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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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arbeitet. Zu ihr hatten Gu und ich gleich einen sehr persönlichen Draht. Unsere Unterhaltung drehte sich schnell um Themen, die nicht an der Oberfläche blieben, sondern substanziell waren. Kathrin blieb auch auf eine bestimmte Art und Weise rätselhaft. Auf meine Frage, wie alt sie sei, lächelte sie nur und meinte ernst: »Ich bin über hundert Jahre alt.«
    Irgendwann war es Zeit für die Pilgermesse. Es tat gut, wenn in einem Ort eine Pilgermesse angeboten wurde und wir nutzten es jedes Mal gern. Die Iglesia de Santa Maria stand mitten in Los Arcos und war wunderschön anzusehen. Sie schien sehr alt zu sein und man konnte verschiedene Baustile ausmachen. Innen war die Kirche zum Teil reich geschmückt und wirkte in vielen Segmenten barock. Am meisten gefiel mir der Kreuzgang, in seinem Innenhof blühten Rosen über Rosen, einige Weinreben rankten sich am alten Gemäuer hoch. Es wirkte malerisch und romantisch auf mich, die kühle Stille schuf einen zusätzlichen Zauber. Die Messe setzte diesen Zauber fort. Als die Orgel einsetzte, hörte sie sich zum Gesang der Besucher prächtig an. Es waren nicht nur zahlreiche Pilger, sondern auch viele Einheimische erschienen. Der noch relativ junge Priester hielt den Gottesdienst mit offensichtlicher Freude ab und wirkte sehr engagiert. Am Ende bat er uns Pilger nach vorne zu kommen, um uns vor der Statue der Schutzpatronin der Kirche, der heiligen Mutter Maria, segnen zu können. Er scherzte mit uns, auch in Englisch und Deutsch. Darüber hinaus bat er uns, in Santiago für ihn und seine Gemeinde zu beten. Er fragte unsere Nationalitäten ab, wieder waren Pilger aus allen Himmelsrichtungen vertreten. Am Ende verteilte er Heiligenbildchen, die Jakobus zeigten und mit einem Pilgergebet versehen waren. Der Priester hatte sie sogar in einigen Landessprachen vorrätig. Berührt und angefüllt mit Zuversicht und Vertrauen wollten wir gerade die Kirche verlassen, als hinter uns das »Lobe den Herren« erklang. Unsere Reisegruppe aus dem Innenhof hatte sich vor dem Altar aufgebaut und sang nun mit Inbrunst dieses wunderbare Lied. Sie sangen wunderschön!
    Kathrin, Nele, Jörg, Gu und ich hatten uns im Dorf zum Paella-Essen verabredet und genossen den warmen Frühlingsabend auf der Terrasse eines netten Restaurants. Es war eine lustige Runde und erst spät kamen wir in die Herberge zurück. Alles war schon dunkel und in unserem Zimmer war es bereits verdächtig still. Wir verabschiedeten uns voneinander, nie konnte man sich sicher sein, ob man sich tatsächlich noch mal wiedersehen würde. Nele und Jörg sahen wir tatsächlich in Los Arcos zum letzten Mal, danach waren sie wie vom Erdboden verschwunden. Bei Jörg war es noch zu verstehen, da er in Burgos wieder den Heimweg antreten wollte, doch Nele so völlig aus dem Blick zu verlieren, fand ich schade. Niemand hatte sie danach gesehen oder konnte mir über sie etwas berichten. Noch heute ist sie mir sehr gegenwärtig. Kathrin sahen wir einen Tag später noch ein Mal, danach sollte ich ihr lange nicht mehr begegnen.
     
     

7. Pilgertag, Montag, 29. Mai 2006
    Los Arcos - Logroño
     
    Gu und ich wurden häufig am Morgen zur gleichen Zeit wach, bereits um fünf Uhr weckte uns diesmal unsere innere Uhr. Wir hatten uns mittlerweile angewöhnt, dann auch aufzustehen und die frühen Morgenstunden, die kühl und schattig waren, zum Wandern zu nutzen. In fast schon gewohnter Weise brachten wir mit wenigen, möglichst leisen Handgriffen das Gepäck vor die Tür, um erst dann das Anziehen und Packen zu erledigen. Für uns war es selbstverständlich, auf die anderen Pilger Rücksicht zu nehmen.
    Vor uns war das französische Paar schon aufgestanden. Jetzt saß die Frau am Eingang, zum Losgehen bereit und wartete sichtlich genervt auf ihren Mann, der im Aufenthaltsraum in aller Seelenruhe seinen Rucksack packte und dabei noch frühstückte. Sie war klein und zierlich und wirkte sehr durchtrainiert. Ihre kurz geschnittenen grauen Haare standen in apartem Kontrast zum braun gebrannten Gesicht. Er war bestimmt zwanzig Zentimeter größer als sie und hatte etwas von einem mächtigen Bretonen, sein Gesicht wurde von einem sehr großen Schnauzer dominiert. Beide schätzte ich um die 55 bis 60 Jahre alt. Es war das erste Mal, dass wir Patricia und Michel wahrnahmen.
    Draußen war es noch sehr dunkel, als wir die Herberge verließen. Die Sterne leuchteten am Firmament und tiefe Stille lag über Los Arcos. Wie immer gefiel es Gu und mir sehr, so

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