Karwoche
seinem Mundwinkel und blieb im grauen Bart hängen. Das Gemisch aus Zwiebel und Knoblauchwurst schickte er mit einer halben Flasche Bier nach unten, und weil er rohe Zwiebeln zwar für sein Leben gern mochte, nicht jedoch sein Magen, ließ er einen herzhaften Schluck aus der Obstlerflasche für Ruhe in den Eingeweiden sorgen. Johann Lintinger schraubte die Flasche zu, rülpste und hörte ein Auto näher kommen. Kurz darauf bog der Streifenwagen in den Schrottplatz ein.
»Ja Kreuthner – was treibt dich denn her?« Lintinger nahm noch einen Zug aus der Bierflasche und stand auf, um den Polizisten entgegenzugehen. »Brauchst an neuen Auspuff für deine derhaute Schäs’n? Hast es ja ganz schön krachen lassen, wie man hört.«
»Servus, Lintinger. Mir san dienstlich hier. Es geht um an Mordfall.«
»Mord? Da kann ich euch g’wiss net weiterhelfen. Mir hocken hier friedlich auf unserm Schrottplatz und verdienen rechtschaffen und im Schweiße unseres Angesichts unser karges Brot.«
»Jetzt heult er gleich«, sagte Kreuthner zwinkernd zu Schartauer, der nicht wusste, was er von Lintinger halten sollte. »Sag amal: Es hat geheißen, du tätst Autos verkaufen, die wo net so hundertprozentig sauber sind. Ich weiß, es wird viel g’redt. Aber wenn ich mich jetzt umschauen tät, könnt des passieren, dass ich da irgenda Kist’n entdeck, wo jemand anderer vermisst?«
»O mei! Wer behauptet denn so was? So klein und unbedeutend kannst gar net sein, dass sich net doch noch a Neider find. Mein linker Arm soll mir auf der Stelle abfallen, wenn ich jemals in meinem Leben unrecht Gut an mich genommen, geschweige denn verkauft hätt!«
Kreuthner ertappte sich dabei, wie er auf Lintingers linken Arm starrte. Es tat sich nichts. Offenbar hatte jemand da oben nicht zugehört. »Wahrscheinlich is es, weilst halt deine Autos gar so günstig anbieten tust. Das g’fallt der Konkurrenz natürlich net.«
»Ja weil ich alles selber reparier mit meiner Hände Arbeit.« Er streckte Kreuthner zwei ölverschmierte Pranken mit schwarz umrandeten Fingernägeln entgegen. »Außerdem bin ich net so gierig wie diese Gebrauchtwagenwucherer. Aber wem sag ich das. Selbst die Polizei kauft bei mir. Oder, Kreuthner?«
»Äh … Ja, ja. Steht hier zufällig a alter Dacia rum?«
»Dacia? Is des was Russisches?«
»Rumänisch.«
»Wüsst gar net, wie so was ausschaut. Wie kommst drauf, dass der bei mir wär?«
»Is sonst a recht a zuverlässige Quelle, wo mir das gesagt hat. Der Wagen is übrigens nicht als gestohlen gemeldet. Aber wenn er ohne Kennzeichen irgendwo im Unterholz rumsteht, heißt das noch lang net, dass er niemand g’hört.«
»Nein, nein. Ein Wagen gehört immer wem. Bis er hier landet. Und dann gehört er mir.« Lintinger kicherte ein wenig vor sich hin, dachte über seinen eigenen Satz nach, befand ihn offenbar für witzig und kicherte kopfschüttelnd weiter.
»Des is net unbedingt richtig. Aber lass ma des. Also – noch mal: Hast du den Dacia?«
»Was wär, wenn ich ihn hätte?«
»Aha, du hast ihn also.«
»Hab ich überhaupts net g’sagt.« Er wandte sich an Schartauer. »Hab ich g’sagt, ich hätt an Dacia? Hab ich das g’sagt?«
»Mei …«, murmelte Schartauer überfordert.
»Lass gut sein«, sagte Kreuthner, und zu Lintinger gewandt: »Du bleibst hier. Und keine linken Tricks.« Dann setzte er sich mit Schartauer in Bewegung, um den Schrottplatz einer Inspektion zu unterziehen.
Sie waren keine zwanzig Meter gegangen, da deutete Kreuthner auf einen Wagen, der mit anderen neben dem Berg Schrottautos stand. »Das ist er, oder? Den ham mir doch kontrolliert.«
»Möglich«, sagte Schartauer.
Kreuthner konnte nicht sehen, dass Johann Lintinger hinter seinem Rücken heftig gestikulierte und seinem Sohn Harry in dem Kran Zeichen gab. Kurz bevor die Polizisten am Wagen anlangten, senkte sich der Magnet des Krans auf das Wagendach, worauf sich der Dacia vor ihnen in die Luft erhob und die kurze Reise zur Schrottpresse antrat.
»He! Spinnst du? Lass den Wagen runter, du hirnamputierter Hornochse! Harry! Zefix! Runter mit der Kist’n!«
Harry Lintinger kam Kreuthners Wunsch augenblicklich nach. Der Dacia senkte sich nach unten und verschwand mit fürchterlichen Geräuschen in der Schrottpresse. Kreuthner starrte fassungslos auf den Kran, Harry Lintinger glotzte blöde, wie meist, aus dem Führerhaus.
»Ja hat der den Arsch offen oder was?«
»Um Gott’s willen! Wär des der Wagen gewesen?« Kreuthner
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