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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Kienlechner sah Kreuthner unbeugsam in die Augen und sagte: »Nein.«
    Kreuthner blickte zu Schartauer. Der schüttelte langsam und ernst den Kopf, als wollte er seinen Kollegen von etwas sehr Dummem abhalten. Kreuthner ignorierte Schartauers Warnung und zog etwas aus seiner Uniformjacke. Es war ein Brief. »Wieso steht auf diesem Brief: Sofia Popescu, c/o Jana Kienlechner?«
    Auf der hübschen Stirn der jungen Frau bildete sich eine Falte zwischen den Augen. »Wo haben Sie den her?«
    »Aha, Sie kennen die Dame also?«
    »Ich will wissen, wo Sie den Brief herhaben.«
    »Das tut nichts zur Sache. Wir ermitteln in einem Mordfall.«
    »Mordfall?«
    »Gestern ist eine Frau erwürgt worden. Sie hat der Frau Popescu vor ihrem Tod E-Mails geschrieben. Frau Popescu ist daraufhin offenbar aus Rumänien hergekommen. Dann ist die andere Frau ermordet worden.«
    »Ach so. Und jetzt glauben Sie, dass Sofia Popescu die Frau umgebracht hat.«
    »Vielleicht. Vielleicht ist sie aber auch eine wichtige Zeugin. Wir würden gern mit ihr reden. Uns interessiert vor allem, was die Tote von ihr gewollt hat und weshalb sie hergekommen ist.«
    Jana Kienlechner sah Kreuthner argwöhnisch an. »Sofia Popescu kann diese Frau nicht umgebracht haben.«
    »Wieso?«
    »Weil sie noch gar nicht da ist. Sie kommt erst. Irgendwer hat ihr schon mal Post an diese Adresse geschickt.«
    Der Anflug eines Lächelns legte sich über Kreuthners Gesicht. Er spürte Oberwasser. »Ah so! Die Frau Popescu ist noch gar net da.«
    »Nein.«
    »Ganz bestimmt?«
    Jana Kienlechner schien verunsichert.
    »Die war schon am Wochenende da.« Kreuthner legte die Hände hinter seinen Rücken und wippte auf den Fußballen. »Das weiß ich. Und sie gilt seit zwei Tagen als vermisst. Hat sich nimmer gemeldet bei ihrer Verwandtschaft in Rumänien.«
    »Oh«, sagte Jana Kienlechner. »Sie hat nicht einmal zu Hause angerufen?«
    »Nein. Seit mehreren Tagen nicht.«
    Die junge Frau wurde blass, ihr Blick flackerte. Sie sah ihren Freund Dirk an. Der hatte auch nur ein besorgtes Gesicht für sie. »Ja, okay, sie war hier. Wir kennen uns von früher. Sie war damals als Au-pair-Mädchen in Schliersee.«
    »Wann haben Sie die Frau zuletzt gesehen?«, wandte sich Kreuthner an Dirk.
    Dirk zuckte mit den Schultern. »Paar Tage her.«
    »Versuchen Sie, sich zu erinnern. Wann war das?«
    Jana Kienlechner dachte nach. Mit einem Mal zog Kreuthner wieder ihren Blick auf sich. »Woher wussten Sie, dass sie schon am Wochenende da war?«
    »Ich …«, Kreuthner wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich hab sie mal getroffen. Zufällig.«
    »Sie haben Sie kontrolliert, stimmt’s?«
    Kreuthner machte eine unschlüssige, aber nicht direkt verneinende Gebärde.
    »Sie waren das! Sie haben ihr eine ganze Stunde lang den Wagen auseinandergenommen.«
    »Eine Stunde? Zehn Minuten. Viertelstunde Maximum. Sehr nette Frau übrigens.«
    »Ich sag der Polizei alles, was ich über Sofia Popescu weiß. Aber net Ihnen. Ich werd nur mit diesem Herrn Hanke reden.« Sie drückte auf die Wahlwiederholung ihres Handys.
    »Sie, das geht net. Das hab ich entdeckt, dass Sie was mit der Frau Popescu zu tun haben.«
    »Ja, hier Kienlechner. Können Sie mich noch einmal mit Herrn Hanke verbinden?«
    »Dann sagen Sie wenigstens, dass ich da draufgekommen bin!«
    Jana Kienlechner lächelte Kreuthner maliziös an. »Ich werde Sie erwähnen, Herr Kreuthner. Keine Sorge.«

Kapitel 25
    N och einmal war der Winter zurückgekehrt an diesem Palmsonntag. Mit großer Kälte und so viel Schnee, dass eine Hirschkuh bis zum Bauch darin versank. Den Vormittag über hatte er sich von der bereits vollzählig für die Osterzusammenkunft versammelten Familie abgesetzt, war durch die Wälder gestreift und hatte nach dem Sechzehnender Ausschau gehalten, von dem er gehört hatte, er sei von der Inntalseite herübergekommen. Gefunden hatte er ihn nicht. Aber die Stunden an der kalten Luft hatten ihn erfrischt. Nicht mehr lange würde sich der Winter halten. Für die morgen beginnende Karwoche hatten sie Frühlingswetter vorhergesagt.
    Die Frau stand neben einem Wagen, etwa dreihundert Meter entfernt. Er war noch im Wald, so dass sie ihn nicht bemerkte. Obwohl sie ein Fernglas benutzte, wie er jetzt durch seinen eigenen Feldstecher sah. Der Motor des Wagens lief. Das erkannte er an den Auspuffgasen, die bei der Kälte gut sichtbar hinter dem Kofferraum aufstiegen. Die Frau schien die alte Villa zu beobachten. War sie kunstinteressiert? Sammelte

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