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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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ungehalten.
    »Ich habe so hoch gezielt, dass ich Sie nicht treffen konnte. Mir war klar, dass Sie feige am Boden kauern würden.«
    »Ich hau ihm grad mal eine aufs Maul«, sagte Mike und schickte sich an, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wallner hielt ihn zurück.
    »Hast du noch einen Augenblick Zeit? Ich würde von Herrn Millruth gerne hören, was der Scheiß sollte, solange er noch Zähne hat.«
    »In seinem nächsten Film spielt er einen schießwütigen Gangsterboss«, sagte Wolfgang Millruth. »Ich denke, er hat sich ein wenig eingestimmt.«
    Wallner und Mike waren sichtlich irritiert.
    »Unsinn. Ich habe mein Eigentum verteidigt. Und vielleicht erzählen Sie uns jetzt mal, was Sie hier wollen. Es geht ja wohl nicht wieder um die Geschichte an Weihnachten?«
    »Nein. Das ist ja nun erledigt. Ist übrigens interessant, wie locker hier immer noch mit Schusswaffen umgegangen wird«, sagte Mike. Dieter Millruth sagte nichts darauf. Es war in dem Licht nicht auszumachen, ob ihn Mikes letzter Satz in irgendeiner Weise berührt hatte. »Wir wollten Herrn Wolfgang Millruth sprechen. Es geht um Hanna Lohwerk.«
    »Haben Sie die alte Hexe verhaftet?«, fragte Dieter Millruth.
    »Sie wurde ermordet.«
    »Oh – sehr gut!«
    Wallner und Mike wunderten sich in Anbetracht der vorangegangenen Ereignisse nicht allzu sehr über Dieter Millruths Reaktion. Wolfgang Millruth hingegen sah seinen Bruder missbilligend an.
    »Ja, ich weiß. Du siehst das anders. Aber zum Teufel, sie war eine Hexe. Mit oder ohne ihr Gesicht.« Dieter Millruths Aussage blieb unkommentiert. »Gut, dann lass ich Sie mal alleine. Kann ich meine Pistole wiederhaben?«
    »Sonst noch was?«, sagte Mike und steckte die Waffe ein. Beim Hinausgehen murmelte Dieter Millruth etwas, das wie »kleinkarierter Spießer« klang. Mike rief ihm nach, er werde noch von der Polizei hören.
     
    Wolfgang Millruth hatte während der Schießerei ein Brett für die Rückwand des Bauernschranks zurechtgehobelt. Sie wurde, wie bei vielen antiken Schränken, nicht geleimt, sondern gesteckt. Bei der Arbeit hatte Wolfgang Millruth Musik auf seinem MP 3-Player gehört und infolgedessen die Schüsse nicht sofort wahrgenommen.
    »Wer sollte die Frau umbringen wollen?«, fragte er.
    »Wir dachten, Sie könnten uns dabei weiterhelfen. Sie haben oft mit ihr telefoniert. Was für eine Beziehung hatten Sie zu ihr?« Mike ließ ein Diktiergerät mitlaufen.
    »Wir waren befreundet. Mehr nicht. Ich glaube, sie hatte nicht viele Freunde.«
    »Wegen ihres Äußeren?«
    »Teils. Teils auch, weil sie nicht ganz einfach war. Das hing wohl ebenfalls mit ihrem entstellten Gesicht zusammen.«
    »Inwiefern?«
    »Seit ihrem Unfall hat sie sich ausgemalt, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn das nicht passiert wäre. Sie hatte all die Jahre einen unglaublichen Zorn in sich.«
    »Auf wen?«
    »Na ja – auf das Schicksal, wenn man so will. Und natürlich auf unsere Familie.«
    »Die Familie Millruth?«
    »Ja.« Wolfgang Millruth zögerte. »Ach, das wissen Sie gar nicht?«
    »Ich fürchte nein.«
    »Es war vor zwölf Jahren. Hanna wollte meine Schwägerin besuchen. Sie spielten im gleichen Film und wollten das Drehbuch zusammen durchgehen. Kurz vor dem Haus lief meine Nichte auf die Straße, Hanna musste ausweichen und stürzte den Berg runter. Der Wagen hat Feuer gefangen, Hanna war darin eingeklemmt. Ihr Gesicht haben Sie ja gesehen.«
    »Ihre Nichte, das war die junge Frau, die Weihnachten …«
    »Ja. Sie war damals acht Jahre alt.« Wolfgang Millruth zündete sich eine selbstgedrehte Zigarette an.
    Wallner sah sich in der Werkstatt um. An den Wänden standen Bretter aus altem Holz, zum Teil wurmstichig. Es wurde allem Anschein nach zum Restaurieren antiker Möbel verwendet. »Sie hat Ihre Familie für ihr Unglück verantwortlich gemacht?«
    »So in etwa. Meine Schwägerin hat ihr seitdem eine kleine Rente bezahlt, obwohl niemanden eine Schuld traf. Jedenfalls juristisch. Dass Katharina ihr Geld gab, hat Hanna eher in ihrer Überzeugung bestärkt, dass es Schuldige gibt.«
    »Ihre Nichte hat sie nicht verantwortlich gemacht?«
    »Ein achtjähriges Kind? Nein. So verbohrt war sie auch wieder nicht. Ich glaube, es hing eher mit Katharinas Erfolg als Schauspielerin zusammen. Da war viel Neid und Verbitterung im Spiel. Wenn Sie zusehen müssen, wie die Frau Karriere macht, deren Kind Ihre eigene Karriere zerstört hat … Ich denke, so hat sie es gesehen.«
    »Warum waren dann
Sie
mit ihr

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