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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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standen auch mächtige alte Bäume inmitten der Weiden. Große Gehöfte und kleinere Bauernhäuser setzten farbliche Akzente. Überall um uns herum war das Zwitschern und Tirilieren der Vögel zu vernehmen. Obwohl die Sonne immer mehr an Kraft gewann, lag der Morgentau auf allem noch wie ein leichtes Schleierband.
    Nach einem besonders steilen Anstieg machten wir eine kurze Rast an einem Brunnen mit wunderbarem Weitblick. Dort kamen wir auch zum ersten Mal mit Bert und Theo, zwei sehr netten Holländern, in Kontakt. Beide waren uns schon vorher aufgefallen. Wir schätzten sie auf mindestens sechzig Jahre alt, trotzdem waren sie sehr schnell unterwegs. Vor allem ich kam mir vor wie eine lahme Ente. Wir sahen sie dennoch immer wieder, weil die beiden häufiger Rast machten. Aus diesem Grund traf man immer wieder auf Pilger, deren Weg wir bereits gekreuzt hatten.
    Kurz vor dem Col Bentarte veränderte sich das Wetter innerhalb kürzester Zeit. Wind kam auf, es wurde immer nebliger, leichter Nieselregen setzte ein, es wurde schneidend kalt. Wir zogen unsere Regenkleidung an, machten die Rucksäcke regensicher und versuchten die Kälte nicht zu sehr an uns heranzulassen. Die Sicht war mittlerweile auf keine zehn Meter reduziert, so konnte es plötzlich passieren, dass man unverhofft auf eine Kuh traf, die im Gras vor einem lag. Mein Rücken schmerzte zunehmend aufgrund der doch sehr fremden Last. Gu stöhnte über die Schmerzen in Oberschenkel und Füßen. Mindestens drei bis vier Stunden Fußmarsch lag noch vor uns und bereits jetzt jammerten wir über unsere wunden Körperteile.
    Am Col de Bentarte liegt der Rolandsbrunnen. Kurz bevor wir ihn erreichten, kam uns ein Mann in heller Aufregung entgegengelaufen. Auf Englisch erklärte er uns in kurzen, hastigen Sätzen, dass am Brunnen ein schlimmer Unfall passiert sei, dort würde dringend Hilfe benötigt. Per Handy wäre dies aber nicht möglich, er hätte keinen Empfang. Auch wir stellten dies nach Einschalten unserer Handys fest. Der Mann, ein Holländer, lief weiter zurück, nachdem wir ihm erklärt hatten, dass ein Stück hinter uns gerade eine Pilgergruppe Rast machen würde, die von einem Auto begleitet würde. Wir beschlossen weiterzugehen, um zu schauen, ob wir am Unfallort Hilfe leisten könnten. Dort angekommen bot sich uns ein Bild des Jammers. Ein etwa 55- bis 60-jähriger Mann von schlanker, nicht allzu großer Statur war mit seinem Fuß und gesamten Unterschenkel, kurz oberhalb des Knies endend, in eine Art Eisenverstrebung hineingeraten, die im Boden als Abflussrinne eingelassen war. Diese Verstrebung erwies sich als sehr tückisch: Die einzelnen Streben waren durch den Regen sehr glatt, außerdem waren von Strebe zu Strebe breite Zwischenräume, durch die man sehr leicht durchrutschen konnte. Das war hier augenscheinlich passiert. Die äußere Verletzung schien gar nicht so schlimm zu sein, aber das Knie war so angeschwollen, dass das Bein nicht mehr herauszuziehen war. Der Schock und die nasse Kälte machten dem Mann sichtlich zu schaffen. Da wir aber nichts tun konnten und schon genug Helfer vor Ort waren, gingen wir weiter. Wir hatten dabei ein schlechtes Gefühl, aber wir fanden es für den Verletzten auch unangenehm, dass die Traube der Gaffer immer größer wurde, und wir wollten nicht auch noch dazugehören. Wir konnten nicht helfen. Später fuhr ein Geländewagen mit Rot-Kreuz-Zeichen an uns vorbei, kurze Zeit darauf rotierten die Blätter eines Hubschraubers über uns. Wir waren geschockt und empfanden tiefes Mitleid mit dem Pilger, dessen Reise bereits hier zu Ende war. Uns war es warnendes Beispiel dafür, immer und überall vorsichtig zu sein!
    Bei all der Aufregung hatten wir nicht bemerkt, dass wir in der Nähe des Rolandbrunnens Frankreich schon verlassen hatten und nun in Spanien waren! Im Unterschied zu Frankreich wurden die Wegmarkierungen jetzt immer zahlreicher und vollständiger. Die gelben Pfeile waren gut sichtbar auf Straßen, Felsen, Baumstämmen oder Häusern gemalt. Wegtafeln aus Metall mit dem Muschelsymbol oder aber steinerne Pfeiler mit eingelassener Muschel wiesen uns zusätzlich den Weg. Es war ein sehr effektives System, das ich als Pilgerin immer wie meinen Leitstern empfunden habe. Mein Stern, der mich sicher und behütet in Richtung Westen, nach Santiago leitete.
    Endlich erreichten wir den Col de Lepoeder. Mein ganzer Rücken war verspannt, ich versuchte es so gut es ging zu ignorieren, aber es gelang mir nicht. Zu

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