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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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bleiben. Derek wollte sie eigentlich ins Kino einladen. Typisch von ihm, sich einen Montagabend auszusuchen, wohl wissend, dass es montags nur die Hälfte kostete.
    »Da kommt schon wieder eine«, sagte ihr Kollege Martin, der gerade das Büro betrat.
    »Was denn?«
    »Eine Wagenkolonne.« Er ging ans Fenster. Sie gesellte sich zu ihm und sah hinunter. Vier röhrende Motorräder fuhren dem langsam vorwärtsrollenden Konvoi aus schwarzen Limousinen voraus.
    »Wer es wohl diesmal ist?«, fragte sie.
    »Ich kann es nicht erkennen. Normalerweise befindet sich an der Kühlerhaube der Staatscheflimousine eine Flagge. Kannst du irgendwo eine sehen?«
    Sie reckte den Hals. »Nein«, erwiderte sie.
    »Ich auch nicht.«
    »Ich finde, wir sollten Konfetti oder irgendwas runterwerfen.«
    Er lachte. »Du meinst einen Konfettiregen? Nur dass wir dieser Tage wohl auf die Reste aus dem Reißwolf zurückgreifen müssten.«
    Sie lachte über die Vorstellung, einen Eimer voll geschredderter Dokumente aus dem Fenster zu kippen. Martin konnte manchmal richtig witzig sein. Wenn er seine Brille abnahm, sah er gar nicht so schlecht aus. Sein Hintern war auch nicht zu verachten. Er schien ihre Gedanken zu erraten, wandte sich ihr zu, nahm seine Brille ab und putzte sie mit seinem Taschentuch.
    »Sag mal, Judy, hast du heute Abend schon was vor?«
    Sie überlegte einen Augenblick, schluckte und sagte: »Nein.«
     
    Die Hexe legte auf. Scheiße, merde, shit . Warum musste sie ausgerechnet bei jemandem landen, der Tessa kannte ! Diese Judy... sie schien richtig besorgt um Christine Jones. Besorgt genug womöglich, um zum Telefon zu greifen und ein paar Nachforschungen anzustellen? Besorgt genug, um heute Abend die richtige Tessa anzurufen? Die Hexe biss sich auf die Unterlippe. Sollte sie diese Judy beseitigen? Nein, das würde dann doch zu viel Verdacht erregen. Zwei verschwundene Frauen aus dem gleichen Büro... eine lächerliche Idee. Nein, dies würde eine der seltenen Situationen sein, in denen sie gezwungen war, sich auf ihr Glück zu verlassen. Fertig aus. Vielleicht sollte sie noch einmal in ihren Tarotkarten lesen. Vielleicht sollte sie es auch lieber lassen. Was hätte sie davon, wenn ihr Ungünstiges prophezeit würde? Sie würde die Sache trotzdem durchziehen müssen. Zum Aussteigen war es zu spät.
    Sie hatte mehr als genug Zeit. Mit dem Holländer würde sie sich erst mittags treffen. Sie nahm ihren Handspiegel aus der Umhängetasche und betrachtete sich. Sie hatte sich die Haare geschnitten und gefärbt, die Augenbrauen gezupft und die Wangen gepudert. Sie fand, dass sie dem Foto von Christine Jones in deren Sicherheitsausweis beinahe mehr ähnelte als Christine Jones selbst. Aber das Foto von Christine war ja auch schon vor einiger Zeit gemacht worden. Ihre Haare trug sie jetzt länger. Die Haarlänge der Hexe hingegen entsprach genau der auf dem Foto. Ihre Augenbrauen hatte Christine ebenfalls wachsen lassen. Vernünftige Frau. Die Augenbrauenentfernung war eine überflüssige und schmerzhafte Prozedur. Und das alles nur, um Männern zu gefallen …
    Sie steckte den Spiegel wieder ein. Christines Büro-Aktentasche hatte sie ebenfalls dabei. Darin befanden sich ein paar von Christines Akten, aber auch einige spezielle Utensilien der Hexe. Sie verließ die Telefonzelle und war nach weniger als zehn Schritten zurück auf der Victoria Street. Genau rechtzeitig, um noch das Ende des Konvois zu sehen. Ein Polizist, der den Verkehr an der Straßenkreuzung angehalten hatte, informierte die Fußgänger, dass sie die Straße jetzt überqueren dürften.
    »Diese Konferenz ist ein einziges verdammtes Ärgernis«, murmelte eine ältere Dame, bugsierte ihren Einkaufswagen vom Bürgersteig auf die Straße und schob ihn laut ratternd vor sich her.
    Ein im Stau feststeckender Autofahrer öffnete seine Tür und beugte sich heraus.
    »He, Chef, wie lange dauert es denn noch?«, rief er dem Polizisten zu.
    »Ein paar Minuten!«, rief der Polizist zurück und schüttelte an die Hexe gewandt den Kopf. »Manche Leute haben wirklich keine Geduld.«
    »Geduld ist eine Tugend«, pflichtete sie ihm bei. Aus irgendeinem Grund lachte er darüber. Die Hexe ging weiter. Sie steuerte nicht Victoria Street 1 bis 19 an. Sie war auf dem Weg zu einem anderen Gebäude des Wirtschaftsministeriums, das sich näher an der Victoria Station befand. Es war ein sehr kurzer Gang. Nicht lang genug, um Nervosität bei ihr aufkommen zu lassen. Sie wollte gerade die

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