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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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wollten nur möglichst nah an unser eigentliches Ziel kommen, um am zweiten Tag nicht allzu spät dort anzukommen. Die Autobahnen in Frankreich wollten wir nur bedingt nutzen, zum einen, um die teure Maut nicht immer bezahlen zu müssen, zum anderen, weil wir davon ausgingen, abseits der Hauptverkehrsströme sehr viel einfacher ein Nachtquartier für uns zu finden. Das sollte sich später als Irrtum herausstellen.
    Die Fahrt war schön. Unsere unbändige Freude über die vor uns liegende gemeinsame Zeit, das Abenteuer, das uns erwartete, sowie das Glück so nah beieinander zu sein, machte die Reise zu einem Vergnügen. Die Anrufe und SMS-Nachrichten, die zwischendurch zu meinem Geburtstag eintrafen, motivierten, denn immer war der Glückwunsch auch mit einem Reisewunsch verbunden. Die Landschaften zogen an uns vorbei, wir genossen die Aussicht. Zunächst war das Wetter etwas trüb und regnerisch, später in Frankreich klarte es auf. Die Sonne brach sich immer wieder ihren Weg durch schnell dahinziehende Wolken, die unterschiedlich schattiert waren, ein grandioses Schauspiel. Wir durchquerten Gegenden, die ich bisher nur von der Landkarte oder durch französisches Essen kannte: Langedoc, Perigord, Gas-cogne,..., einfach umwerfend schön.
    Gu und ich hatten, wie vorher festgelegt, irgendwann die Autobahn verlassen, um über Land weiterzufahren. Wir hatten nur nicht bedacht, dass am Sonntag augenscheinlich sehr viele Ausflügler unterwegs waren. Nur langsam kamen wir voran. Unser Plan möglichst nah an die französisch-spanische Grenze zu kommen, schien in weite Ferne zu rücken. Damit haderte ich, malte mir bereits aus, wie spät wir am nächsten Morgen in St. Jean-Pied-de-Port ankommen würden. Es würde wenig Zeit bleiben, um sich in Ruhe auf den ersten Wandertag vorzubereiten und die restlichen Formalitäten erledigen zu können. Immer wieder nervte ich Gu mit Fragen: »Was meinst du, bis wohin werden wir es heute noch schaffen? Sollen wir morgen noch früher losfahren, um den Zeitverlust auszugleichen? Können wir nicht einen kürzeren Weg fahren?« Gu entgegnete mir immer mit gleicher stoischer Ruhe: »Wir kommen dort und dann an, wie es eben der Verkehr zulässt, ich kann es nicht ändern. Es ist so, wie es ist.« Irgendwann begriff ich, ich war wieder in meinem alten Muster verfallen. Plötzlich war ich nicht mehr im Hier und Jetzt, sondern bereits wieder in der Zukunft. Statt weiter die Nähe von Gu und das Panorama zu genießen, war ich schon in Gedanken beim Abend und sogar beim nächsten Tag. Nicht nur kurz für einen Moment, sondern immer und immer wieder driftete ich ab. Vergangenes hinter mich zu lassen, war etwas ganz Einfaches für mich, aber in der Gegenwart zu sein, ohne dabei die Zukunft in den Mittelpunkt meines Denkens zu stellen, das war sehr, sehr schwer für mich. »Adsum«, einfach da sein, würde ich das auf dem Jakobsweg ein wenig mehr verinnerlichen? Würde ich meine Ungeduld, die innere Anspannung und meine Erwartungen in den Griff bekommen?
    Gegen 19 Uhr begannen wir, nach einer Pension Ausschau zu halten. Wir passierten so viele kleine Dörfer und Städte, dass wir dachten, ohne Probleme Unterkunft für die Nacht zu finden. Dem war aber nicht so, entweder gefielen uns die Häuser von außen nicht, sie waren geschlossen oder es gab am Weg gar keine Möglichkeit unterzukommen. Irgendwann war es bis Clermont-Ferrand nicht mehr weit, deshalb entschieden wir, dort eine Bleibe zu suchen. Um 21 Uhr hatten wir endlich ein Zimmer, eigentlich für unser Budget zu teuer, aber verkehrsgünstig gelegen und dennoch nah zur wunderschönen Altstadt. An einem mittelalterlich anmutenden Platz, umsäumt von Platanen, aßen wir in einem typisch französischen Lokal zu Abend. Dank Heizstrahler und der lauen Luft konnten wir unser Essen auf der Terrasse einnehmen und meinen Geburtstag sowie unseren ersten Reisetag in Ruhe ausklingen lassen.
     
     

Montag, 22. Mai 2006
    Clermont-Ferrand - St. Jean-Pied-de-Port
     
    Ein atemberaubender Ausblick erwartete uns an diesem Morgen im Frühstücksraum des Hotels. Dort, im obersten Stockwerk, konnten wir über die gesamte Altstadt blicken, in deren Mitte die Kathedrale mit ihren aufstrebenden Türmen stand. Sie sah wie eine kleinere Ausgabe des Kölner Doms aus. Dieser Ausblick versöhnte uns mit unserer späten Ankunft, die es nicht mehr zugelassen hatte, die Stadt näher zu erforschen. Gegen 9 Uhr starteten wir. Der letzte Tag mit dem Auto, ab dem nächsten Morgen

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