Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
klar. Ihr Klang schien sich in Alexandrias Seele auszubreiten. Sie hätte alles getan, was er von ihr verlangte. »Du weißt, dass du mich nicht besiegen kannst«, fuhr der Jäger fort, und Alexandria glaubte ihm. Es gab keine Möglichkeit, sich diesem Mann zu widersetzen. Er war unbesiegbar.
»Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden sie jemanden ausschicken, um dich zu jagen«, höhnte Paul Yohenstria. Er versuchte aufzustehen. Seine Umrisse schienen sich aufzulösen, doch während er sich noch verwandelte, griff der Jäger wieder an.
Das Geräusch war schrecklich. Zwar hüllte der Nebel den eigentlichen Kampf in einen milchigen Schleier, sodass Alexandria außer einigen verschwommenen Umrissen nichts erkennen konnte, doch schließlich rollte etwas aus den Nebelschwaden hervor - der Kopf des Vampirs. Es war grauenhaft.
Alexandria sprang auf. Sie hielt Joshua in den Armen und schützte ihn vor dem Anblick. Der Nebel verdichtete sich, und zu ihrem Entsetzen drehte sich der Jäger um und ließ den Blick seiner golden schimmernden Augen auf ihr ruhen.
Kapitel 3
Aidan Savage seufzte innerlich auf, als sein Blick auf die wahnsinnige Vampirin fiel, die einen kleinen Jungen an ihre Brust 47
drückte. Der Dämon in ihm war in dieser Nacht besonders stark, seine dunkle Seite drohte, ihn zu überwältigen. Der Vampir hatte Recht gehabt. Es wurde immer schwieriger, seine dämonischen Instinkte zu unterdrücken. Er fühlte die Macht und die freudige Erregung eines Kampfes auf Leben und Tod, und er war beinahe süchtig nach den Schlachten, weil er nur dann überhaupt etwas empfand. Seit Jahrhunderten ertrug er nun schon eine kalte, leere, schwarz-weiße Existenz, in der es keine Farben, keine Wärme und keine Gefühle gab.
Er ließ den Blick über den Strand gleiten und sah dann wieder auf die Vampirin, die das Kind bedrohte. Aidan erschrak. Nach mehr als sechshundert Jahren in einer Welt ohne Farben sah er plötzlich die Blutspur, die Pauls Kopf im Sand hinterlassen hatte, nicht mehr als schwarzen Streifen, sondern als ein leuchtend rotes Band, das seinen Blick direkt zu der Vampirin führte.
Unmöglich. Farben und Emotionen würden nur zu ihm zurückkehren, wenn er seine wahre Gefährtin fand, und es befand sich niemand hier außer dieser bedauernswerten Sterblichen, die Paul zu verwandeln versucht hatte. Schweren Herzens sah Aidan sie an. Er hatte Mitleid mit dieser armen Frau. Wieder verwirrte ihn der plötzliche Anflug eines Gefühls, das er seit Jahrhunderten nicht mehr empfunden hatte, doch er ließ sich nicht davon ablenken, die Vampirin zu mustern. Es war ihm nicht möglich, ihr Alter zu schätzen. Sie war zierlich, doch das nasse, zerrissene Kostüm schmiegte sich an sinnliche Kurven. Ihre Beine waren von Wunden übersät, ihre Lippen schwärzlich verfärbt und mit nässenden Blasen bedeckt. Seetang hing in ihrem langen, strähnigen Haar, und in ihren blauen Augen las er Angst, aber auch trotzigen Widerstand.
Sie würde das Kind töten. Es gab nur wenige Frauen, die sich in eine Karpatianerin verwandeln konnten. Entgegen aller Legenden ließen sich die meisten sterblichen Frauen nicht verwandeln, ohne dass es schreckliche Konsequenzen hatte. Sie verloren den Verstand und machten Jagd auf Kinder. Diese Frau hatte Entsetzliches 48
erdulden müssen. Die aufgerissene Wunde an ihrem Hals zeugte vom Missbrauch des Vampirs, und die Abschürfungen an ihrem Handgelenk waren tief und blutig.
Aidan suchte nach einer Verbindung zu ihren Gedanken, damit er ihren Tod so schmerzfrei wie möglich herbeiführen konnte.
Erschrocken über ihren inneren Widerstand, trat er einen Schritt auf sie zu. Sie war unglaublich willensstark und schien über eine Art natürliche geistige Barriere zu verfügen, die ihre Gedanken vor seinem Zugriff schützte. Sie setzte den Jungen nicht vor sich auf dem Boden ab, wie er es ihr befohlen hatte, sondern stieß ihn zur Seite, griff nach einem großen Stück Treibholz und stürzte sich auf Aidan.
Er machte einen Satz vorwärts und schlug ihr die Planke aus der Hand. Die Wucht seines Schlags brach ihr den Arm - er spürte es am eigenen Leib doch sie gab keinen Schmerzenslaut von sich. Offenbar reichte ihre Kraft dafür nicht mehr aus. Aidan griff nach ihr, um ihrem Leiden ein Ende zu machen, doch sie wehrte sich noch immer gegen seine mentalen Befehle. Schließlich gelang es ihm, sie festzuhalten, und er beugte sich über ihren Hals.
Sie war so zart und zitterte vor Kälte. Sein
Weitere Kostenlose Bücher