Kassandra Verschwörung
Ärger Luft machen zu lassen. Doch sie schwieg, bis sie den Flughafen erreichten und ihr Flugzeug bestiegen. Als sie sich den Sicherheitsgurt anlegte, sah sie ihn an.
»Warum haben Sie gelogen?«
Auf diese spezielle Frage war er vorbereitet. »Hätten Sie mich fahren lassen?«
»Mit Sicherheit nicht.«
Er zuckte mit den Achseln. »Na bitte, da haben Sie Ihre Antwort. Sie haben Dom... Ms. Herault ja gesehen. Sie wollte auf jeden Fall fahren. Wenn ich Sie angerufen und um Erlaubnis gebeten hätte, und sie hätten abgelehnt, wie hätte ich da wohl dagestanden?«
»Sie hätten wie ein noch nicht besonders erfahrener Agent dagestanden, der noch an der kurzen Leine geführt werden muss. Was ja auch der Wahrheit entspricht. Aber das hätte Ihnen vermutlich nicht gefallen, habe ich recht? Es hätte Ms. Herault... nicht sehr imponiert.«
»Es hätte mich wie einen Idioten aussehen lassen.«
»Also haben Sie mich lieber angelogen.«
»Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich das nicht hätte tun sollen.«
»Nein, das hätten Sie nicht tun sollen, Mr. Barclay, definitiv nicht. Genauso wenig, wie Sie hinter meinem Rücken mit Dominic Elder hätten konspirieren sollen. Das ist nicht tolerierbar!«
»Was ich getan habe, habe ich nur getan, weil ich dachte, es wäre in unserem Interesse das Beste.« Er hielt inne. »Ma’am.«
»Und Sie glauben, das entschuldigt Ihr Verhalten?«
Damit war ihre Unterhaltung für eine Weile beendet. Trotz des starken Kaffees im Flugzeug wurde Barclay von einer plötzlichen Müdigkeit ergriffen. Adrenalin hatte ihn seit Tagen auf Trab gehalten und keine Nacht mehr durchschlafen lassen, doch jetzt war das Abenteuer abrupt zu Ende gegangen, und sein Körper lechzte nach Schlaf. Nur die Angst vor der Reaktion seiner Vorgesetzten hielt ihn noch wach.
Joyce Parry blätterte immer noch das auf ihrem Schoß liegende Hexen-Dossier durch. »Nur zu Ihrer Information«, brach sie schließlich das Schweigen, »ich habe bereits gestern von Ihrer Eskapade erfahren. Ich bin bereits gestern am späten Abend in Deutschland eingetroffen.«
»Wie bitte? Warum haben Sie dann...?«
»Es hat mich einige Mühe gekostet, Monsieur Roche davon zu überzeugen, dass wir Sie und Ms. Herault das Gespräch ruhig führen lassen sollten.«
»Sie haben uns bewusst weitermachen lassen? Aber warum?« Er war jetzt wieder hellwach.
Sie zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Was hatten wir schon zu verlieren? Erzählen Sie mir, warum waren sie dort?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Und wir haben einen langen Flug vor uns. Ich erwarte, dass Sie mir Bericht erstatten, und zwar vollständig . Wenn Sie irgendetwas auslassen...«
»Ich habe verstanden.«
»Ich möchte, dass Ihr Bericht gleich morgen früh auf meinem Schreibtisch liegt. In der Zwischenzeit will ich es aus Ihrem Mund hören. Haben Sie von Bandorff irgendetwas erfahren?«
Barclay zuckte mit den Achseln. »Kleinigkeiten.«
»Aber Sie haben etwas in Erfahrung gebracht?«
»Ja, vielleicht.«
»Dann ist bei dem Mist, den Sie gebaut haben, also wenigstens etwas herausgekommen.«
»Es ist nicht viel. Er hat mir erzählt, dass sie Männer hasst und sich gefragt, worauf das zurückzuführen ist, und gemeint, dass vielleicht die Psychoanalyse eine Antwort darauf liefern könnte. Was glauben Sie, hat er damit gemeint?«
»Dass es vielleicht etwas mit ihrer Familie zu tun haben könnte«, erwiderte Parry.
»Dass es also womöglich auf ihre Eltern zurückzuführen ist? Außerdem hat er zwei Dinge erwähnt, die sie bei sich hatte: einen Teddybären und Tarotkarten.«
Parry überlegte. »Vielleicht kann die Profiling-Abteilung damit etwas anfangen.«
»Es sind beides Zeichen von Unsicherheit, oder? Ein Teddybär bringt ein früheres Gefühl von Geborgenheit zurück, ein Tarotspiel soll Beruhigung für die Zukunft verschaffen.«
Sie starrte ihn an, die Augenbrauen leicht gehoben. »Vielleicht haben Sie die ganze Zeit in der falschen Abteilung gearbeitet.«
Barclay bedachte sie mit dem Anflug seines gewinnenden Lächelns. »Er hat auch einmal von Hellseherei gesprochen, nur ganz beiläufig. Vielleicht war es eine Anspielung auf das Tarotspiel.«
»Elder hat in Brighton eine Kirmes besucht«, informierte Parry ihn.
»Ach, ja? Ob es Zufall ist?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Wir werden sehen.«
Barclay fiel es schwer, seine nächste Frage zu formulieren. »Sie hat eine Nachricht für Mr. Elder hinterlassen, und Bandorff hat angedeutet, dass sie ihren Vater
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