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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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des Lokomotivwerkes in München, der gerade nochmals die Plan- und bisherigen Ist-Zahlen für das angelaufene erste Quartal des neuen Geschäftsjahres miteinander verglich. Er beschloss ad hoc weitere einhundert Mitarbeiter kurzfristig abzubauen, um die Entwicklung der Personalkosten nachhaltig in den Griff zu bekommen. Er würde mit den Minderleistern beginnen und mit den nicht mehr so stark belastbaren Endfünfzigern weiter machen. Die junge Dame links neben ihm, mit dem dunkelblauen Kostüm und der weißen Rüschchenbluse, Segmentleiterin des Internal Audit Departments in Karlsruhe, gab ihrem letzten Revisionsbericht »Stabsabteilungen, notwendig, oder nicht?« den letzten Schliff. Nächste Woche musste sie ihn vor der Sektorleitung vortragen.
    Die Abteilung »Führungskräfteentwicklung« am Wittelsbacher Platz in München hatte zu dem zweieinhalbtägigen Seminar »Der Weg ist das Ziel – Konfuzius der große Philosoph« eingeladen. Es war kurz vor drei Uhr nachmittags und die fünfundzwanzig warteten auf die Seminarleitung.
    Punkt drei Uhr öffnete sich die Tür zum Seminarraum und Verona Hinterbichler, Mitarbeiterin von Human Ressource, Abteilung Führungskräfteentwicklung, in Begleitung eines circa ein Meter fünfundachtzig großen, schlanken Mannes, mit Adlernase und athletisch gebaut, betraten den Raum. Er mochte etwa Anfang dreißig sein. Verona Hinterbichler zählte achtundzwanzig Lenze und war noch immer unverheiratet.
    »Guten Tag, meine Dame, meine Herren«, begrüßte Verona Hinterbichler die Seminarteilnehmer, »ich freue mich, Sie im Namen von Human Ressourceshier in diesem herrlichen Schlosshotel ganz herzlich begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, Sie hatten alle eine angenehme und unbeschwerliche Anreise zu diesem herrlichen, historischen Ort. Ich denke, Ihnen ist, gleich gegenüber, das geschichtsträchtige, wunderbar erhaltene Barockschloss Weissenstein aufgefallen, welches in seinem Innern edle Kunstwerke beherbergt. Doch bevor ich zu sehr von unserem Thema abschweife, habe ich das Vergnügen, Ihnen Herrn Isaac Wolfram Haberlander, Inhaber der Firma RyCiN, vorzustellen. Herr Haberlander und sein Team werden sie die nächsten zweieinhalb Tage durch das Seminar führen und begleiten. Noch etwas zum Organisatorischen: Im Laufe des Nachmittags werden noch vier Herren aus dem Oberen Führungskreis hier eintreffen. Leider stecken sie wegen eines Unfalls auf der A 3 derzeit noch im Stau. Die vier werden als Beobachter fungieren und am Ende des Seminars jedem Einzelnen von Ihnen ein persönliches Feedback bezüglich Ihrer Performance geben. Seien Sie deshalb mit Begeisterung, Initiative, kreativen Ideen und Teamgeist bei der Sache. Gegen 21 Uhr, kurz nach dem Abendessen, wird Herr Joern F. Stenz zu uns stoßen und im Rahmen eines Kamingesprächs mit Ihnen über Business Excellence diskutieren. Nun aber genug der Worte, ich darf nun an Herrn Isaac Wolfram Haberlander übergeben, der Sie kurz in den Seminarverlauf einführen wird und Ihnen noch ein paar Information über den Sinn und Zweck unseres zweieinhalbtägigen Zusammenseins geben wird. Herr Haberlander, bitte sehr!«
    Man applaudierte höflich. Isaac Wolfram Haberlander trat vor, fixierte die Seminarteilnehmer und ergriff das Wort. »Hallo und Grüß Gott«, tönte seine tiefe Bassstimme durch den Raum. »Ich möchte mich zunächst kurz vorstellen. Meinen Namen kennen Sie bereits. Ich bin Inhaber der Firma RyCiN und Leiter eines vierzehnköpfigen Teams. »RyCiN«, was für ein komischer Firmenname, werden Sie fragen. Was verbirgt sich denn da dahinter? Nun RyCiN steht für »Reactivate your Capabilities in Nature«, und genau das, meine Dame, meine Herren, werden wir heute und in den beiden nächsten Tagen intensiv praktizieren, das verspreche ich Ihnen. Wir werden wie die Indianer auf die Pirsch gehen, denn wir haben für Sie einen Bogenschießen-Outdoor-Event vorbereitet. Was soll das, werden Sie sich vielleicht denken. Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr. Aber, wenn ich so in die Runde schaue, sehe ich vor mir fünfundzwanzig junge Menschen, in die Ihre Firma große Hoffnungen setzt und offensichtlich noch Großes vorhat.« Isaac Wolfram Haberlander beschrieb mit seinen beiden Armen zwei Viertelkreise, in die er die Seminarteilnehmer einschloss. »Und was machen die hoffnungsvollen Jung-Manager und künftigen Top-Manager?«, fuhr er fort, »sie sind alle online und schicken über ihre Laptops digitale Kommunikation in die globale Welt und

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