täschchen, von dem die Mutter behauptete, Flora hätte es bei sich gehabt. Nicht einmal das tauchte auf. Ich hätte gedacht, so etwas hätte sie doch bestimmt fallen lassen.«
    »Das hätte der Entführer doch aufgehoben.« »Wahrscheinlich.« Er schob den Teller mit Toast zur Seite und beugte sich über die glänzende Tischoberfläche. Als wäre der Bericht höchst

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