Karpfen, Glees und Gift im Bauch
Zeit, um den Bericht von Thomas Rusche zu lesen. »Hobber mers doch dengd!« Dann griff sie zum Telefon und rief ihre Freundin Retta an. Weitere fünf Minuten später saßen beide am Küchentisch und Retta kam, nachdem sie begriffen hatte, was die Ergebnisse der Laboranalyse bedeuteten, aus dem Staunen nicht mehr heraus. »Lees den Brief vo dem Gudachder numall vor!«, forderte sie ihre Freundin auf. Kunigunde Holzmann nahm erneut ihre Lesebrille und das Schreiben von Thomas Rusche zur Hand. Dann begann sie vorzulesen:
»Lieber Herr Fuchs,
lassen Sie mich zunächst meine Bewunderung für Ihre Tante Kunigunde aussprechen. Sie scheint ein außerordentliches, kriminalistisches Talent zu besitzen.«
Kunni legte eine Pause ein und sah ihrer Freundin tief in die Augen. In Rettas Pupillen glaubte sie erneut höchste Anerkennung erkannt zu haben. Dann fuhr sie fort.
»An der mir überlassenen Probe von Gräsern konnte ich mittels der Polymerase-Kettenreaktion tatsächlich menschliches Blut feststellen (Blutgruppe A+). Darüber hinaus befand sich in dem Beutel, zwischen den Gräsern, auch eine Anzahl menschlicher Haare, welche Ihre Tante offensichtlich unbeabsichtigt mit aufgenommen hat. Auch aus diesem Fund konnte ich den genetischen Fingerabdruck nachweisen, da die dazu notwendigen Haarwurzeln in ausreichender Menge und Qualität vorhanden waren. Ich habe beide DNA-Analysen miteinander verglichen und festgestellt, dass sie von unterschiedlichen Menschen stammen.
Schließlich habe ich mir erlaubt, beide genetischen Fingerabdrücke mit der DNA-Analysedatei des BKA abzugleichen, bin allerdings nicht fündig geworden.
Die Vorgehensweise der wissenschaftlichen Untersuchungsmethodik und die Ergebnisse der DNA-Analysen sind beiliegend dokumentiert. Sollten Sie dazu noch Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.
Zum Schluss erlaube ich mir – leider unbekannterweise – Ihrer sehr verehrten Frau Tante einen herzlichen Gruß zu übermitteln und wünsche ihr weiterhin ein kriminalistisches Fingerspitzengefühl für ihre weiteren Untersuchungen.
Mit kollegialem Gruß
Thomas Rusche
»Donnerwedder!« Margarethe Bauer klappte der Unterkiefer herunter. Mit großen, bewundernden Augen sah sie ihre Freundin an und klatschte dabei in die Hände. »Kunni, du alde Schbiernoosn, hasd doch rechd ghabd! Wer häddn dees dengd? »
»Fraali habbi rechd ghabd, du wollsdmers ja ned glaabn! Eds hammer die DNA vom Obfer und vom Däder. Iech deng, dees Obfer kemmer scho, ham abber keine Ahnung ned wuus abbliebn is. Den Däder kemmer nu ned, wohlgemergd, die Bedoonung liechd auf ›nu ned‹, abber iech hob ieberhabd kane Bedengn, dass’mer den ned finna, edz wu’mer sei DNA ham! Dees werdn zum Verhängnis! Wersd sehgn! Wardna alder Schlagg, mier griegn di scho nu. Der Leitmayr is der scho auf der Schbur!«
»Hosdes ieberhabd scho midgrichd, dass in Röddenbach die Dschechn-Mafia verhafd ham?«, wollte die Retta wissen.
Abfischen
Von den unzähligen Fischteichen, die in und in der unmittelbaren Nähe Röttenbachs liegen, gehört der Breitweiher zweifelsohne zu den etwas Stattlicheren. In der Nord-Süd-Ausrichtung misst das Gewässer sicherlich seine 320 Meter. Von Ost nach West dürften es gar 420 Meter sein. Die Röttenbacher sprechen vom »Braadweiher« oder dem »braadn Weiher«.
Der Breitweiher ist von drei Seiten von Wald eingerahmt und liegt auch deshalb landschaftlich sehr schön. Verlässt man Röttenbach auf der Hannberger Straße und folgt dem breiten Feldweg in Richtung der Autobahn A3, braucht man nur die erste Abzweigung nach links nehmen und geradeaus dem Weg folgen. Nach zehn Minuten stößt man automatisch auf den »braadn Weiher«. In und auf seinem braunen Gewässer fühlen sich viele Wasservögel heimisch. Haubentaucher und Stockenten sind auf dem Breitweiher genauso vertreten wie die weißen Höckerschwäne und die gefräßigen Fischreiher. In seinen Fluten tummeln sich Karpfen, Schleien, Hechte, Aale und auch vereinzelt riesige Waller.
Heute, am 01. Oktober sollte es hoch hergehen, am Breitweiher. Noch lag das Gewässer still und ruhig im aufsteigenden Nebel des jungen Morgens. Es war zwar schon schummrig hell, aber noch war die Sonne nicht über den Wipfeln des östlichen Waldrandes aufgestiegen. Ab und zu krächzte ein Eichelhäher. Lachmöwen zogen im Tiefflug ihre Kreise über der Wasseroberfläche. Es versprach, ein schöner Tag zu werden.
»Habder dees Zuchnedz aa dabei?«,
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