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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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befreundet?«
    »Ich glaube, ich war für sie nie Teil der Familie. Ich stand außerhalb. Vielleicht kam es ihr auch gelegen, jemanden zu haben, den sie nach Familieninterna fragen konnte. Sie hat den Werdegang unserer Familie seit diesem Unfall damals immer mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.«
    »Haben Sie ihr etwas verraten?«
    »Ja. Wenn es harmlos war. Warum nicht? Es gibt hier keine Skandale zu berichten. Wir sind eine saubere Familie. Nett und langweilig.«
    »Von letztem Weihnachten mal abgesehen«, sagte Mike. Wolfgang Millruth erwiderte nichts.
    »Was ist Ihre Position in der Familie?« Wallner fielen Wolfgang Millruths Arbeiterhände auf.
    »Ich lebe von meines Bruders Gnaden und vom Geld meiner Schwägerin. Nicht übermäßig angenehm. Aber … es gibt Schlimmeres.«
    »Woher kommt diese Abhängigkeit?«
    »In dem Alter, in dem andere Karriere machen, hatte ich nur den Weltfrieden, Sex und Drogen im Kopf. Und mit Geld konnte ich noch nie umgehen.«
    »Sie restaurieren Möbel. Bringt das nichts ein?«
    »Wenig. Die meisten Möbel gehören Katharina. Die mache ich natürlich umsonst. Und der Rest – ich arbeite so gründlich, dass ich auf einen Stundenlohn von zwei Euro komme. Das hat Katharina mal ausgerechnet.«
    »Gab es jemanden, der einen Grund gehabt haben könnte, Hanna Lohwerk umzubringen?«
    »Ach Gott – schwierige Frage. Hier in der Familie war sie jedenfalls nicht sehr beliebt. Sie kam immer an den Feiertagen vorbei. Weihnachten, Ostern, Pfingsten. Und ging allen auf den Wecker. Sie setzte sich einfach dazu und machte Smalltalk. Eigentlich nicht unangenehm. Sehr freundlich. Sie lobte das Haus und die Kinder. Aber jedem war klar, weshalb sie kam.«
    »Nämlich?«
    »Um in Erinnerung zu halten, dass es sie gab. Und dass wir an ihrem Unglück schuld waren. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Jeder war genervt von ihr. Trotzdem bringt man deswegen ja niemanden um.«
    »Wenn Sie sagen, sie war schwierig, dann gab es doch bestimmt noch andere, mit denen sie über Kreuz war?«
    »Konkret wüsste ich niemanden.«
    »Und abstrakt?«
    Wolfgang Millruth zögerte und strich mit der Hand über das gehobelte Brett für den Bauernschrank, nahm einen Zug aus der Zigarette. »Sie hat in letzter Zeit Andeutungen gemacht. So in der Richtung, dass es an der Zeit sei, sich was vom großen Kuchen abzuschneiden, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Offen gesagt – ich versteh’s nicht.«
    »Sie hatte Bilder von diesem afghanischen Mädchen gesehen, dem der Ehemann die Nase abgeschnitten hatte. Irgendein plastischer Chirurg in Amerika hat ihr eine neue gemacht. Und das sah gar nicht so schlecht aus. Jedenfalls wollte Hanna zu diesem Arzt, um sich operieren zu lassen. Aber dafür brauchte sie Geld. Viel Geld. Das wollte sie sich besorgen.«
    »Und wie?«
    »Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wusste sie einige unschöne Dinge über ein paar Leute. Und dieses Wissen wollte sie wohl zu Geld machen.«
    »Erpressung?«
    »Ich denke, Sie würden das so nennen.«
    »Wen konkret sie erpressen wollte, wissen Sie nicht?«
    »Wir waren zwar relativ vertraut. Aber das hat sie für sich behalten. Ich habe sie einmal gesehen, wie sie in Hausham am Straßenrand mit einem Mann geredet hat. Keine angenehme Unterhaltung. Das konnte man sehen.«
    »Können Sie den Mann beschreiben?«
    »Stämmig, kompakt. Ziemlich klein. Dunkelblonde, fettige Haare. So um die vierzig. Das Gesicht war vielleicht mal ganz ansehnlich.«
    Mike sah Wallner an. »Kommt dir der bekannt vor?«
    »Vage«, sagte Wallner. »Sagt Ihnen der Name Raubert etwas? Kilian Raubert?«
    »Ein Spediteur?«
    »Richtig.«
    »Ja, der hat gelegentlich größere Möbelstücke für mich transportiert. Stimmt. Jetzt wo Sie’s sagen. Der ist ein oder zwei Mal selbst gekommen.« Wolfgang Millruth nickte. »Ja. Das war der Mann. Als ich ihn mit Hanna auf der Straße gesehen habe, kam er mir schon irgendwie bekannt vor. Aber ich wusste nicht, wo ich ihn hintun soll. Raubert!«
    »Haben Sie eine Ahnung, was Hanna Lohwerk über Raubert wusste?«
    »Nein. Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Irgendein schmutziges kleines Geheimnis, denke ich mal.«

Kapitel 14
    M ike entschied, Raubert eine Nacht im Gefängnis schmoren zu lassen. Er hatte ein Geheimnis, das er nicht preisgeben wollte. Entweder beim Finanzamt, der Polizei oder der Ehefrau. Damit waren wohl achtundneunzig Prozent der Möglichkeiten abgedeckt. War das Geheimnis so schmutzig, dass er einen Mord begehen

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