Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
ruhten hart und wachsam auf den beiden Männern. Ein Mal hob er seine Hand, um ihr seidiges Haar beiseite zu schieben, und strich dabei mit seinen Fingerspitzen behutsam über den blauen Fleck an ihrer Schläfe, den er ihr zugefügt hatte, als er sie an die Wand gestoßen hatte. Als seine Hand nach unten sank, fühlte Shea sich, als wäre ihr letztes Band zu ihm zerrissen.
Sie trug Erde und Speichel auf die Wunde auf und richtete sich langsam auf. »Du brauchst Blut, Jacques.«
Shea sagte es leise und sanft. Er musste überleben. Jede Zelle ihres Körpers verlangte danach.
Er wandte den Blick seiner seelenlosen Augen nicht von Mikhail und Byron. Noch nie hatte sie einen derartigen Hass in den Augen eines anderen gesehen. Er 213
schien weder sie noch ihre Bemühungen um ihn wahrzunehmen. Nicht das geringste Anzeichen von Schmerzen zeigte sich auf seinem Gesicht.
»Mein Blut ist sehr alt und sehr mächtig«, erklärte Mikhail leise. »Ich gebe es ihm.« Er näherte sich mit geschmeidigen Bewegungen, um Jacques nicht zu erschrecken.
Shea spürte Jacques' wilden Triumph, spürte, wie er seine ganze Kraft zusammennahm. Bevor Mikhail in Reichweite kam, warf sie sich zwischen die beiden.
»Nein! Er wird Sie töten! Er will...«
Jacques packte sie an den Haaren und riss sie an seine Seite zurück. Seine Wut war förmlich mit Händen zu greifen. Seine Augen hielten Mikhails Blick fest, als er seinen dunklen Kopf senkte und seine Zähne in Sheas Hals versenkte.
»Nicht!« Byron stürzte sich vor, aber Mikhail hielt ihn mit einer erhobenen Hand zurück, ohne den Blick von Jacques zu wenden.
Sheas Haut glühte, als würde sie gebrandmarkt. Sie begriff, dass Jacques zornig über ihr Einschreiten war und jetzt versuchte, die anderen zum Eingreifen zu bewegen und sie in seine Reichweite zu bekommen. Sie lag ganz still und akzeptierte seine gewalttätige Natur. Er war dem Wahnsinn so nah, dass ihn eine einzige falsche Bewegung abstürzen lassen konnte. Sie war ohnehin müde, und alles tat ihr weh. Ihre Lider senkten sich, als eine schwere Lethargie ihren Körper befiel. Sie würde ohne Weiteres ihr Leben für Jacques opfern. Er nahm ihr nichts, was sie nicht zu geben bereit war.
»Du bringst sie um, Jacques«, sagte Mikhail ruhig. »Ist es das, was du willst?« Er stand regungslos da und sah 214
Jacques aus seinen dunklen Augen aufmerksam und nachdenklich an.
»Du musst ihn aufhalten«, stieß Byron zwischen den Zähnen hervor. »Er nimmt ihr zu viel Blut. Er fügt ihr bewusst Schmerzen zu.«
Mikhails schwarze Augen glitten nur ein einziges Mal über Byron, aber es reichte als Befehl, als Warnung.
Byron schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr.
»Er wird sie nicht töten«, entgegnete Mikhail mit unverändert ruhiger Stimme. »Erwartet darauf, dass einer von uns eingreift. Wir beide sind es, die er umbringen will. Er versucht, uns in seine Nähe zu locken. Er wird nicht das Risiko eingehen, ihr von der Seite zu weichen, deshalb werden wir nicht so dumm sein, ihm nahe zu kommen. Er wird ihr nichts tun. Geh nach draußen. Und wenn du schon dabei bist, kannst du etwas suchen, um die Tür zu reparieren. Ich komme gleich nach.«
Byron ging nur zögernd hinaus und wartete auf der Veranda, bis Mikhail zu ihm kam. »Du gefährdest ihr Leben, Mikhail. Sie ist kein Vampir, und er misshandelt sie ganz offensichtlich. Einen so starken Blutverlust verkraftet sie nicht. Jacques war mein Freund, aber das Wesen in dieser Hütte ist nicht mehr einer von uns. Er hat weder dich noch mich erkannt. Du kannst ilin nicht beherrschen. Niemand kann es.«
»Sie kann es. Er hat sich nicht der dunklen Seite zugewandt. Er ist verletzt und krank.« Mikhails samtweiche Stimme war leise, aber sehr sicher.
Byron drehte sich wütend um. »Ich hätte die Frau nehmen sollen.«
»Täusch dich nicht, Byron. So schwach Jacques auch 215
sein mag, seine Kraft ist immer noch beeindruckend. Vor seinem Verschwinden hat er viele Jahre damit verbracht, sich Wissen anzueignen. In den letzten Jahren war er ein Jäger. Jetzt ist sein Geist geschädigt, und er ist eher ein Raubtier als ein Mann, aber mit der Intelligenz und dem Wissen eines erfahrenen Jägers. Und du hast da drinnen nicht aufgepasst. Wer die Frau auch sein mag - sie kämpft darum, ihn zu retten, auch wenn sie dafür einen hohen Preis zahlen muss. Ich glaube, sie hat ihre Wahl getroffen.«
»Das Ritual ist nicht vollendet worden. Sie hat noch nicht bei ihm gelegen. Wir würden es
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