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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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wo Sie das herhaben.«
    Melrose musterte Jury nachdenklich und kaute auf der Lippe. »Das war jetzt aber kein Kompliment, oder?«
    »Deshalb setze ich Sie ja auch ein.«
    »Lieber würde ich hören, ›Deshalb bezahle ich Sie ja auch.‹«
    »Na, jetzt aber halblang. Sie sind sowieso schon viel zu reich.«
    Melrose seufzte und ließ den Kopf gegen die Rückenlehne seines geblümten Sessels fallen. »Manchmal wünschte ich, ich wär’s nicht.«
    »Was, reich?«
    »Ja.«
    »Nein, tun Sie nicht.«
    »Sie haben Recht; tu ich nicht.«
    Jury stellte seine Henkeltasse auf den Tisch und versetzte Plant einen kleinen Stupser ans Bein. »Und jetzt suchen wir Lulu.«
     
    Das Gesichtchen am Küchenfenster verschwand sofort, als Jury und Plant auf dem von leuchtendrosa Rhododendron gesäumten Weg näher kamen. Zwar war es jetzt im März noch recht kalt, doch zeigte sich im Garten schon kräftig Farbe.
    Jury sagte: »Kommen die denn durch den Winter?«
    »Die kommen durch den Rest des Jahrhunderts, wenn’s nach den Macmillans geht. Die mögen bunte Farbspritzer. So viel wie möglich. Als ob es die Farben regnete und sie Pfützen hinterließen.«
    Roy kam auf sie zugeschossen, rannte im Kreis herum und bog dann vom Weg ab und sauste geradeaus.
    »Der will die Herde zusammentreiben. Der hält uns für Schafe. Border Collies sind sehr intelligent.«
    »Roy ist doch kein Border Collie, Menschenskind. Ein ganz schlichter Köter ist das.«
    Melrose wandte sich um, als von der rechten unteren Gartenecke her ein Ruf ertönte.
    »Das ist Millie Macmillan. Ich gehe mal hin und frage, was sie will. Sicher kommt hinter Roy jetzt gleich Lulu angelaufen.«
    Melrose ging und Jury blieb mitten auf dem Weg stehen. Jetzt, wo Plant weg war, setzte sich Roy mucksmäuschenstill hin, ganz normal, mit heraushängender Zunge. Er sah Jury an und gähnte, wie um anzudeuten, nun könnte er sich endlich ein wenig Ruhe gönnen. Vielleicht stellte Plant für ihn eine Art sportliche Herausforderung dar – ganz im Gegensatz zu Jury. Trotzdem wirkte der Hund irgendwie erwartungsvoll, wie in Habachtstellung, als wartete er bloß darauf, dass dieser Mensch sich von der Stelle rührte. Jury schaute sich nach einem Ball oder Stock um, den er für ihn werfen könnte, und sah ein geflochtenes Stück Seil, ein Kauspielzeug, in der Hecke liegen. Er nahm es, und als er sich wieder aufrichtete, stand wie aus heiterem Himmel plötzlich ein kleines Mädchen vor ihm.
    »Ah, du bist sicher Lulu«, sagte er mit seinem freundlichsten Lächeln.
    Sie klemmte sich eine glatte schwarze Haarsträhne hinters Ohr. »Stimmt.« Sie musterte ihn eingehend. »Und das ist Roy.« Sie deutete auf den Hund. »Das ist eigentlich französisch, r-o-i, und bedeutet König, aber wir nennen ihn einfach Roy.«
    »Ich heiße Richard.« Er schleuderte das Seilstück mit einem, wie er fand, ziemlich gelungenen Schwung über die Hecke. Roy zischte los wie eine Rakete, bis er nur noch ein schwarzweißer, verschwommener Fleck war. »Das ist der schnellste Hund, den ich je gesehen habe.«
    Die Hände hinter dem Rücken, wippte Lulu auf den Hacken auf und ab, als wartete sie auf irgendetwas.
    Das dunkle Haar mit den Ponyfransen verdeckte ihre Stirn, und die melancholischen blauen Augen versanken hinter einer großen, unvorteilhaften Brille. Weder die Brille noch die Ponyfransen konnten ihr herzförmiges, fein geschnittenes Gesicht jedoch ganz verbergen.
    Hinter ihnen stand eine weiße Eisenbank. Jury setzte sich und streckte die Beine aus. »Bei deinem Hund wird man ja schon vom Zusehen müde.«
    »Sie sind wahrscheinlich Polizist.« Sie trat ein wenig näher an die Bank.
    »Stimmt. Woher wusstest du das?«
    »Weil andauernd welche hierher kommen.«
    »Komm, setz dich doch!«
    »Okay.« Sie setzte sich schräg von ihm hin, um sein Gesicht sehen zu können, das sie mit offenbar großem Interesse musterte. »Sie sind wahrscheinlich wegen dem Mord gekommen.«
    Er nickte. »Die Polizei ist mehr oder weniger am Ende ihres – hm, wir sind ratlos.«
    »Weiß ich.« Sie seufzte tief (etwas theatralisch) und schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich schade.« Was es natürlich nicht war. »Einer von den Polizisten war gestern Abend da, einer von diesen Macs und hat Sachen gefragt. Viel gewusst hat er nicht.«
    Einer von den Macs? Jury bohrte nicht weiter.
    »Meine Mum und mein Dad hatten einen Autounfall. Sie sind beide gestorben. Ich war aber nicht dabei.«
    Ihre Stimme war leiser geworden, ihr Ton klang

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