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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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steckte er dahinter. Sie fand es merkwürdig, dass kein Lösegeld gefordert wurde. Ich stimmte ihr zu, aber nur unter der Voraussetzung, dass der Vater nicht der Schuldige war. ›Falls er es war‹, sagte sie, ›wäre er denn dann nicht so clever gewesen, Geld zu verlangen? ‹ Ich musste zugeben, dass etwas daran war. Es hätte aber auch ein wildfremder Mensch sein können, jemand, der einfach ein Kind wollte. In den paar Wochen, die ich mit ihr zusammen war, sprachen wir immer wieder darüber. Und Sie haben Recht, es half mir tatsächlich ein wenig. Allerdings wunderte ich mich, dass sie sich so sehr für Floras Entführung interessierte. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich es sonst nennen soll. Ja, das wunderte mich doch. Na, und dann war sie plötzlich sang- und klanglos verschwunden.«
    »Sie war verschwunden, weil Sie sie davon überzeugt hatten, dass Sie keine Ahnung hatten, was mit Flora passiert war.«
    Declan musterte ihn verwundert.
    »Sie war von Baumann geschickt worden, um herauszufinden, was Sie überhaupt wussten.«
    »Sie meinen, er dachte, ich hätte sie?«
    »Oder wüssten, wo sie war. Dass er Lena Banks ein Verhältnis mit Ihnen anfangen ließ, deutet jedenfalls darauf hin. Vergessen Sie nicht – da Floras Mutter ja nicht mehr da war, bekäme er das Sorgerecht zugesprochen.«
    »Verstehe.« Erschöpft lehnte Declan den Kopf an die Sessellehne. Das Feuer war heruntergebrannt, sein Gesicht lag im Halbschatten. »Jetzt bleibt uns nur die unbekannte Person, die Flora aus allen möglichen Gründen verschleppt haben könnte. Daran will ich lieber gar nicht denken. Ich wünschte, es wäre wegen des Geldes, ich wünschte fast, Viktor Baumann hätte sie mitgenommen.«
    »Das tun Sie besser nicht, glauben Sie mir.«
    Declan richtete sich auf und sah Jury fragend an.
    »Viktor Baumann beliefert – unter anderem – Kinderschänder.«
    Declan wäre fast aus seinem Sessel hochgeschnellt. »Was?«
    »Ein Kollege von mir hat ihn schon seit langem im Visier. Er – Baumann – hat im Londoner Norden ein Haus eingerichtet, wo er sich als Kinderhändler betätigt. Mit Mädchen im Alter von etwa vier Jahren bis knapp über zehn. Es sind nie weniger als zehn kleine Mädchen dort.«
    Declan erbleichte. »Sie wollen doch nicht behaupten, Flora...« Er sprach nicht weiter.
    »Wahrscheinlich nicht, obwohl... jemand mit einer derart niederen Gesinnung wie Viktor würde wohl auch nicht davor zurückschrecken, sein eigenes Kind dafür herzugeben.«
    »Aber als sie – ich meine, als Mary und Flora mit ihm unter einem Dach lebten...« Wieder hielt er inne, als ob Worte diese Art von Bedeutungsschwere kaum tragen könnten.
    »O nein, damals nicht. Das bezweifle ich doch sehr. Schließlich war ihre Mutter noch da. Und Flora wäre auch zu jung gewesen.« Falls es, dachte Jury, für solche Leute überhaupt so etwas wie »zu jung« gab.
    »Aber warten Sie mal.« Declan rutschte auf die Sesselkante. »Vorhin sagten Sie, Lena Banks hätte versucht herauszufinden, wo Flora sich aufhielt. Falls das so war, deutet es doch darauf hin, dass Baumann es nicht getan hat. ›Deutet darauf hin‹ heißt aber nicht ›beweist‹. Können Sie mit Sicherheit sagen, dass er sie nicht hat?«
    »Nein, mit absoluter Sicherheit nicht.«
    Declan stützte den Kopf in die Hände, als wollte er seinen eigenen Schädel betasten. »Sagen Sie mir so was nicht, sagen Sie mir doch so was nicht.«
    »Nein, ich sage es ja gar nicht. Ich halte die Wahrscheinlichkeit für sehr gering, dass Viktor Baumann Flora in seiner Gewalt hat. Sonst hätte er Lena Banks nicht auf Sie angesetzt.« Jury wünschte, er wäre sich dessen so sicher.
    »Wenn das der Grund war, dass sie sich an mich herangemacht hat.«
    »Möglich. Oder noch einfacher: Es könnte doch sein, dass sie wirklich in Sie verliebt war. Falls Sie sie allerdings jetzt sähen, würde sie von Ihnen bestimmt nicht gern wiedererkannt werden wollen.«
    Declan hielt den Blick gesenkt. Durch die ineinander verschränkten Finger sagte er: »Obwohl Mary und ich nur so kurz verheiratet waren, hatte ich wirklich das Gefühl, als wäre Flora mein eigenes Kind.«
    »Ich weiß.« Jury erhob sich. »Ich muss noch zu meinen Kollegen hinüber.«
    Declan stand ebenfalls auf, bewegte sich jedoch ziemlich langsam, als wäre er im Laufe des Gesprächs gealtert. »Am besten gehen Sie hier durch die Terrassentür hinaus und durch den Garten. Das ist schneller. Danke, dass Sie zuerst hierher gekommen sind, Superintendent. Das

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