Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
entspannte.
»Wenn du ihr Glück wirklich über alles andere stellen willst, Gregori, wirst du ihr gewisse Freiheiten gewähren müssen.«
»Wie es scheint, bin ich nicht wie Mikhail, Jacques oder du. Ich beabsichtige, die Sicherheit meiner Gefährtin über alles andere zu stellen«, sagte Gregori mit einem Unterton von Schärfe.
Aidan grinste seinen Freund an. »Ich hoffe wirklich, dass ich die Gelegenheit haben werde zu sehen, wie dich deine Gefährtin um den Finger wickelt. Versprich mir, dass du sie uns eines Tages vorstellen wirst.«
»Nicht, wenn ich tatsächlich so ende wie du und Mikhail. Ich kann es nicht zulassen, meinen Ruf als gefährlicher Jäger zu verlieren.« Ein Hauch von Humor schien sich in Gregoris Stimme zu schleichen und verschwand gleich darauf, als hätte der Wind ihn davongetragen.
»Ich werde mich um den Vampir kümmern«, entgegnete Aidan.
»Du solltest es vermeiden, dich mit dem Tod zu befassen.«
»Ich habe ihn aus der Entfernung getötet. Der Anblick könnte dich . . . beunruhigen«, warnte Gregori.
»Du bist noch mächtiger, als ich dich in Erinnerung hatte.«
»Mit den Jahren habe ich mein Wissen erweitert«, erklärte der Dunkle. Er betrachtete Aidan nachdenklich.
»Auch dein Bruder hat sich verändert. Er lernt schnell und hat keine Angst, die Finsternis zu erforschen. Ich habe versucht, ihn vor den Konsequenzen zu warnen, doch er wollte nicht auf mich hören.«
Aidan schüttelte den Kopf. »Julian meint, Regeln seien dazu da, gebrochen zu werden. Er ist immer seinen eigenen Weg gegangen.
Aber dich respektiert er. Du warst der Einzige, auf den er je gehört hat.«
300
»Nein, nicht mehr«, erwiderte Gregori. »Der Wind und die Berge haben nach ihm gerufen, und auch ich konnte ihn nicht aufhalten.
Die Finsternis war in ihm, sodass ihn nichts mehr zufrieden stellen konnte.«
»Du magst es als Finsternis bezeichnen, Gregori. Doch es war diese Seite an dir, die uns die Welt geöffnet hat. Du hast die Heilkünste erforscht, die du an mich und andere weitergegeben hast.
Du hast unserem Volk zuliebe wahre Wunder vollbracht. Das sind die Fähigkeiten, die auch Julian besitzt«, erklärte Aidan leise.
In Gregoris helle Augen trat ein kalter, metallischer Schimmer.
»Aber die Finsternis hat uns beide dazu gebracht, Dinge zu erforschen, die besser verborgen geblieben wären. Mit dem Wissen kam große Macht, Aidan. Aber ohne Gefühle, ohne das Empfinden für Recht und Unrecht ist es viel zu leicht, diese Macht zu missbrauchen.«
»Alle Karpatianer wissen das, Gregori«, entgegnete Aidan. »Und du und Julian wisst genau, was Recht und Unrecht ist. Wie hättet ihr sonst aushalten sollen, während so viele andere zu Untoten wurden?
Du hast immer für die Gerechtigkeit gekämpft, Gregori. Für unser Volk. Du hast stets nach einem strengen Ehrenkodex gelebt. Nun glaubst du, keine Gefühle zu haben. Aber was ist mit dem Mitgefühl, das du für deine Gefährtin empfunden hast, als sie sich fürchtete? Du kannst jetzt nicht aufgeben. Ich weiß, jeder Augenblick erscheint dir wie eine Ewigkeit, aber das Ende deiner Qualen ist in Sicht.«
Gregoris stählerner Blick schien Aidan zu durchbohren, doch der jüngere Karpatianer verzog keine Miene. Er hielt Gregoris Blick stand, und Alexandria hätte schwören können, dass Funken zwischen den beiden Männern sprühten. Schließlich entspannte sich die Miene des Dunklen. »Du hast viel gelernt, Aidan. Du bist ein Heiler von Körper und Seele.«
Aidan neigte den Kopf in Anerkennung des Kompliments. Der Wind heulte, das Meer rauschte, und Gregory schwang sich in den 301
dunklen, bewölkten Himmel. Er war nur ein Schatten, der mit den Wolken nach Norden zog und verschwand. Den Sturm nahm er mit.
Aidan ließ sich mit gesenktem Kopf in den Sand sinken. Seine Schultern bebten, als kämpfte er mit Empfindungen, die ihn zu überwältigen drohten. Alexandria strich ihm über den Kopf und umarmte ihn. Sie spürte das verzweifelte Schluchzen, das in seiner Kehle aufstieg, doch er gab keinen Laut von sich. Nur eine einzelne Träne drückte seine tiefe Trauer aus.
»Es tut mir Leid, cara. Gregori ist ein großartiger Mann. Es wäre schrecklich, wenn wir ihn verlieren würden. Ich konnte seine Verzweiflung spüren, die Leere in seinem Innern. Wenn ich wirklich mein Versprechen halten und ihn jagen müsste . . . « Aidan schüttelte den Kopf. »Es wäre ein so schreckliches Ende für einen Mann, der sein Leben unserem Volk und unserem Prinzen
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