Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
das Einzige, was mir geblieben ist.«
Gregori hob die Hand, und die Wellen schlugen höher. »Ich weiß nicht, ob ich noch warten kann, bis sie bei mir ist. Ich stehe an der Grenze. Die Finsternis hat mich schon fast verschlungen.« Sein klarer, melodischer Tonfall änderte sich nicht.
»Geh zu ihr. Benachrichtige sie.« Aufgeregt rieb sich Aidan die Stirn. Seine offensichtliche Furcht ängstigte Alexandria mehr als alles 297
andere. Eigentlich schien doch nichts Aidan erschüttern zu können.
»Wo ist sie? Und wer ist sie?«
»Sie ist Mikhails und Ravens Tochter. Raven hat sie nicht auf den Tag der Auswahl vorbereitet. Sie war erst achtzehn Jahre alt und fürchtete sich vor mir, als ich zu ihr kam. Nicht einmal ich war Ungeheuer genug, sie gegen ihren Willen zu meiner Gefährtin zu machen. Ich schwor mir, ihr fünf Jahre der Freiheit zu gewähren.
Immerhin wird es nicht leicht für sie sein, ihre Leben als meine Gefährtin zu führen.«
»Du darfst nicht länger warten!« Nie zuvor hatte Alexandria Aidan so aufgeregt gesehen. Zärtlich streichelte sie seine Hand, um ihn daran zu erinnern, dass er der Zukunft nicht allein entgegensehen musste.
»Ich habe einen Schwur geleistet und werde ihn nicht brechen.
Wenn sie die ewige Verbindung zu mir eingeht, wird ihr Leben nicht einfach sein. Deshalb läuft sie vor mir und ihrem Schicksal davon.«
Gregoris Stimme klang so rein und klar, ohne eine Spur von Bitterkeit oder Bedauern.
»Weiß sie, was du um ihretwillen auf dich nimmst?«
Angesichts des Verdachts, seine künftige Gefährtin sei selbstsüchtig, blitzte Ärger in Gregoris Augen auf. »Sie weiß nichts davon. Es war meine Entscheidung, mein Geschenk für sie. Der Gefallen, um den ich dich bitte, ist, dass du mich nicht allein jagst, falls es erforderlich sein sollte. Du wirst Julian brauchen. Auch er gehört der Dunkelheit an.
»Julian ist wie ich«, protestierte Aidan.
»Nein, Aidan«, widersprach Gregori beschwörend, »Julian ist wie ich. Deshalb bleibt er allein und sucht die höchsten Berggipfel auf. Er gleicht mir und wird dir helfen, mich zu besiegen, wenn es nötig ist.«
»Geh zu ihr, Gregori«, flehte Aidan.
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Der Dunkle schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Versprich mir, dass du tun wirst, was ich von dir verlange. Du darfst mich nicht ohne Julians Hilfe jagen.«
»Ich würde niemals so leichtsinnig sein, dem größten Jäger unseres Volkes allein entgegenzutreten. Bleibe stark, Gregori.«
»Ich werde so lange aushalten, wie ich nur kann«, versprach Gregori, »doch die Wartezeit birgt große Gefahren. Falls es zu spät sein sollte, werde ich nicht in der Lage sein, mich selbst zu richten.
Verstehst du, Aidan? Die Entscheidung liegt bei dir, und ich bitte um Verzeihung für die Last, die ich dir aufbürde. Ich dachte immer, es würde Mikhail treffen, doch sie ist hier in Amerika. Und sie wird in San Francisco sein, wenn sich mein Schwur erfüllt.«
Aidan nickte, aber Alexandria spürte, dass er den Tränen nahe war. Sie hätte ihn gern getröstet, verhielt sich jedoch still, wie Aidan es angeordnet hatte. Sie verstand nicht genau, wovon die beiden Männer sprachen, hatte jedoch keinen Zweifel, dass es um eine ernste Angelegenheit
gingwich werde mich um den Untoten kümmern und alle Spuren verwischen.« Gregori deutete auf die Leiche am Fuße der Klippen. »Aber er war nicht allein, Aidan. Es gibt noch einen anderen. Ich hielt es für besser, zu bleiben und deine Gefährtin zu beschützen, als ihn zu jagen. Da ich selbst so kurz vor der Umwandlung stehe, wollte ich es nicht riskieren, zwei Mal in einer Nacht zu töten.« Gregor sprach so gleichmütig, als kommentierte er das Wetter.
»Gregori, ich danke dir für die Warnung und die Hilfe. Du brauchst dich nicht um den anderen Verräter zu kümmern, das ist meine Aufgabe. Ich muss allerdings zugeben, dass ich in letzter Zeit andere Dinge über die Jagd gestellt habe.«
»So soll es auch sein«, meinte Gregori mit einem leisen Lächeln.
»Die Gefährtin ist wichtiger als alles andere.«
»Warum befürchtest du, dass deine Gefährtin es nicht leicht haben wird?«, fragte Aidan.
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»Ich war zu lange ein Jäger, um je damit aufzuhören. Und ich bin daran gewöhnt, immer meinen Willen durchzusetzen. Ich habe zu lange gewartet und gekämpft, um ihr die Freiheiten zu lassen, die sie sich wünscht. Ihr Leben wird nicht mehr ihr gehören, sondern mir.«
Aidan lächelte, und Alexandria spürte, dass er sich
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