Kassandra Verschwörung
ging diesmal ein Risiko ein, ein größeres als jemals zuvor. Der Betrug war größer, das Ausmaß des Verrats bedrohlicher. Falls sie mit ihnen ein doppeltes Spiel spielte... wenn sie mit ihnen ein doppeltes Spiel spielte, würden sie alles andere als erfreut sein. Womöglich würden sie einen Killer auf sie ansetzen. Sie musste bei dem Gedanken lächeln. Wen würden sie anheuern? Wer würde den Auftrag übernehmen? Die Antwort auf die zweite Frage war leicht: Wenn das Honorar stimmte, würde jeder den Auftrag übernehmen, ganz egal, welche Gefahr er barg.
Die Hexe schloss das Gartentor. Auf der anderen Straßenseite hielt ein Streifenwagen. Einer der Polizisten rief ihr etwas zu. Sie überquerte die Straße und ging auf das Auto zu. Der Polizist hatte das Fenster heruntergekurbelt, sein Ellbogen hing aus dem geöffneten Fenster.
»Entschuldigen Sie, dass wir Sie belästigen, Miss. Bei uns ist eine Meldung eingegangen, hier hätte jemand gerufen oder geschrien. Haben Sie irgendetwas gehört?«
Die Hexe dachte einen Moment nach. »Ich glaube nicht«, sagte sie. Dann lächelte sie. »Ist in dieser Straße aber schwer zu sagen. Hier wird ständig irgendwo herumgeschrien.«
Der Polizist erwiderte das Lächeln und wandte sich seinem Kollegen zu. »Der Anruf kam aus dem Haus Nummer siebenundzwanzig, oder? Am besten fragen wir da mal nach.« Er wandte sich wieder der Hexe zu und deutete mit dem Kopf in die Richtung von Christines Haus. »Sie wohnen da?« Die Hexe nickte. »Dann können wir das Haus wohl schon mal von der Liste streichen, was?«
»Stimmt«, bestätigte die Hexe. »Ich habe gerade abgeschlossen. Ich verreise für ein paar Tage.«
»Sie Glückliche. Irgendwohin, wo es schön ist?«
»Schottland.«
»Haben Sie auch alle Fenster geschlossen?«
»Natürlich.«
»Und die Alarmanlage eingeschaltet?«
»Wir haben keine.«
Er schürzte die Lippen. »Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Denken Sie darüber nach, sich eine anzuschaffen. Besten Dank für Ihre Hilfe.«
»Gern geschehen«, erwiderte die Hexe höflich, wechselte wieder auf die andere Straßenseite und marschierte festen Schrittes auf den Bahnhof von Stoke Newington zu.
Der Polizist drehte sich zu seinem Kollegen um. »Die reist aber mit leichtem Gepäck, was?«, stellte er fest.
Samstag, 13. Juni
»Wonach suchen wir?«
Joyce Parry war nicht gerade erfreut, an einem Samstagmorgen in ihr Büro bestellt zu werden, und das nur, weil Elder sich dagegen sträubte, Computer zu benutzen. Sie saß vor ihrem Terminal am Schreibtisch, während Dominic sich mit den Händen auf die Rückenlehne ihres Stuhls stützte und den Kopf zu ihr hinabbeugte.
»Irgendjemand muss ihr auf dieser Seite des Kanals geholfen haben, ins Land zu kommen«, erwiderte er. »Sie reist herum, sie versteckt sich, und sie hatte bereits Hilfe bei dem Angriff auf Khan. Es muss jemanden geben, wie locker auch immer die Verbindung sein mag.« Er achtete darauf, nicht mehr preiszugeben, als er wissen durfte. »Der Mann, den du geschickt hast, Barclay, hat in Paris eine Verbindung zwischen der Hexe und zwei Männern aufgetan.«
»Die DST hat sie aufgetan, er hechelt nur hinter ihnen her.«
Elder betrachtete ihren Hinterkopf. »Was weiß ich«, entgegnete er. »Ich frage mich jedenfalls, ob hier noch ein anderer Terrorist herumläuft, jemand, den sie kennt und um Hilfe bitten kann.«
»Du willst Zugang zu den Dossiers des MI6?«
»Ja.«
»Wie breit soll die Suche angelegt sein?«
»Mir geht diese Amerikanerin immer noch nicht aus dem Kopf, Khans Geliebte.«
Parry nickte. »Das wäre ein Ansatzpunkt.« Sie drehte sich halb zu ihm um. »Könnte ein langer Tag werden.« Sie klang nicht mehr verärgert. Er massierte ihre Schulter, und sie begann, ihren Zugangscode einzutippen. Dann schien ihr ein Gedanke zu kommen, und sie rollte mit ihrem Stuhl zum Telefon. »Ich kläre das am besten erst mal mit meinem speziellen Freund.«
Nach einem kurzen Telefonat wandte sie sich wieder dem Bildschirm zu. Kurz darauf erschien das erste Dossier – eine kurze Personenbeschreibung inklusive Vorgeschichte und einer Nahaufnahme von Kopf und Schultern. Elder bestand darauf, jedes einzelne auf dem Bildschirm erscheinende Dossier zu studieren. Nach etwa einem Dutzend lächelte Joyce. Er sah die Reflexion ihres Gesichts auf dem Bildschirm.
»Was ist so lustig?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts. Es ist nur ein bisschen wie in alten Zeiten.«
Ein paar Dutzend Dossiers später bat Elder sie,
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