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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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der einzelnen Dateien. Eine stach ihr ins Auge: Chris. Tschüs. Sie öffnete die Datei. Es war eine Nachricht, kurz und prägnant: WAS HAST DU HIER ZU SUCHEN? WAG NICHT, MEINE BRIEFE ZU LESEN!
    Die Hexe lächelte. Es war eine Nachricht für Christine. Die Hexe tippte mit flinken Fingern etwas ein.
    WÜRDE MIR IM TRAUM NICHT EINFALLEN! ABER EGAL, BIN HEUTE ABEND ANGERUFEN WORDEN. JEMAND IST FÜR EINE KONFERENZ IN GLENEAGLES AUSGEFALLEN. MINISTERIUM WILL, DASS ICH HINFAHRE!
    Sie dachte über die Ausrufezeichen nach. Waren sie Christines Stil? Ja, wahrscheinlich. Eine Frau im Staatsdienst auf dem Weg nach oben, die auf einmal die unerwartete Chance bekam, auf einer wichtigen Konferenz zu glänzen... Ja, die Ausrufezeichen waren entschuldbar. Die Hexe tippte weiter.
    ABREISE MORGEN FRÜH, RÜCKKEHR IN DER ZWEITEN WOCHENHÄLFTE, CHRIS.
    Sie speicherte und überlegte, ob sie den Computer anlassen solle. Aber Christine würde das nicht tun, nicht angesichts der Tatsache, dass das ganze Wochenende niemand zu Hause wäre. Also warf die Hexe die Diskette aus und schaltete den Computer ab. Sie stellte die Zeit auf dem in dem Zimmer stehenden Wecker wieder richtig ein, sah sich noch ein letztes Mal um und ging zur Treppe. Jemand klopfte leise an der Tür.
    »Ja?«
    »Wir sollen ein Paket abholen!«, rief eine Stimme. Die Hexe öffnete die Tür, trat zurück und ließ die beiden Männer eintreten. Einer der beiden trug einen langen, zusammengefalteten Pappkarton.
    »Die Treppe hoch und dann rechts«, erklärte die Hexe. »Und noch was...« Sie reichte einem der Männer die Ansichtskarte. »Die hier muss Montagmorgen in Schottland aufgegeben werden, damit sie Dienstag- oder Mittwochmorgen hier ankommt.«
    »Kein Problem«, sagte der Mann, nahm die Karte entgegen und schob sie in seine Hemdtasche. »Könnte sogar klappen, dass sie morgen schon rausgeht.« Dann stiegen die beiden Männer die Treppe hinauf. Minuten später erschienen sie am oberen Treppenabsatz und schleppten sich mit dem großen jetzt nicht mehr zusammengefalteten Pappkarton ab. In dem Karton war Christine vermutlich zusammengeschnürt wie ein gefüllter Truthahn zu Weihnachten, die Knie unter die Brust geklemmt, mehrfach mit Kabelbinder umwickelt, die Arme seitlich fixiert. Der menschliche Körper konnte, wenn er in die richtige Stellung gebracht wurde, zu einem unvorstellbar kleinen Bündel verschnürt werden. Der Karton war nicht einmal einen Meter zwanzig lang.
    Sie trugen sie langsam nach unten und achteten darauf, nicht zu stolpern oder zu fallen. Die Hexe hielt ihnen die Tür auf und reichte dem hinten tragenden Mann den Koffer. »Den auch«, sagte sie. »Der kann bei ihr bleiben.« Der Mann fasste umständlich nach dem Griff des Koffers, schwieg aber. Die Hexe schloss die Tür hinter den Männern. Aus dem Fenster des oben gelegenen Schlafzimmers beobachtete sie, wie sie den Karton in den Lieferwagen luden, einstiegen und wegfuhren. Auf der Straße regte sich immer noch nichts. Es bedurfte offenbar mehr als eines merkwürdigen Kommens und Gehens, um hier eine Reaktion hervorzurufen. Allein im Haus, widmete die Hexe sich jetzt ihren abschließenden Aufräumarbeiten. Sie löste die Strumpfhosen von den Bettpfosten, legte sie zurück in Christines Schublade und machte das Bett. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alles wieder ordentlich aussah, ging sie nach unten und nahm ihre Taschen. Sie verließ das Haus, zog die Tür hinter sich zu und schloss mit Christines Schlüsselbund ab. Na bitte, genau so, wie Christine es gemacht hätte. Auch wenn sie in Eile gewesen war und die Einladung zur Konferenz sie überrascht hatte, wäre sie trotzdem nicht überstürzt aufgebrochen oder hätte das Haus in Unordnung hinterlassen. Eine überaus korrekte junge Frau.
    Dann erinnerte sich die Hexe daran, wie Christine versucht hatte, sie mit dem Bügeleisen auszutricksen und um Hilfe geschrien hatte. Sie konnte ihr keinen Vorwurf machen. So etwas durfte einfach nicht passieren. Nächstes Mal würde sie dafür sorgen, dass alles bereitlag, bevor sie die Handfessel löste.
    Vorbereitung war das Geheimnis. Immer vorbereitet sein. Sie hatte ihre Lektion gelernt. Sie war nur froh, dass sie sie nicht auf die harte Tour hatte lernen müssen. Christine Jones lebte noch. Die Hexe war unverletzt. Sie wusste, warum ihr der Fehler unterlaufen war. Sie hatte zwei Gedankengänge gleichzeitig verfolgt. In solchen Momenten war sie schwach. Und sie durfte sich keine Schwäche leisten. Sie

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