Karwoche
steckt da irgendwas dahinter.«
Kapitel 35
D ie Polizei würde in den nächsten Tagen vermutlich Kontakt mit Jennifer Loibl aufnehmen. An und für sich dürfte bei der Sache nichts herauskommen. Das Mädchen hatte viel Geld bekommen und machte nicht den Eindruck, dass es Probleme hätte, den Mund zu halten. Andererseits – dieser Kripokommissar war dahintergekommen, dass mit der Geschichte an Weihnachten etwas nicht stimmte. Es war nicht anzunehmen, dass er auch nur ahnte, was wirklich passiert war. Das überstieg wohl selbst die Vorstellungskraft eines geschulten Polizisten. Aber würde er weitergraben, bis er auf den Grund der Dinge gestoßen war?
Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr beunruhigte ihn die Sache. Und noch ein Gedanke machte ihm zu schaffen: Wo war dieses verfluchte Plüschlamm? Sofia Popescu hatte es nicht gehabt und Hanna Lohwerk auch nicht. Jedenfalls nicht in ihrer Wohnung. Hanna Lohwerk und Jennifer Loibl hatten an Weihnachten länger miteinander gesprochen. Hatten die beiden danach Kontakt gehabt? Auch diese Frage bedurfte der Klärung.
Er hatte in der Zentrale angerufen, wo man ihm gesagt hatte, dass Jennifer Loibl in der Neurologie arbeitete. Karfreitag war die Station nur mit dem nötigsten Personal besetzt. Jennifer Loibls Dienst endete um neunzehn Uhr. Er wartete hinter dem Krankenhaus bei den Personalparkplätzen. Kurz nach sieben kam sie mit einem Mann in den Dreißigern aus dem Gebäude. Der Mann war unscheinbar, mittelgroß, leicht schütteres Haar, Brille, akademischer Gesamteindruck. Er stieg in einen 1er BMW . Vermutlich Arzt. Die Art, wie sie miteinander redeten, sich ansahen und lachten, trug eindeutig flirtive Züge.
Auf der neurologischen Station merkte er sich den Namen »Ingeborg Meichsner«. Er stand an einer der Zimmertüren, an denen er vorbeikam. Das Schwesternzimmer war unbesetzt. Er ging zwei Schritte hinein, um die Aushänge an der Pinnwand zu lesen. Einer der Zettel sah aus wie ein Dienstplan.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte eine weibliche Stimme. Eine Schwester war in den Raum getreten.
»Oh, entschuldigen Sie, ich habe nur geschaut, ob jemand da ist. Ich suche Frau Meichsner. Ingeborg Meichsner.«
»Kommen Sie mit«, sagte die Schwester.
»Es reicht, wenn Sie mir sagen, wo das Zimmer ist.«
»Na, kommen Sie mit. Ich bin eh grad in der Richtung unterwegs.«
Als sie um eine Ecke bogen, deutete die Schwester auf eine alte Frau, die in einer Sitzecke saß und eine Zeitung vor sich liegen hatte. Sie starrte zwar auf die Zeitung, machte aber nicht den Eindruck, als würde sie sie lesen.
»Frau Meichsner! Da ist Besuch für Sie.«
Die angesprochene Dame sah auf und blickte ihn argwöhnisch an.
»Sind Sie ein Verwandter?«, fragte die Schwester.
»Nein, ich bin ein … ehemaliger Nachbar. Mein Name ist Peters.«
»Frau Meichsner, das ist Herr Peters. Den kennen Sie noch von früher. Herr Peters war Ihr Nachbar.«
Frau Meichsner nickte mit offenem Mund. Doch ganz wich der Argwohn nicht aus ihrem Gesicht.
»Ich glaube nicht, dass sie Sie erkennt. Durch den Schlaganfall ist viel verschüttet worden. Bringen Sie doch Fotos von dem Haus mit. Das aktiviert oft die Erinnerung.«
»Das werde ich tun. Sagen Sie – ich habe vorhin mit einer Schwester telefoniert, die hieß Jenny oder so ähnlich …«
»Jennifer.«
»Genau. Die hat jetzt keinen Dienst mehr, oder?«
»Nein. Hätten Sie was Bestimmtes von ihr gebraucht?«
»Sie war sehr hilfsbereit. Ich wollte mich nur bei ihr bedanken. Wann hat sie denn wieder Dienst?«
»Ich seh mal nach. Warten Sie.«
Als die Schwester fort war, wandte er sich lächelnd an Frau Meichsner. »Na, Frau Meichsner – wie geht’s Ihnen denn?«
Frau Meichsner durchbohrte ihn mit Blicken und schwieg.
»Ist sicher nicht ganz einfach nach einem Schlaganfall. Aber das wird bestimmt wieder. Die Schwestern scheinen ja alle sehr nett zu sein.«
»Ja, ja. Sehr nett. Alle ausgesprochen zuvorkommend.« Frau Meichsners Aussprache war schleppend.
»Tut mir leid.« Die Schwester war wieder da. »Schwester Jennifer hat morgen Frühschicht und dann bis Dienstag frei. Dann lass ich Sie jetzt mal mit Frau Meichsner alleine. Schönen Abend noch.«
Als er sich zu Frau Meichsner drehte, lag eine Spielesammlung vor ihr auf dem Tisch. »Können Sie Halma?«
Kapitel 36
W allner hatte eine Lachsforelle von einem Bekannten mitgebracht, der eine eigene kleine Zucht betrieb. Vera und Wallner hatten angeboten zu kochen, aber das
Weitere Kostenlose Bücher