Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
einfach den Rücken zukehrte und Mikhail ansprach. »Als du deinen Ruf ausgesandt hast, sagtest du, es ginge um Jacques, doch ich kann ihn nicht ausmachen. Ich habe versucht, ihn zu erreichen, habe aber nur Leere vorgefunden.«
»Es ist Jacques, doch er ist nicht derselbe. Er hat sich nicht der dunklen Seite zugewandt, sondern ist schwer verletzt worden. Er erkennt uns nicht, und er ist sehr gefährlich. Ich kann ihn nicht zurückhalten, ohne ihm noch mehr Schaden zuzufügen.«
»Er hat dich angegriffen?« Die Stimme war wie immer milde, sogar sanft.
»Allerdings, und er würde es wieder tun. Er ist mehr Tier als Mann, und man kann ihn nicht erreichen. Er wird uns töten, wenn er die nötige Kraft aufbringt.«
Gregori atmete die wilde Nachtluft ein. »Wer ist die Frau, die bei ihm ist?«
»Sie ist Karpatianerin, aber sie kennt unsere Art nicht und reagiert nicht auf unsere telepathische Kommunikation. Sie scheint in der menschlichen Form des Heilens ausgebildet zu sein.«
»Eine Ärztin?«
»Vielleicht. Jacques beschützt sie und tut ihr 219
gleichzeitig weh, als ob er Recht nicht von Unrecht unterscheiden könnte. Ich glaube, dass er in einer Welt des Wahnsinns gefangen ist.«
Die silbrigen Augen flackerten. Eine unterschwellige Grausamkeit verriet sich in Gregoris dunklen, sinnlichen Zügen, das deutliche Kennzeichen eines gefährlichen Raubtiers. »Du weißt nichts darüber, was ihm zugestoßen ist?«
Mikhail schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, keine Erklärung. Ich habe die Frau nicht gefragt. Ich habe sie angegriffen und hätte sie beinahe getötet, weil ich glaubte, sie hätte meinem Bruder das angetan.« Mikhail gab es zu, ohne seinen Tonfall zu verändern. Es war ein schlichtes, ruhiges Bekenntnis. »Er war in einer furchtbaren Verfassung, litt offensichtlich große Schmerzen und schwitzte Blut, und sie stand über ihn gebeugt und hatte ihre Hände in seiner Wunde. Da war so viel Blut ... Ich hielt sie für einen Vampir, der ihn quälen und vernichten wollte.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen, das nur vom Bauschen des Begens und des Windes untermalt wurde.
Gregori wartete einfach, still und regungslos wie die Berge.
Mikhail zuckte die Schultern. »Vielleicht war es kein bewusster Gedanke von mir, nur eine Beaktion. Ich konnte sein Bewusstsein nicht erreichen. Die Qualen auf seinem Gesicht waren mehr, als ich ertragen konnte.«
»Nicht du bist der Auslöser des Sturms«, stellte Gregori fest. »Jacques ist mächtiger geworden, als ich geahnt habe. In ihm ist eine Dunkelheit, wie ich sie noch nie erlebt habe. Er ist kein Vampir, aber er ist wirklich gefährlich. Gehen wir hinein und schauen, ob ich den 220
Schaden beheben kann.«
»Sei vorsichtig, Gregori«, warnte Mikhail ihn.
Die silbrigen Augen, in denen sich die Regentropfen spiegelten, glitzerten. »Bin ich nicht für meine Vorsicht bekannt?« Gregori glitt durch die zerbrochene Tür, gefolgt von Mikhail, der den Kopf über diese faustdicke Lüge schüttelte.
Jacques schaute auf. Schwarzer Zorn glomm in seinen Augen, als er die beiden beobachtete, und ein lang gezogenes, warnendes Zischen drang tief aus seiner Kehle. Gregori blieb stehen und hielt die Hände in der uralten Geste des Friedens seitlich ausgebreitet. Mikhail lehnte sich an den Türrahmen und verhielt sich so still, dass er ein Teil der Wand zu werden schien. Ihm war nur zu bewusst, dass es ein großer Fehler gewesen war, die Frau anzugreifen.
»Ich bin Gregori, Jacques.« Gregoris Stimme war die verkörperte Macht und trotzdem sanft und begütigend.
»Ein Heiler unseres Volkes.«
Shea lag mit geschlossenen Augen an Jacques' Brust, den Kopf auf seine Schulter gelegt. Sie stöhnte leise, und der gequälte Laut fachte Jacques' Zorn erneut an. Seine Finger strichen über die dunklen Stellen an ihrem Hals, und er warf Mik-hail einen mörderischen Blick zu.
»Lasst uns in Ruhe.« Ihre Stimme war rau und heiser und kaum mehr als ein Flüstern. Sie öffnete weder die Augen noch versuchte sie, sich zu bewegen.
»Ich kann ihm helfen«, erwiderte Gregori in unverändertem Tonfall. Die Frau war ganz offensichtlich der Schlüssel, um an Jacques heranzukommen. Es zeigte sich daran, wie beschützend er sie hielt, an der Art, wie besitzergreifend, sogar zärtlich seine Augen über ihr 221
Gesicht wanderten. Seine Hände streichelten sie unaufhörlich, ihre Haare, ihre Haut.
Der unterschwellige Befehl in Gregoris schöner Stimme zeigte Wirkung. Die Frau hob
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