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Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht

Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht

Titel: Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Sie hoffte, dass Aidan sie belauschte.
    Als sie sich wieder sauber fühlte, wählte Alexandria sorgfältig ihre Kleidung aus. Sie entschied sich für ihre verwaschene Lieblingsjeans, weil sie ihr so vertraut war, und für eine cremefarbene Jacke aus Häkelspitze mit kleinen Perlenknöpfen, in der sie sich immer ausgesprochen weiblich gefühlt hatte.
    Als Alexandria das Handtuch abnahm, das sie um ihre Haare gewickelt hatte, betrachtete sie sich zum ersten Mal im Spiegel und war etwas erstaunt darüber, tatsächlich noch ein Spiegelbild zu besitzen. Am liebsten hätte sie Thomas Ivan angerufen, um ihm zu sagen, dass er seine Vorstellung von Vampiren wohl korrigieren musste. Plötzlieh kam ihr der Erfinder dieser albernen Videospiele gar nicht mehr so genial vor. Alexandria sah blass und zerbrechlich aus, und ihre Augen schienen beinahe zu groß für ihr schmales Gesicht zu sein. Sie strich sich über den Hals, berührte jedoch nur samtweiche, glatte Haut ohne Narben oder verheilende Wunden.
    Verblüfft betrachtete sie ihre Hand und bemerkte die langen Fingernägel. Es war ihr noch nie gelungen, sich lange Nägel wachsen zu lassen. Erschrocken ballte Alexandria die Fäuste.
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    Sie konnte einfach nicht in diesem Haus bleiben und musste einen Weg finden, Joshua in Sicherheit zu bringen. Barfuß ging Alexandria durch den Flur. Sie musste nicht einmal das Licht anschalten, da sie auch in der Dunkelheit mühelos sehen konnte.
    Wieder ertappte sie sich bei einem Gedanken an Aidan, den sie sofort unterdrückte. Sie versuchte, ihn aus ihrem Geist zu verdrängen, da sie nicht wollte, dass er erfuhr, woran sie dachte. Sie würde nicht zugeben, dass sie plötzlich Unterschiede zwischen sich und den anderen Sterblichen entdeckte.
    Alexandria wusste genau, in welchem Zimmer ihr Bruder schlief, und fand den Weg, ohne sich in dem großen Haus zu verlaufen. Sie stand an der Tür und betrachtete ihren kleinen Bruder voller Kummer. Joshua wirkte so klein und verletzlich. Seine blonden Locken breiteten sich auf dem Kissen aus, und Alexandria konnte seine leisen Atemzüge hören.
    Mit Tränen in den Augen ging sie auf den schlafenden Jungen zu.
    Joshua hatte schon so viel Leid ertragen müssen! Nach dem Tod ihrer Eltern war Alexandria nur ein dürftiger Ersatz gewesen. Sie hatte sich nach Kräften bemüht, aber es war ihr nicht gelungen, Josh aus dem schäbigsten Viertel der ganzen Stadt herauszuholen. Es grenzte schon an Ironie des Schicksals, dass ihr Bruder jetzt zwar von allem Luxus umgeben war, den man für Geld kaufen konnte, sich aber gleichzeitig in der Gewalt eines gefährlichen Ungeheuers befand.
    Vorsichtig setzte sich Alexandria auf die Bettkante und strich über die Daunendecke. Vielleicht sollte sie Joshua einfach nehmen und mit ihm davonlaufen. Würde Aidan sie gehen lassen? Sie ahnte, dass Aidan ihr bewusst nachgegeben hatte, als sie sich vorhin dagegen gewehrt hatte, sein Blut zu trinken. Er verfügte über mehr Macht, als sie sich vorstellen konnte, und er versuchte, das volle Ausmaß seiner Kräfte vor ihr zu verbergen.
    Langsam atmete Alexandria aus. Sie hatte keine Verwandten, zu denen sie Joshua bringen konnte. Es gab niemanden, der ihr helfen 167

    würde. Sie beugte sich vor, um ihrem Bruder einen Kuss auf die Stirn zu geben, als sie sich plötzlich seines Herzschlags bewusst wurde und hörte, wie das Blut durch seine Adern rauschte.
    Fasziniert betrachtete sie den kaum wahrnehmbaren Puls an seinem Hals. Der Duft von frischem Blut verschlimmerte ihren Hunger, aber sie sog ihn dennoch tief in sich ein.
    Plötzlich spürte Alexandria, dass ihr Eckzähne wuchsen, deren Spitzen gegen ihre Zunge stießen. Entsetzt sprang sie auf und rannte aus dem Zimmer. Die Hand fest vor den Mund gepresst, eilte Alexandria durch das stille Haus und hinaus in den dunklen Garten.
    Schluchzend rannte sie immer weiter, obwohl ihre Kräfte mit jedem Schritt nachließen. Der Nebel hatte sich bis auf wenige dünne Schwaden verzogen, und die Sterne leuchteten am Himmel. Als Alexandria schließlich nicht mehr weiterkonnte, ließ sie sich an einem schmiedeeisernen Zaun zu Boden sinken.
    Sie war so abgrundtief verdorben ! Was hatte sie sich nur gedacht? Dass sie das Haus mit Joshua einfach so verlassen und wieder in ihr altes Leben zurückkehren konnte? Joshua musste ja vor allem vor seiner Schwester beschützt werden. Offenbar hatte Aidan ihr doch die Wahrheit über Stefan gesagt. Der Hunger wurde unerträglich. Alexandria klammerte sich an

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