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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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Autos, Fernseher. Jury bezweifelte auch nicht, dass es einen unverhofften Geldsegen gegeben hatte, höchstwahrscheinlich von Declan Scott. Dieser hatte wohl nicht unerheblich dazu beigetragen, ihren Unmut darüber zu mindern, dass Mary Scott so glimpflich davongekommen war.
    »Die äußeren Umstände…« Jury konnte sich den Hinweis nicht verkneifen, »... waren in jener Nacht alle denkbar ungünstig: die Verkehrsampel funktionierte nicht richtig, es war finster, es regnete, Elsie trug schwarze Kleidung.«
    »Trunkenheit, das war’s, würd ich mal meinen«, sagte Maeve. »Ein Stück weiter war doch das Pub.«
    Nun zuckte selbst der engelsgeduldige Wiggins gequält zusammen. »Ein Stück weiter ist immer ein Pub.« Er lehnte sich ganz hinüber auf die andere Seite seines Ohrensessels. Petey hatte die dicken Arme über dem Mantel verschränkt.
    »Petey«, sagte Jury, »kommst du mal her und tust mir einen Gefallen? Ich möchte mir was anschauen.«
    Petey riss die Augen auf und schien zu bezweifeln, dass es etwas Besseres anzuschauen gäbe als Sergeant Wiggins.
    »Na, komm.« Jury machte eine auffordernde Geste.
    Schließlich gab Petey seine Stellung neben dem Sessel auf und ging zu Jury hinüber. Wiggins machte ein Gesicht, als würde er gleich heulen vor Erleichterung.
    »Dort drüben auf dem Sims« – Jury deutete auf den offenen Kamin – »bringst du mir mal eins von Elsies Fotos, ja?«
    Petey ging zum Kamin, streckte die Hand aus und holte ein Bild herunter, das er Jury überreichte.
    »Danke.«
    »Bist ein schlauer Junge«, sagte seine Mutter. Sie hatte eine Art, zu dem Jungen zu sprechen, als wäre er ein Tanzschwein.
    Jury sah in ein Gesicht, das dem ihres Bruders deutlich ähnelte, nur etwas schärfer gezeichnet war. Hübsch war sie nicht, wäre auch später als Erwachsene nicht hübsch geworden. Jury sah Maeve direkt in die kleinen Augen, die sich blitzschnell abwandten. Er wollte sie in einem unbedachten Moment erwischen, wusste aber nicht, ob das möglich war. »Sie fehlt Ihnen bestimmt sehr.«
    Die Augen, mit vorbereiteter Träne, schwenkten wieder zu ihm zurück. »Aber ja, natürlich fehlt sie uns.«
    Jury stand auf, und Wiggins tat es ihm – sichtlich erleichtert – nach. »Wir haben Sie jetzt lange genug aufgehalten.«
    »Ach, aber Sie haben ja Ihren Tee gar nicht angerührt.« Die Tassen standen immer noch auf dem Tablett.
    Jury schenkte sich die Antwort darauf. »Besten Dank, Sie haben uns sehr geholfen.«
    Petey, den allgemeinen Aufbruch ahnend, war gar nicht zufrieden. »Nah, nah, nah«, rief er, an Wiggins’ Mantel zerrend.
    Nur mit Mühe konnte Wiggins sich beherrschen, ihn nicht mit einem kräftigen Klaps zu vertreiben.
     
    »Diese Eltern sind einfach unmöglich«, meinte Wiggins, als sie wieder ins Auto stiegen. »Man sollte doch meinen, die machen was wegen dem Jungen, oder? So wie der sich da über meinen Sessel gehängt hat.«
    »Ich glaube, sie mögen den Jungen nicht besonders, Wiggins. Und geben sich wahrscheinlich nicht viel mit ihm ab. Cody Platt hatte wohl Recht. Es gibt da keine echte Verbindung, zu keinem der beiden Kinder. Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass William Hardcastle so weit ginge, es den Scotts heimzuzahlen, indem er Flora Baumann entführt.«
    Schweigend fuhren sie die steile Straße durch Mevagissey wieder bergan, dann weiter durch die Landschaft.
    »In Floras Fall tappen wir also weiter im Dunkeln, was?«, sagte Wiggins.
    Eine Weile sah Jury schweigend zu, wie die Scheibenwischer den Regen von der Windschutzscheibe schoben. Wiggins fuhr mit relativ normaler Geschwindigkeit. Der Regen hatte etwas Beruhigendes, fand Jury und lehnte sich gegen die Kopfstütze.
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    »Hm? Ja. Eines kam allerdings nicht zur Sprache, obwohl die Alternative eigentlich nahe liegend ist: Ob Flora sie kannte?«
    »›Sie‹? Sie glauben also, es war eine Frau?«
    »Könnte doch sein. Eine Frau wirkt weniger bedrohlich als ein Mann. Und wenn Flora sie kannte, war sie vielleicht gar nicht bedrohlich. Nichts war zu hören, überhaupt nichts, laut Aussage von Mary Scott, die bestimmt bloß ein paar Meter entfernt war.«
    »Was ist, wenn sie doch weiter weg gegangen wäre? Vielleicht wollte sie nicht zugeben, dass sie unvorsichtig gewesen war und nicht richtig auf Flora aufgepasst hatte?«
    »Sie haben Recht. Das können wir nicht wissen. Ich nehme aber mal an, dass Mary Scott die Wahrheit sagte. Mir scheint nicht, dass sie eine unachtsame Mutter war, ganz und gar

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