Karparthianer 04 Magie des Verlangens
schaukelte. »Es ist seltsam, dass du gerade nach dieser Geschichte fragst. Der Mann, der mir die Karten für deine Show 349
geschenkt hat, interessierte sich auch für den Alligator. Wir fuhren manchmal nachts hinaus, um Kräuter und Baumrinde zu sammeln. Dabei sahen wir uns auch nach dem Alten um.
Aber wir haben ihn nicht gefunden.«
»Wer gab dir die Eintrittskarten?«, fragte Gregori, der die Antwort bereits kannte.
»Ein Mann namens Selvaggio. Julian Selvaggio. Seine Familie gehörte beinahe zu den Gründern von New Orleans. Ich lernte ihn vor Jahren kennen. Wir sind gute Freunde geworden«, fügte Beau grinsend hinzu, »obwohl er Italiener ist.«
Gregori hob die Brauen. Julian war in den Karpaten aufgewachsen. Er war ebenso wenig Italiener, wie er, Gregori, Fran-zose war. Zwar hatte Julian viel Zeit auf Reisen verbracht und war auch durch Italien gekommen, doch Gregori und Julian waren beide durch und durch Karpatianer.
»Ich kenne Julian«, bekannte Gregori lächelnd. Seine weißen Zähne blitzten in der Dunkelheit auf. Kleine Wellen schlugen klatschend an das Boot, und das leise Schaukeln wirkte beruhigend.
Beau nickte zufrieden. »Das dachte ich mir schon. Ihr habt beide eine Verbindung zu Savannah, seid beide an Heilkräutern interessiert und seht schrecklich einschüchternd aus.«
»Ich bin aber netter als Julian«, scherzte Gregori, ohne eine Miene zu verziehen.
Savannah lehnte ihren Kopf an seine Brust. Ihr melodisches Lachen übertönte die Sumpfgeräusche. »Ihr habt den Alligator also nie gefunden? Stimmt es, dass er auch große Hunde frisst?«
»Tatsache ist, dass viele Jagdhunde im Bayou verschwinden, besonders in einer bestimmten Gegend. Dort ist das Revier des Alten. Einige Jäger erzählten mir, dass sie ihn gesehen haben, 350
als er auf der Lauer lag. Aber sie konnten ihn nicht erwischen.
Niemand kann das. Er lebt schon so lange hier, dass er alle Schleichwege im Bayou kennt. Bei der kleinsten Andeutung von Gefahr verschwindet er.« Der Kapitän rieb sich die Schläfen, als hätte er Kopfschmerzen.
»Das hört sich so an, als glaubtest du wirklich an ihn«, bemerkte Gregori leise. »Aber dennoch hast du ihn auch mit Julians Hilfe nicht zur Strecke bringen können. Julian ist der größte Jäger, den ich kenne. Wenn es in diesen Sümpfen eine solche Kreatur gäbe, würde Julian sie finden.« Er las die Gedanken des Kapitäns und legte einen Köder aus. Savannah regte sich, als wollte sie ihm widersprechen, doch Gregori hob abwehrend die Hand.
»Julian wusste, dass der Alte in den Sümpfen war. Er spürte ihn.«
»Aber du hast ihn gesehen?« Gregori drängte Beau ein wenig stärker. Plötzlich interessierte er sich sehr für den Alligator, der unbesiegbar zu sein schien.
Nervös blickte sich Beau um. Die Nacht erschien ihm plötzlich bedrohlich. Er war abergläubisch und hatte viele unerklärliche Dinge gesehen, von denen er nur bei Tageslicht sprach.
»Vielleicht. Schon möglich, dass ich den Alten gesehen habe«, gestand er. »Aber wenn man das den Leuten hier draußen erzählt, halten sie einen für übergeschnappt.«
»Erzähl uns davon«, bat Gregori sanft. Es war unmöglich, seiner hypnotischen Stimme zu widerstehen.
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KAPITEL 16
Der Wind legte sich für einige Augenblicke, und die Insekten des Bayou schwiegen. Ein Schatten strich über den Himmel.
Gregori blickte Savannah an, während Beau eine Bierdose aus der Kühlbox holte und dem Paar etwas zu trinken anbot.
»Mein Vater war ein Fallensteller«, begann Beau. »Ich habe praktisch meine Kindheit mit ihm hier im Bayou verbracht. Als ich sechzehn war, übernachteten wir in der alten Hütte, die ich euch gerade gezeigt habe. Einige Teenager aus der Stadt feier-ten eine Party auf ihrem Boot. Sie hatten ein sehr schönes Boot, ganz anders als der alte Kahn, mit dem wir zur Schule fuhren.
Ich war neidisch. Die Mädchen waren bildhübsch, und die Jungen gut angezogen. Als sie mich und meinen Vater sahen, lachten sie und zeigten auf unser Boot. Ich schämte mich.«
Savannah seufzte mitfühlend. Sie wollte Beau trösten, doch Gregori nahm ihre Hand und hielt sie an seiner Seite fest. Sie verfügte über so viel Mitgefühl und verzauberte alle Männer, ohne es überhaupt zu bemerken. Voller Bewunderung führte Gregori ihre Hand an seine Lippen.
Beau trank einen Schluck Bier und wischte sich dann mit dem Handrücken den Mund ab. »Wir sahen zu, wie sie eine Abzweigung nahmen, die tief in den Sumpf hineinführte. Das
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