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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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einfach hinausgetragen, wie ein schlafendes Kind, den Kopf über der Schulter des Täters.«
    Macalvie rührte seinen Kaffee um. »Gut sind Sie, vielleicht sollten Sie damit Ihr Geld verdienen.«
    »Danke.«
    »Dass keine Lösegeldforderung gestellt wurde, brachte Mary Scott schließlich auf den Gedanken, es sei ihr Exmann gewesen, Viktor Baumann.«
    »Mit dem habe ich gesprochen. Ich kam aber zu keinem Schluss, außer vielleicht, dass er arrogant ist und sonst noch einiges.«
    »Damals sah alles so aus, als stecke er dahinter. Andererseits hätte es aber auch eine jener Kindsentführungen sein können, bei der der Täter – in neun von zehn Fällen eine Frau – sich nur das Kind schnappen will und es auf das Geld gar nicht abgesehen hat. Wir konnten also nicht viel machen. Verdammt, wir konnten überhaupt nichts machen, weil die Spur nämlich da aufhörte.
    Mary Scott gab sich die Schuld, weil sie Flora aus den Augen gelassen hatte. Das tun Eltern wohl immer, nicht? Ich sagte ihr, man kann sein Kind doch nicht vierundzwanzig Stunden am Tag beaufsichtigen. Unmöglich. Wenn jemand fest entschlossen war, Flora zu entführen, dann hätte er dazu jede Menge Möglichkeiten finden können.« Macalvie schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Die Tote kam Scott bekannt vor, und da fiel ihm auch wieder ein, dass er sie einmal in Begleitung seiner Frau in London gesehen hatte. Er war nämlich mit Mary dort gewesen, um Weihnachtseinkäufe zu machen. Sie nahmen sich bei Brown’s ein Zimmer und fuhren am nächsten Tag wieder zurück. Scott hatte einige Kunstgalerien besucht und nach einem Bild gesucht, das er seiner Frau schenken wollte. Er fand auch eines, hat ihn wahrscheinlich ein Jahreseinkommen gekostet – Ihres, meine ich, nicht meins...«
    »Sehr witzig.«
    »... und als er das Hotel betrat, sah er Mary in der Lounge beim Tee mit einer ihm unbekannten Frau. Er wollte nicht stören und außerdem sollte Mary auch nicht sehen, was er da trug – Form und Größe des Paketes nach offensichtlich ein Gemälde -, also ließ er sich von einem Hotelbediensteten dabei helfen, es unkenntlich zusammenzuschnüren und im Kofferraum ihres Wagens zu verstauen. Als er danach in die Hotelhalle zurückkehrte, waren die beiden Frauen verschwunden. Das war kurz vor fünf gewesen. Mary musste noch einmal weggegangen sein, denn er sah sie erst nach sechs Uhr wieder. Sie behauptete, sie sei bei Fortnum & Mason und in der Jermyn Street gewesen und hielt so eine kleine Einkaufstüte von Links in die Höhe. Als er sie fragte, wer denn ihre Freundin gewesen sei, stellte sie sich erst dumm, als wüsste sie nicht, wovon er redete. Als er sagte, er habe sie in der Hotelhalle beim Tee gesehen, tat sie so, als wäre es ihr gerade wieder eingefallen, und sagte, ach ja, richtig, eine alte Schulfreundin, die habe sie ganz zufällig getroffen. Als er fragte, von welcher Schule denn, tischte sie ihm die Roedean auf.«
    »Wie hieß die Frau?«
    Macalvie schüttelte den Kopf. »Das sagte Mary Scott nicht. Und ihr Mann fragte auch nicht danach. Er sagte, wenn sie es ihm hätte verraten wollen, hätte sie es getan. Scott hat viel Gespür für die Privatsphäre seiner Mitmenschen.«
    »Und der Ehemann ist auch der Einzige, der eine Verbindung zu Mary herstellen konnte?«
    Macalvie nickte. »Das Polizeifoto hat auf diesem Mädcheninternat niemand erkannt, keiner kann sich an die Frau erinnern. Wieso sollte Mary lügen, in einer Sache, die wir so leicht nachprüfen können?«
    »Sie kam nicht auf den Gedanken, dass es einen Grund geben könnte, es nachzuprüfen. Sie konnte ja nicht ahnen, dass auf ihrem Landsitz ein Mord passieren würde.«
    »Nein, natürlich nicht.« Macalvie zuckte die Achseln. »Wo ist eigentlich Wiggins?«
    »Der kommt noch.« Zu Jurys größter Überraschung hatte Macalvie Sergeant Wiggins schon immer gut leiden können.
    Macalvie rief Cody herüber und knallte einen Zehner auf den Tresen. Während der Barkeeper ihm Wechselgeld herausgab, meinte er: »Dann wollen wir mal sehen, wie weit ich mit der Nächsten komme. Einer gewissen Dora Stout. Die war dreißig Jahre lang Köchin bei Scott.«
    Platt hatte sich im Schneckentempo an die Bar bewegt. »Soll ich da wirklich mitkommen, Chef? Ich meine, drei Leute, da kriegt die doch vielleicht Angst.«
    »Bestimmt. Nein, Sie sollen sie nur schnell anrufen.«
    Cody nickte und zog ein Handy aus der Innentasche.
    Aus seiner eigenen Tasche brachte Macalvie einen zerknüllten Zettel zum Vorschein,

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