Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
einem der Eisenstäbe fest und überlegte verzweifelt, ob sie ihn sich ins Herz stoßen sollte.
Probehalber rüttelte sie daran, doch der Zaun war fest in einem Betonbett verankert.
Alexandria presste die Lippen zusammen und bemühte sich, ruhig nachzudenken. Sie würde es nicht zulassen, dass Joshua weiterhin in Gefahr schwebte. Nie wieder würde sie einen Fuß in Aidans Haus setzen und konnte nur hoffen, dass Stefan und Marie Joshua lieb gewinnen und vor der grausigen Welt beschützen würden, in der Aidan sein Leben fristete. Ihr selbst blieb nur ein Ausweg. Sie würde bis zur Morgendämmerung hier bleiben und hoffen, dass die Sonnenstrahlen ihrem Leben ein Ende bereiteten.
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»Keine Chance, Alexandria.« Aidan tauchte plötzlich aus der Dunkelheit auf. »Dazu wird es nicht kommen. Woran liegt es, dass du zwar bereit bist zu sterben, aber keinesfalls lernen willst zu leben?«
Alexandria klammerte sich so fest an den Zaun, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. »Verschwinde. Ich kann mit meinem Leben machen, was ich will. Man bezeichnet das als freien Willen, obwohl du sicher noch nie etwas davon gehört hast.«
Aidan richtete sich zu seiner vollen Größe auf, und Alexandria beobachtete fasziniert das Spiel seiner Muskeln. Jede seiner Bewegungen war von natürlicher Anmut. »Du versuchst, mich zu provozieren.«
»Eins sage ich dir: Wenn du auch weiterhin diesen überheblichen
>Alexandria, du bist hysterisch<-Tonfall anschlägst, garantiere ich für nichts mehr.« Sie wagte es nicht, ihren Griff zu lockern, falls Aidan versuchen sollte, sie gewaltsam von dem Zaun wegzuzerren.
Aidan lachte leise, und das verführerische Geräusch ließ Alexandria erschauern. »Treib es nicht zu weit, piccola. Es kommt überhaupt nicht infrage, dass du in die Sonne gehst. Da gibt es keine Diskussion. Du wirst lernen, dich in deinem neuen Leben zurechtzufinden.«
»Deine Arroganz ist wirklich erstaunlich. Ich komme nicht mit dir zum Haus zurück. Du hast ja keine Ahnung, was ich beinahe getan hätte.«
»Es gibt keine Geheimnisse zwischen uns. Du hast Joshuas Blut gerochen, und dein Körper reagierte ganz natürlich darauf. Du bist völlig ausgehungert, Alexandria. Du brauchst dringend Nahrung.
Aber du könntest deinem Bruder niemals etwas antun.«
»Das kannst du doch gar nicht wissen«, protestierte sie aufgebracht. Dann ließ sie beschämt den Kopf sinken. »Es war nicht das erste Mal. Mir ist schon einmal dasselbe passiert.«
»Ich weiß alles über dich, Alexandria. Ich kann deine Gedanken lesen und kenne jede deiner Empfindungen. Dein Hunger ist ganz 169
natürlich, und du darfst die Bedürfnisse deines Körpers nicht vernachlässigen. Aber du könntest niemals einem Kind Schaden zufügen. Und Joshua schon gar nicht.«
»Ich wünschte, ich könnte dir glauben.«
Sie klang so kleinlaut, dass es Aidan beinahe das Herz brach. Er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte. In ihrer Verwirrung hatte sie die alten Vampirlegenden mit seinen Fälligkeiten und ihren schrecklichen Erlebnissen vermischt.
Sanft legte er ihr die Hand unters Kinn und hob ihren Kopf, bis er ihr in die Augen sehen konnte. »Ich werde dich nicht anlügen, cara, denn auch du kannst meine Gedanken lesen, wenn du es willst.
Versenke dich in mei nen Geist, dann wirst du sehen, dass ich die Wahrheit sage Du bist keine Gefahr für Joshua. Ich wurde mit animalischen Instinkten geboren und zu einem Jäger ausgebildet Du hast mich in Gedanken manchmal als Ungeheuer bezeichnet, und ich will nicht leugnen, dass ich eine dunkle Seite habe. Doch für dich gilt das nicht. Ein karpadänischer Mann muss vor allem für den Schutz und das Glück seiner Gefährtin sorgen. Meine dunkle Seite wird durch das Licht in deiner Seele ausgeglichen. Du verfügst über Wärme und Mitgefühl. Zwar gehörst du jetzt zu meinem Volk, doch Güte und Sanftheit liegen in der Natur jeder karpatianischen Frau.
Du bildest da keine Ausnahme. Joshua wird nichts geschehen.«
Alexandria wollte ihm so gern glauben, zumal sein fester Blick und seine klare, ruhige Stimme sehr überzeugend wirkten. »Ich kann das Risiko nicht eingehen«, wandte sie traurig ein.
»Und ich will dich nicht verlieren.« Aidan bückte sich, löste ihren Griff um den Zaunpfahl und hob sie auf seine Arme. »Warum willst du mir nicht gestatten, dir zu helfen? Ich weiß, dass all diese Geschehnisse zu viel für dich sind, doch du musst deinem Gefühl vertrauen. Warum hast du mein Leben gerettet, wenn du
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