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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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eines Gartens vor und hinter dem Haus.
    Dicht beim Kaminfeuer stand ein gedeckter Tisch, und auf Denchs Teller lagen die Reste mehrerer Käsesorten, von denen er sich kleine Portionen abgeschnitten hatte.
    »Setzen Sie sich.« Dench deutete auf die Stühle ihm gegenüber und schenkte noch zwei Gläser Rotwein ein. »Nehmen Sie von dem Käse. Das ist ein ganz köstlicher Neal’s Yard Cheddar, und hier ein Wensleydale, Roquefort und rotgelber Stilton. Greifen Sie zu!«
    Die Käselaibchen und -dreiecke sahen aus wie mit dem Präzisionsinstrument geschnitten, kaum ein Bröckelchen lag auf dem Teller, außer bei dem Wensleydale, der beim bloßen Anschauen schon bröckelte. Jury war der Ansicht, Käse schmeckte in jeder Lebenslage gut, aber wenn man wirklich Hunger hatte, war Käse das reinste Fest für die Sinne.
    Während er seine Zigarre rauchte, ließ Denny Dench sein leises abgehacktes Lachen vernehmen. »Meine Güte, wann haben Sie denn zum letzten Mal was zu essen gekriegt, Mr. Jury?«
    »Als ich sechs war.« Einen schwer beladenen Cracker in der einen Hand, holte Jury mit der anderen das Mäppchen mit den Fotos von Lena Banks hervor und legte es auf den Tisch.
    »Der futtert schon die ganze Zeit«, sagte Macalvie, »seit er in Cornwall ist.«
    Zwischen zwei Bissen meinte Jury: »Na ja, allzu großzügig ist die Polizei von Exeter mit ihren Snacks ja nicht gerade.« Er nahm einen Schluck Wein.
    »Ich bin froh, dass Sie das schlaue Köpfchen vom Verein mitgebracht haben, Brian.«
    »Sehen Sie sich die mal an, Denny«, sagte Macalvie und legte das Foto aus dem Leichenschauraum neben die Schnappschüsse.
    Dench nahm Lena Banks’ kleines Album zur Hand. »Hmm. Schöne Frau. Kenne ich die?«
    Macalvie reichte ihm das Polizeifoto von Lena Banks.
    Denny hielt das Bild auf Armeslänge von sich weg und schaute dann das kleinere Bild an. Eine Weile betrachtete er die beiden eingehend. »Interessant. Außer, dass es sich dabei um ein- und dieselbe Frau handelt, oder geht es eben darum?«
    »Ja, darum geht es. Wie kommt es, dass Sie sich da so sicher sind?«
    »Wie? Na, deswegen sind Sie doch hier.« Denny Dench erhob sich schnaubend. »Es ist offensichtlich dieselbe. Die Knochen. Es zeigt sich alles in den Knochen, Brian. Alles andere lässt sich irgendwie verändern: Haare, Augen, Lippen, Gewicht, Alter. Aber auf die Knochen kommt es an. Kommen Sie, schauen Sie sich mein neues Computerprogramm an.«
    Sie gingen die Kellertreppe hinunter. Jury gefiel der Georgia-O’Keeffe-Druck, der oben an der Treppe hing und auf dem ein Schädel abgebildet war. Am Fuß der Treppe stand eine weiße Glasvitrine, in der sich zahlreiche undefinierbare Gegenstände befanden, darunter ein paar sehnig aussehende Dinge, bei denen Jury hoffte, dass es sich nicht um Finger handelte, dazu etwas unheimlich aussehende Einmachgläser.
    Mit den Knochen, die überall herumlagen oder auf Arbeitstischen deponiert waren, mit kleinen Etiketten versehen, die zur Identifizierung dienten, erinnerte das Labor an eine Ausgrabungsstätte. Aber Dench war ja schließlich Gerichtsanthropologe. Es hätte sich auch um einen Friedhof handeln können, der seine Gebeine freigegeben hatte, denn überall lagen Knochen herum, darunter auch ein kleines Skelett, das aussah wie von einem zwölf- oder dreizehnjährigen Kind.
    Einen der Knochen legte Dennis Dench ein wenig weiter nach rechts und betrachtete die neue Konstellation.
    »Jemand, den ich kenne?«, fragte Macalvie.
    »Schon möglich, falls Sie zufällig in den sechziger Jahren in Sidmouth waren.« Er hatte ein zusammengefaltetes Laken ausgebreitet, mit dem er nun die Knochen zudeckte, als befürchtete er, ihnen könnte kalt werden. »Es sind die Knochen eines kleinen Jungen. Die kamen ans Tageslicht, als ein Bauunternehmer ein altes Pub namens The Serpent’s Tooth einebnen wollte.«
    Jury musste an das Blue Last denken. Manchmal fragte er sich, ob er wohl noch auf seinem Sterbebett daran denken würde, und ihm war, als gäbe es da etwas, was er versäumt hatte zu tun und wodurch alles ganz anders verlaufen wäre. Aber natürlich war da etwas. Und natürlich war da nichts. Lösungen bieten sich nicht deshalb früher an, weil einem dadurch ein Haufen Tränen und Blutvergießen erspart blieben.
    »Das erinnert mich an diesen Jungen«, sagte Denny, »den wir an der Küste vergraben fanden. Damals hatten wir doch ein Problem mit der Identifizierung, nicht wahr?«
    »Sie schon, ich nicht«, sagte Macalvie großmütig.
    Doch

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