Karwoche
Kandidat?«
»Das Mädchen, das Henry mitgebracht hat.«
»Mit der habe ich gesprochen. Sie ist leider noch nicht so weit. Vielleicht hat sie Geld bekommen. Aber ich glaube, Sie haben recht. Sie ist unsere Zeugin.«
Kapitel 43
E s war kein anderer Wagen zu sehen, als Sofia Popescu auf dem Waldweg am Seeufer ankam. Sofia stieg trotzdem aus. Es musste der Platz sein, an dem sie sich verabredet hatten. Der Tag war grau und wolkenverhangen, ein föhniger Wind blies von den Bergen her nach Norden. Wegen des Südwindes hörte man nur verhaltene Verkehrsgeräusche von der nahen A8 zwischen München und Salzburg. Am Wochenende mochte sich der eine oder andere Wanderer hierher verirren. Unter der Woche war es menschenleer an dem kleinen See. Als Sofia zu ihrem Auto zurückging, hörte sie Motorengeräusch, kurz darauf kam der graue Geländewagen den Waldweg entlang.
»Hier ist kein Restaurant«, sagte Sofia, nachdem der Fahrer des Geländewagens neben ihr gehalten und das Fenster heruntergelassen hatte.
»Ich weiß. Ich hab das verwechselt. Vielleicht war hier früher mal eins. Wollen wir trotzdem hierbleiben?«
Sofia machte eine unschlüssige Geste.
»Warum setzen wir uns nicht ans Ufer. Ist ja nicht so kalt.«
Sofia sah sich um. »Na gut. Auf eine Zigarette.«
Sie setzten sich, Sofia rauchte, und während der Wind den Rauch verblies, erzählte er davon, wie Leni Millruth zu Tode gekommen war.
»Das ist sehr schlimm«, sagte Sofia. »Glaubst du wirklich, sie wollte sterben?«
»Das muss man fast vermuten, so wie sie sich verhalten hat.«
»Dann ist alles geklärt mit ihrem Tod?«
»Ja. Was soll nicht geklärt sein?«
»Ich weiß nicht. Diese Frau, die mich angerufen hat …«
»Hanna Lohwerk.«
»Hanna, genau. Die hat gesagt, irgendwas stimmt nicht und dass ich Lenis Lamm mitbringen soll. Das Plüschtier.«
»Das Lamm?«
»Leni hat es mir geschenkt. Als ich damals nach Rumänien zurückgefahren bin.«
»Und was ist damit?«
»Ich weiß es nicht. Es sieht ganz normal aus.«
»Ich glaube, da ist auch nichts dran. Leni hat viele wirre Dinge erzählt. Aber wenn du willst, kann ich mir das Lamm ja mal ansehen. Vielleicht fällt mir was dazu ein.«
Sofia zögerte mit einem Mal. »Ich … ich hab es nicht mehr.«
Ihm war, als sei ein Ruck durch sie gegangen. Als habe ein Gedanke ihren Geist vergiftet. Sie zog hektisch an der Zigarette und vermied den Blickkontakt mit ihm. Hatte sich sein Gesichtsausdruck verändert? Seine Stimme? Oder war der vertrauensselige Dunst um sie herum plötzlich aufgerissen? Ahnte sie, wer neben ihr saß? Die Sache lief aus dem Ruder.
»Aha. Wo ist es denn?«, fragte er.
»Ich habe es der Polizei gegeben«, sagte Sofia und starrte krampfhaft auf ihre Zigarette. Ihre Wangen waren gerötet.
Seit Sonntag hatte er sie beobachtet. Nicht Tag und Nacht. Aber so gut er konnte. Er hielt es für ausgeschlossen, dass sie bei der Polizei gewesen war. Einmal war sie von einem Streifenwagen angehalten und gefilzt worden. Sie hatte den gesamten Wageninhalt auf der Straße ausbreiten müssen. Da war das Lamm dabei gewesen. Aber die Polizei hatte es nicht an sich genommen. »Oh, der Polizei«, sagte er. »Warum das denn?«
»Wie gesagt – ich habe an dem Lamm nichts finden können. Vielleicht kann die Polizei ja was finden. Alte Blutspuren, DNA . Irgendwas.«
»Aber nach was sollen die denn suchen? Ich meine, das sind Ermittlungen. Und dafür müsste es ein unaufgeklärtes Verbrechen geben.«
»Weiß auch nicht. Das muss die Polizei entscheiden.«
Sofia war am Vortag zu Hanna Lohwerk gefahren. Sie hatte eine große Tasche dabeigehabt. Möglicherweise war das Plüschtier in der Tasche gewesen. »Was ist mit Hanna Lohwerk? Sie wollte doch das Lamm haben. Was hat sie denn dazu gesagt, dass du es der Polizei gegeben hast?«
»Sie hat mir ja gesagt, dass ich es der Polizei geben soll.«
»Und hat sie auch gesagt, warum?«
»Sie … sie weiß es wohl auch nicht genau. Wahrscheinlich bildet sie sich irgendwas ein. Die Frau ist ja ein bisschen komisch.«
»Ja, das ist sie wohl.«
»Es wird langsam kalt.« Sie blies in ihre Hände, drückte die Zigarette aus, als habe sie es eilig, und stand auf. »Ja dann …«
»Ja«, sagte er und stand ebenfalls auf. Sie lächelte schnell und wandte sich ihrem Wagen zu. »Ach sag mal …« Sie drehte sich noch einmal zu ihm um und sah ihn fragend an. »Warum lügst du mich an?«
Sie versuchte zu lächeln. »Wie bitte?«
»Du warst nicht bei der
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