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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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anderen Sicherheitsleute wirkten jetzt, da sich sämtliche Delegationen wohlbehalten im Innern des Gebäudes befanden, ein bisschen entspannter.
    »Und das gleiche Spiel spielen wir jetzt für den Rest der Woche mindestens zweimal pro Tag«, sagte Greenleaf. »Tolle Aussichten.«
    »Wollen wir es hoffen«, entgegnete Elder. »Ich seufze lieber vor Erleichterung, als dass mir vor Panik die Luft wegbleibt.«
    Doyle kicherte in sich hinein. »Ich wünschte, mir würden auch so kluge Dinge einfallen.«
    »Und das aus dem Mund des Mannes, der sich ›Bums-Barker‹ ausgedacht hat. Das fasse ich als Kompliment auf, Doyle.«
    Doyle verbeugte sich leicht. »Und jetzt?«, fragte er.
    »Victoria Street«, erwiderte Elder. »Hier ist der Spaß vorbei. Lassen Sie uns nachsehen, wie es um die Sicherheitsvorkehrungen bestellt ist.«
     
    Die Hexe hielt sich seit Tagesanbruch in der Umgebung der Victoria Street auf. Um kurz nach Mitternacht hatte sie ein Auto gestohlen – ihr zweiter Autodiebstahl in dieser Nacht. Ihre erste Beute war ein vier Jahre alter Peugeot 305 gewesen. Der zweite Wagen sollte ein ähnliches Modell sein, schnell, aber unauffällig; sie hatte sich schließlich für einen drei Jahre alten Alfa Romeo entschieden. Für die Beschaffung der Autos hatte sie London verlassen. Ein in London gestohlenes und dann dort gefahrenes Auto könnte der Polizei auffallen, wohingegen ein in East Croydon geklautes und in der Londoner City gefahrenes vermutlich weniger ins Auge sticht. Den ersten Wagen, den Peugeot, hatte sie direkt in die City chauffiert und an der Ecke der von ihr auserwählten, von der King’s Road abgehenden Sackgasse geparkt. Dann war sie mit dem Spätzug zurück nach East Croydon gefahren, einem Zug voller betrunkener Pendler und noch betrunkenerer Jugendlicher, und hatte den Alfa Romeo entdeckt. Zurück in London war sie eine bestimmte Strecke dreimal abgefahren, hatte kleine Umwege und Alternativen ausprobiert und sich die letzte, schließlich von ihr gewählte Route eingeprägt, bis sie das Gefühl hatte, die Strecke blind zu kennen.
    Danach hatte sie ein oder zwei Stunden in einem durchgehend geöffneten Parkhaus geschlafen, zusammengerollt auf einem der Vordersitze des Alfa Romeos, und war mit einem Kribbeln im Bauch aufgewacht, das ihr gesagt hatte, dass es Zeit war. Zeit, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Zeit für das Finale.
    Sie hatte mit aufgesetztem Kopfhörer beobachtet, wie die verschiedenen Delegationen im Konferenzzentrum eingetroffen waren. Den Nachrichten aus ihrem Radio-Walkman hatte sie entnommen, dass die morgendliche Sitzung kurz sein würde. Was im Grunde logisch war, denn die Staatsgäste wurden ja zum Mittagessen im Buckingham Palace erwartet; das wusste sie aus einer der vom Holländer verfassten Informationszusammenstellungen.
    Der Holländer war ein weiterer Unsicherheitsfaktor, jetzt, da Elder ihn in seinen Fängen hatte. Deshalb war sie schon so früh hier, um herauszufinden, wie viele zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren.
    Als die schnittigen schwarzen Limousinen vorfuhren und sie ihrem Radio lauschte, hatte sie Dominic Elder ins Visier genommen. Natürlich hatte er keine Chance, sie zu entdecken. Sie war einfach nur eine von vielen Schaulustigen im Menschenpulk, die auf dem Weg zu Arbeit hinter einem der Absperrgitter stehen blieben, um zuzusehen, wie die berühmten Staatschefs vorfuhren. Sie hatte sich zwischen zwei große Männer gezwängt und Elder beobachtet, wie er sich mit zwei anderen Männern unterhielt – wahrscheinlich Angehörige der Special Branch, Handlanger des MI5. Einer der beiden hatte viel Aufhebens darum gemacht, dass er bewaffnet war. Der andere schien ein eher ruhiger Typ zu sein, hatte im Vergleich zu seinem Kollegen fast einen verschlafenen Eindruck gemacht. Elder hatte müde gewirkt, zugleich jedoch wachsam. Vermutlich hatte er – so wie sie – in letzter Zeit nicht viel Schlaf bekommen und – wie sie – auf diesen Tag gewartet. Unter seinem altmodischen Anzug würde er seine private Pistole tragen, die Browning. Es war typisch für ihn, sich etwas Britisches zuzulegen. Genauso typisch, wie einer Waffe die Treue zu halten, die ihn schon einmal im Stich gelassen hatte …
    Sie hatte die Männer eine Weile im Auge behalten und gelegentlich einen Blick nach oben zu den Scharfschützen riskiert, die, fürs Erste nur mit Feldstechern bewaffnet, aus schwindelerregender Höhe das Geschehen verfolgten. Dann war sie weggegangen.

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