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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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hier im Landkreis ein Mord ereignet.«
    »Ich habe davon gehört. Das macht die Kollegin Kesselbach.«
    »Richtig. Nun – in der Wohnung des Mordopfers haben wir Hinweise darauf gefunden, dass die Polizei erst eine Stunde nach dem Auffinden von Leni Millruths Leiche verständigt wurde.«
    »Wenn Sie diese Hinweise jetzt erst gefunden haben, dann konnte man das ja bisher nicht wissen.«
    »Natürlich. Es geht hier – anders, als Sie vielleicht vermuten – in keiner Weise darum, den Schwarzen Peter herumzuschieben. Ich will mir nur einen Überblick in dem neuen Mordfall verschaffen.«
    »Wie war die Frage?«
    »Die Frage ist, ob Ihnen damals irgendwelche Widersprüche aufgefallen sind bei den Aussagen zum Zeitpunkt des Leichenfundes. Also rückblickend betrachtet.«
    »Nein. Damals haben alle, die wir vernommen haben, übereinstimmend ausgesagt, dass die Leiche um … wann? Halb neun?«
    »Halb neun.«
    »Dass die Leiche um halb neun gefunden wurde. Beziehungsweise, dass sie von Katharina Millruth um die Zeit verständigt wurden.«
    »Nun ja – alle nicht.«
    »Wer denn nicht?«
    »Dieter Millruth. Der hat ausgesagt, es sei halb acht gewesen. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die Angabe im Widerspruch zu den Aussagen der anderen stand. Daraufhin hat er auf halb neun korrigiert. Es wurde nicht weiter nachgefragt, aus welchem Grund er vorher etwas anderes gesagt hatte.«
    »In der Tat bedauerlich. Zumal Sie Ihren Leuten mit Sicherheit einschärfen, in solchen Fällen nachzuhaken.«
    »Ständig tu ich das. Aber das nützt natürlich nichts, wenn die Vernehmung vom Staatsanwalt geführt wird.«
    »Ach ja. Ich erinnere mich. Na ja, die Sache war ziemlich klar. Der Mann hatte gerade seine Tochter verloren. Dass er da durcheinander war, ist ja logisch. Außerdem ist Herr Millruth von eher übersichtlicher Intelligenz.«
    »Nun, wie es jetzt aussieht, hat er als Einziger die Wahrheit gesagt. Was seine Intelligenz anbelangt, will ich gar nicht widersprechen. Aber das könnte auch der Grund gewesen sein, dass er als Einziger zu dämlich war, sich die verabredeten Aussagen zu merken.«
    »Ich versteh nicht ganz, worauf Sie hinauswollen.«
    »Ich will wissen, was damals wirklich passiert ist. Möglicherweise gibt uns das wichtige Hinweise für die Aufklärung des gestrigen Mordes. Auch das mit der Tatwaffe verstehe ich nicht ganz. Es wurden keine Fingerabdrücke auf der Flinte gefunden.«
    »Der Angeklagte hatte sie abgewischt. Aber das steht in der Akte.«
    »Schon. Nur – warum macht er das? Es war sein eigenes Jagdgewehr. Natürlich wären da seine Fingerabdrücke drauf. Das allein würde ihn nicht verdächtig machen.«
    »Tja – beantworten
Sie
die Frage.«
    »Es ist zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Bleiben wir erst mal dabei, dass es Ungereimtheiten gibt.«
    »Haben Sie jemals ein Strafverfahren ohne Ungereimtheiten erlebt?«
    »Sehr selten.«
    »Eben. Wenn Sie einen geständigen Täter haben, und alles passt zusammen …«
    »Was es im Augenblick nicht tut.«
    »Was es aber damals tat. Jedenfalls gab es keinen Anlass, jede kleinste Ungereimtheit aufzuklären.«
    »Weshalb vermutlich auch die Therapeutin des Opfers nicht vernommen wurde, wie von Herrn Hanke vorgeschlagen.«
    »Die Frau war vier Wochen im Urlaub. In Guatemala. Und die Aussage hätte rein gar nichts gebracht.«
    »Die Behauptung erscheint mir etwas voreilig, wenn Sie gar nicht wissen, was sie ausgesagt hätte. Aber lassen wir’s mal so stehen.«
    »Herr Wallner – was ist der Grund Ihres Anrufs? Mir ans Bein zu pinkeln? Da kommen Sie zu spät. Das hätten Sie vor dem Prozess machen sollen. Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass das nichts geändert hätte. Und deshalb versuchen Sie es jetzt mit Nachtarocken.«
    »Oh, es tut mir ausgesprochen leid, dass ich mich so missverständlich ausgedrückt habe. Ich wollte mich nur vergewissern, dass es nicht noch irgendetwas gibt, das nicht in den Akten steht.«
    »In der Tat. Da habe ich Sie ein bisschen missverstanden. Es kam bei mir fast so an, als wollten Sie meine Arbeit madig machen.«
    »Um Gottes willen, nein! Aber gut, dass wir so offen über diese Dinge reden. Vielleicht noch eine letzte Frage zu dem Millruth-Prozess: Sie hatten nie das Gefühl, dass da irgendetwas merkwürdig läuft?«
    »Ganz und gar nicht. Ich hoffe, ich konnte Ihnen behilflich sein.«

Kapitel 21
    A drian hatte ein ausgeprägtes Kinn und Lachfalten, dunkle, fast schwarze Haare und leichte Schatten um die

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