Karparthianer 04 Magie des Verlangens
und sie aufhörte. Savannah konnte seine Erinnerungen und sein Wissen erreichen. Je mehr Zeit sie in seinem Geist verbrachte, desto besser lernte sie die Lektionen, die er in seinem langen Leben angehäuft hatte.
Besser, als du ahnst, erklärte sie selbstzufrieden.
Beau wirkte deutlich entspannter, wenn auch nicht mehr so glücklich wie zu Anfang. »Wir konnten nichts mehr für sie tun.
Wir hatten den Spielplatz des Monsters entdeckt, und es wollte seinen Spaß haben. Der Alte versuchte nicht, seine Opfer zu ertränken oder gleich zu töten. Stattdessen warf er sie in die Luft und biss Stücke aus ihnen heraus. Leichenteile trieben auf dem Wasser. Es war schrecklich ...«
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Gregori legte ihm die Hand auf die Schulter. Es ist nicht nötig, dass du dich an alle Einzelheiten dieser schrecklichen Nacht erinnerst.
Beau schüttelte den Kopf, als die lebhafte Erinnerung plötzlich verblasste. »Wir hätten es beinahe selbst nicht geschafft. Der Alte stürzte sich auf uns, riesig, blutrünstig. Er hatte keinen Hunger und versuchte auch nicht, sein Revier zu verteidigen, sondern wollte einfach nur töten. Wir hatten ihn bei seinem Blutbad unterbrochen und wütend gemacht. Mein Vater warf die Öllampe aufs Wasser und ließ den ganzen Tümpel in Flammen aufgehen. Wir blickten nicht zurück.«
»Du hattest viel Glück«, stellte Gregori leise fest. Seine Stimme war wie eine frische, kühle Brise, die in LaRues Geist eindrang und die schreckliche Erinnerung zerstreute.
Du kannst ihn heilen, sagte Savannah.
Er ist ein Sterblicher.
Du kannst es schaffen, beharrte sie. Julian hat ihn beschützt und das Gift daran gehindert, sich auszubreiten, damit die Albträume verschwanden, aber du kannst Beau heilen.
Die harten Linien von Gregoris Mund wurden weicher, bis er beinahe lächelte. Es war wieder typisch für sie. Er konnte sie nie davon überzeugen, dass ihm etwas unmöglich war. Sie glaubte fest an ihn. Gregori hob ihre Hand an seine Lippen und küsste die Handfläche. Je t'aime, Savannah, flüsterte er in ihrem Geist.
Savannah schmiegte sich an ihn. Ich liebe dich auch, Gefährte.
Gregori konzentrierte sich darauf, den Geist des Sterblichen von der Erinnerung an die schreckliche Kreatur zu reinigen. Er nahm sie ihm nicht ganz, da sie bereits ein fester Bestandteil seiner Seele war. Beau hatte zu viele Jahre mit der Erinnerung gelebt. Doch Gregori milderte die entsetzlichen Bilder in Beaus Kopf und löschte den Bann des Vampirs aus, der Beau dafür bestraft hatte, dass er entkommen war. Die Albträume würden 358
aufhören, der Schrecken verblassen. Beau würde nicht mehr mit der Angst und dem Gefühl drohenden Unheils leben müssen.
Gregori seufzte leise und rieb sich den Nacken, der sich nach einer solchen Anstrengung immer verspannte. Den Fluch eines Vampirs aufzuheben, war schwierig und kostete viel Kraft.
Doch ein Blick in Savannahs strahlende Augen ließ ihn alle Anstrengung vergessen. Sie schaute ihn so liebevoll an, als wäre er der einzige Mann auf der Welt.
Was mich betrifft, bist du der Einzige, flüsterte sie. Ihre Worte wischten Gregoris Erschöpfung einfach fort. Dann sprach sie den alten karpatianischen Heilzauber, so schön und erfrischend wie ihre Stimme. Savannah nahm das Böse, die Verderbtheit des Vampirs von Gregoris Seele. Um Beau von dem Fluch zu befreien, musste Gregori die gesamte Erinnerung in allen Einzelheiten durchleben, damit er zum Kern des bösen Bannzaubers vordringen und Beau von innen heraus heilen konnte. Unwillkürlich ergriff er Savannahs Hand und empfand ein Gefühl der Demut. Nie zuvor hatte es jemanden gegeben, der sich um ihn gekümmert, sich um ihn gesorgt und ihm dabei geholfen hatte, sich zu regenerieren. Es war eine einzigartige Erfahrung für den Heiler des karpatianischen Volkes.
»Hast du Julian den Ort des Geschehens gezeigt?«, fragte Gregori den Kapitän.
Beau nickte. »Wir waren im Laufe der Jahre öfter da, haben aber den Alten nie wieder gesehen.«
»Kam dir sein Revier noch böse vor?«
Beau runzelte die Stirn und nickte dann langsam. »Ja, aber ich wusste, dass er nicht mehr da war. Das Böse lag in der Luft, doch nicht mehr so deutlich spürbar wie früher. Allerdings war es auch etwas anderes, mit Julian dorthin zu fahren.«
»Wie meinst du das?«, wollte Savannah wissen.
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Beau zuckte die Schultern. »Es ist schwer zu erklären, aber du solltest eigentlich wissen, was ich meine. Julian ist wie er«, erklärte Beau und deutete auf Gregori. »Er
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